Leere Kinosäle, „Ergebnis der Politisierung des Kinos“
Selbst die Halbierung der Eintrittspreise lockt die Zuschauer nicht ins Kino. Derzeit erlebt das iranische Kino die schwerste Krise seiner Geschichte. Die Filmschaffenden warnen vor der Pleite der privaten Filmindustrie in der Islamischen Republik. „Die politischen Entscheidungsträger tragen die Verantwortung für den schlechten Zustand des iranischen Kinos“, sagte der iranische Produzent Ali Akbar Saghafi am 1. August. Im Gespräche mit dem Nachrichtenportal Khabaronline wies Saghafi darauf hin, dass die Krise sehr ernst sei, und dass selbst Maßnahmen wie Halbierung der Eintrittspreise für die Kinos im Monat Ramadan die Zuschauer nicht anziehe. Saghafi zufolge werde im Iran die Produktion von Filmen immer schwieriger, dennoch ermutigt er die Filmschaffenden, nicht aufzugeben.
Auch der bekannteste Filmverleiher des Iran Ali Sartipi äußert ähnliche Kritik. „Schuld an der Krise ist die Politisierung des Kinos“, sagte er Ende Juli im Interview mit Khabaronline. Sartipi schlägt für die Beseitigung der verheerenden Krise der privaten Filmindustrie vor, als Erstes den Einfluss bestimmter Personenkreise zu beschneiden. Als Beispiel nennt er den Protest der Geistlichen bezüglich der Vorführung von zwei inländischen Filmen.
Im März hatten einige einflussreiche Geistliche, allen voran Ayatollah Ahmad Khatami, die Kassenschlager „Gashte Ershad“ und „Khosousi“ als „verwerflich“ abgestempelt. Danach hatten die paramilitärischen Schlägertrupps der Hisbollah mit Aktionen vor und in den Kinos gedroht, falls die Kinobetreiber die beiden Filme nicht aus dem Programm nehmen würden. Diese Proteste veranlassten das Ministerium für Kultur und islamische Führung, weitere Vorführungen der beiden Filmen zu stoppen.
„Gasthe Ershad“ ist die Geschichte von drei jungen Halunken, die sich als „Moralpolizisten“ verkleiden und Passaten abziehen. „Khosousi“ handelt von einem Islamisten, der durch die Liebe zu einer Schriftstellerin von seinen „revolutionären“ Ansichten Abschied nimmt.
Sartipi und Saghafi glauben, die Entscheidung der Verantwortlichen, diese Publikumsmagnete aus den Kinos zu nehmen, habe maßgebend zur derzeitigen Situation beziehungsweise zum Fernbleiben des Publikums beigetragen.
Trotz Genehmigung verboten
Nach einem Bericht, der kürzlich in iranischen Onlinemagazinen veröffentlicht wurde, soll das islamische Regime seit seiner Gründung (1979) etwa 200 iranischen Filmen öffentliche Vorführungen untersagt haben. Sie hatten zwar alle Hürden der Zensur überwunden und waren zum größten Teil mit privaten Geldern zustande gekommen, dennoch bekamen sie am Ende keine Erlaubnis zur Veröffentlichung. In der Amtszeit vom Präsident Mahmoud Ahmadinedschad geschah dies mit mehr als 70 Kinofilmen.
Eine viel größere Anzahl an Filmprojekten kommt gar nicht erst zustande, weil sie den Verantwortlichen im Ministerium für Kultur und islamische Führung nicht gefallen und daher keine Drehgenehmigung bekommen. Der dafür zuständige Minister, Mohammad Hosseini, hat am 2. Juli dem Parlament mitgeteilt, dass mehr als die Hälft aller eingereichten Filmprojekte keine Erlaubnis bekämen. Er betonte, dass das Ministerium zum Ziel habe, mehr denn je Filme mit religiösem Inhalt zu fördern. Zudem möchte Hosseini, auf Vorschlag des Präsidenten, regierungsunabhängige Filmverbände auflösen und dafür einen „Filmclub“ einrichten, der unter der Aufsicht des Ministeriums arbeiten soll.
Sehnsucht nach Vergangenheit
Trotz der strengen Zensur und Schikanen der Verantwortlichen für die Kultur in den letzten 30 Jahren sehnt sich Ali Sartipi nach Vergangenheit: „Wenn man an die Vergangenheit denkt, bekommt man Sehnsucht“, sagt er im Interview mit Khabaronline. Er schwärmt sogar für die Erfolge mancher Kinofilme im letzten Jahr. Anscheinend ist es dem Verleiher noch nie so schlecht gegangen wie in den letzten Monaten. Er sieht auch keine Besserung in Sicht: „All jene, die diese Krise verursacht haben, machen unnachgiebig weiter“.
FP