Steigender Druck auf politische Gefangene im Iran

Schlechter Umgang mit Häftlingen und mangelnde medizinische Versorgung sind nur einige der Klagen politischer Gefangener im Iran. Häftlinge beschweren sich in einem offenen Brief über zunehmenden Druck.
39 bekannte Oppositionelle, die im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert sind, beklagen sich in einem offenen Brief über die Verlegung mehrerer Mitgefangener in schlechtere Haftanstalten. Oppositionelle Webseiten veröffentlichten das Schreiben am 20. Januar. Einer der Verlegten ist der politische Reformer Abolfazl Ghadiyani. Er wurde vor zwei Wochen aus dem Evin- ins Ghezel-Hesar-Gefängnis gebracht. Die Verfasser des offenen Briefes fragen, warum ein politischer Gefangener in einer Haftanstalt für Kriminelle und Drogenhändler festgehalten wird.Ghadiyani wurde nach den umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahlen 2009 verhaftet. Obwohl der heute 68-Jährige damals eine Herzoperation hinter sich hatte, wurde er direkt aus dem Krankenhaus ins Gefängnis eingeliefert. Ghadiyani war damals zunächst zu einer Haftstrafe von

Abolfazl Ghadiyani - Foto: daneshjoonews.com
Abolfazl Ghadiyani - Foto: daneshjoonews.com

einem Jahr verurteilt worden. Diese wurde im Dezember 2011 wegen „Beleidigung des religiösen Führers und des Präsidenten“ um drei Jahre verlängert. Außer Ghadiyani wurden in der vergangenen Woche noch sieben weitere Gefangene verlegt. Es handelt sich dabei um die Juristen und Staatsanwälte Hamid Moradi, Mostafa Daneshjou, Afshin Karampour, Farshid Yadollahi, Amir Eslami, Reza Entesari und Omid Behrouzi. Alle wurden in Einzelzellen untergebracht. Seither ist unklar, in welchem Zustand sich die Gefangenen befinden. Laut dem offenen Brief, der an den iranischen Justizchef Sadegh Larijani gerichtet ist, sind die Verlegungen gesetzeswidrig. Einige Häftlinge seien zudem unrechtmäßig in Gefängnisse außerhalb der Provinz Teheran gebracht worden. „Deshalb fordern wir Sie als Chef der Justiz auf, für die sofortige Aufklärung der Fälle zu sorgen“, heißt es in dem Schreiben. Außerdem protestieren die Verfasser gegen den verstärkten Druck auf Gefangene im Trakt 350 des Evin-Gefängnisses.
Trakt 350 gestürmt
Der Trakt 350 des Teheraner Gefängnisses war am 17. Januar von Gefängniswärtern und Spezialgardisten gestürmt worden. Sie kontrollierten alle Zellen und beschlagnahmten Hefte und private Notizen der Häftlinge, die auch körperlich durchsucht wurden. Laut einem Bericht des persischsprachigen Nachrichtenportals Kalameh war die Durchsuchungsaktion „in dieser Form einmalig“. Es soll dabei auch zu Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitskräften und den Gefangenen gekommen sein. Dabei sollen die Sicherheitskräfte sehr brutal vorgegangen sein. Gefangene sollen „Tod dem Diktator“ gerufen haben. Politische Beobachter vermuten, dass hinter dem wachsenden Druck ein offener Brief steckt, den
Satar Beheshti kritisierten in seinem Weblog die politischen Verhältnisse im Iran
Satar Beheshti kritisierte in seinem Weblog die politischen Verhältnisse im Iran

Inhaftierte des Trakts 350 vor zwei Monaten veröffentlichten. Damals hatten 41 politische Gefangene eine Erklärung zum Tod des Arbeiteraktivisten und Bloggers Sattar Beheshti verfasst. Der 35-Jährige war am 30. Oktober 2012 in seiner Wohnung verhaftet worden und kam fünf Tage später aus bisher ungeklärten Gründen im Gefängnis um. Mitgefangenen zufolge waren auf Beheshtis Körper Anzeichen von Folter zu sehen.

Verhinderung von medizinischer Behandlung
Persischsprachige Nachrichtenportale veröffentlichten kürzlich einen weiteren Bericht von rund zwanzig politischen Gefangenen aus dem Trakt 350. Darin dokumentieren die Häftlinge, wie Verantwortliche aus Justiz und Sicherheitsbehörden immer wieder medizinische Behandlungen kranker Häftlinge verhinderten, und warnen den Leiter des Evin-Gefängnisses davor, dies fortzusetzen: „Die medizinische Versorgung dieser Menschen dauerhaft zu verhindern, kann verheerende Folgen haben. Dennoch wurde bisher nichts dagegen unternommen. Sollte einem der Kranken etwas zustoßen, werden Sie als Verantwortlicher dafür zur Rede gestellt werden.“
FP