Eine Alternative zur Islamischen Republik?


An erster Stelle wollen wir in den nächsten Monaten einen Nationalkongress nach südafrikanischem Vorbild einberufen. Darin sollen Vertreter aller oppositionellen demokratischen Parteien und Gruppierungen, der Gewerkschaften, zivilgesellschaftlicher Gruppierungen sowie politische Persönlichkeiten und Kulturschaffende vertreten sein. Der Kongress könnte dann eine Art provisorische Regierung benennen.

Eine Exilregierung?

Nein, die provisorische Regierung müsste im Iran gebildet werden.

Um im Iran zu regieren?
Sie wird die Wahlen für die verfassungsgebende Versammlung vorbereiten und durchführen. Die Arbeit dieser Versammlung wird nach der Erstellung einer Verfassung beendet sein. Nach den Regeln dieser verabschiedeten Verfassung finden dann Parlamentswahlen statt. Die Art und Weise, wie die Regierung gewählt wird, wird durch die Verfassung bestimmt. Die Arbeit der provisorischen Regierung endet am Tage der Vereidigung der gesetzmäßig gewählten Regierung.

Sie erwarten, dass Irans Bevölkerung dieser Regierung folgen und sich für ihre Ziele einsetzen wird?

Die provisorische Regierung wird das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen müssen. Ohne dieses Vertrauen können die Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung nicht stattfinden.

Fast wöchentlich protestieren ArbeiterInnen, LehrerInnen und RentnerInnen gegen die verheerende Wirtschaftsmisere des Landes - Foto: Der Streik der Arbeiter des iranischen Industrieunternehmens Azarab in der Stadt Arak Anfang September 2019
Fast wöchentlich protestieren ArbeiterInnen, LehrerInnen und RentnerInnen gegen die verheerende Wirtschaftsmisere des Landes – Foto: Der Streik der Arbeiter des iranischen Industrieunternehmens Azarab in der Stadt Arak Anfang September 2019

Soll das Ganze vom Ausland aus geleitet werden?

Nein. Unsere Verbündeten im Iran werden ihre eigene Struktur und Organisation haben. Aus Sicherheitsgründen werden sie nicht direkt mit uns in Verbindung stehen. Wir haben aber Wege gefunden, unsere Kommunikation mit ihnen sicher durchzuführen. Sie werden im Iran agieren und wir im Ausland werden sie unterstützen.

Bereiten Sie eine Revolution im Iran vor?

Wir haben uns eines gewaltlosen Weges verpflichtet. Sogar die kurdischen Parteien wie Kumela, die Vertreter der Belutschen und der Araber, die in unserem Rat sind, haben sich unter anderem zwei wesentlichen Punkten verpflichtet: Verzicht auf Gewalt, und die territoriale Einheit des Landes. Das heißt aber nicht, dass etwa die Kurden sich nicht verteidigen dürften, wenn sie von Revolutionswächtern angegriffen würden. Wir sind uns einig, dass wir den Weg des friedlichen Protestes, des zivilen Ungehorsams gehen wollen, wie es auch bei der Revolution von 1979 geschehen ist. Sie war vonseiten des Volkes friedlich verlaufen.

Was hat die Revolution von 1979 für die Mehrheit der Bevölkerung gebracht, im Vergleich zur Zeit vor der Revolution?

Die Revolution von 1979 hatte keine genau definierte Zielsetzung. Außer der Gegnerschaft zum Schah-Regime gab es keinen Konsens zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen. Bei uns ist es anders. Wir verpflichten uns der Internationalen Erklärung der Menschenrechte und ihren Zusatzprotokollen, die von den Vereinten Nationen verabschiedet worden sind. Sie beinhalten Bürgerrechte, religiöse Freiheiten und die Rechte von ethnischen Minderheiten.

Nach der Revolution von 1979 wurden die Verantwortlichen des alten Regimes gefoltert, getötet oder vertrieben. Wie soll mit den Verantwortlichen des heutigen Regimes verfahren werden?
Fortsetzung auf Seite 3