CIA gesteht Putsch im Iran: Wahr oder gelogen?

Eine CIA-Akte sorgt in der iranischen Internetgemeinde für heiße Diskussionen. Der amerikanische Auslandsgeheimdienst gibt darin zu, 1953 einen Putsch gegen den demokratischen Ministerpräsidenten des Iran organisiert zu haben. Die IranerInnen streiten nun über den Wahrheitsgehalt dieser Akte.
Seit 60 Jahren beschäftigen sie immer wieder iranische und internationale Medien, Experten und politische Gruppierungen: die politischen Ereignisse im Iran vom August 1953. Damals war der demokratische Ministerpräsident Mohammad Mossadegh von der Armee entmachtet und unter Hausarrest gestellt worden. Zuvor hatte Mossadegh die in britischer Hand befindliche iranische Ölindustrie verstaatlicht. Nach dem Sturz des Ministerpräsidenten kehrte der kurz zuvor ins Ausland geflüchtete Schah Mohammad Reza Pahlevi ins Land zurück und herrschte dann bis 1979.
Neue CIA-Akte
Ob ein Putsch oder ein „spontaner Volksaufstand“, und vor allem welche treibende Kraft damals hinter den Ereignissen steckte, wurde bisher unterschiedlich dargestellt. Eine bislang streng geheime Akte der Central Intelligence Agency (CIA), die nun an das Nationale Sicherheitsarchiv der USA übergeben wurde, lässt aber keine Zweifel darüber mehr zu, dass der Umsturz im Iran 1953 ein von amerikanischen und britischen Geheimdiensten geplanter Putsch gewesen ist. Die Akte mit dem Titel „Die Schlacht um den Iran“ sollen CIA-Historiker verfasst haben. Ein Teil davon war bereits 1981 veröffentlicht worden.

Mohammad Mossadegh stand bis zu seinem Tod am 5. März 1967 in seinem Landsitz Ahmad-Abad unter Hausarrest
Mohammad Mossadegh stand bis zu seinem Tod am 5. März 1967 in seinem Landsitz Ahmad-Abad unter Hausarrest

Seine Unterstützung durch die kommunistische Tudeh-Partei wurde Mossadegh 1953 zum Verhängnis. Die Briten nahmen diese zum Anlass, die USA vor einer schleichenden Machtübernahme der Kommunisten im Iran zu warnen. So wurde der TPAjax-Plan entworfen: TP für die Initialen der prosowjetischen iranischen Tudeh-Partei – Ajax in Anlehnung an das bekannte Reinigungsmittel.
Der vom CIA-Agenten Kermit Roosevelt Junior vorbereitete Putsch-Plan sah vor, den Ministerpräsidenten zunächst durch ein Dekret des Schahs abzusetzen. Sollte Mossadegh sich dem nicht beugen, sollte er mithilfe der Armee gestürzt werden. Tatsächlich weigerte sich Mossadegh und blieb im Amt. Der politische Streit spitzte sich zu, der Schah verließ das Land.
„Reinigungs“-Plan
Für den zweiten Schritt des TPAjax-Plans soll Roosevelt Journalisten, Abgeordnete, Mitglieder der Streitkräfte, hohe Geistliche und zahlreiche „Halbstarke“ angeworben, genauer gesagt „gekauft“ haben. Letztere inszenierten Auseinandersetzungen auf der Straße, die Armee griff ein und der Ministerpräsident, der zwei Jahre zuvor von der US-Zeitschrift Time zum „Mann des Jahres“ gekürt worden war, wurde verhaftet.
Lüge oder Wahrheit?
Die am 19. August veröffentlichten CIA-Dokumente haben die Diskussion über den August 1953 in der persischsprachigen Internetgemeinde aufgeheizt. Die meisten iranischen InternetaktivistInnen sehen sich in ihrer Annahme, die USA habe damals die demokratische Entwicklung im Iran gestoppt, bestätigt. Nicht wenige geben ihrem Hass auf die USA Ausdruck und schreiben antiamerikanische Parolen ins Netz. Andere bezeichnen die Akte als „Lüge“: Sie sei eine indirekte Entschuldigung seitens der USA für ihre Einmischung in innere Angelegenheiten des Iran, die den Weg zur Normalisierung der Beziehungen mit der Islamischen Republik Iran ebnen solle.
Schah Mohammad Reza Pahlavi bei seiner Rückkehr am 22. August 1953
Schah Mohammad Reza Pahlavi bei seiner Rückkehr am 22. August 1953

Warum die CIA diese bislang streng geheimen Informationen jetzt frei gegeben hat, beschäftigt viele iranische Internet-User. Und nicht wenige vermuten „böse Absichten“ dahinter, die man „später“ erfahren werde.
Viel Resonanz findet ein Beitrag von Ali Mir-Fetroos. Der „Mossadegh-Experte“ schreibt, den TPAjax-Plan habe es zwar gegeben, doch er sei nicht erfolgreich gewesen. Gegner und Befürworter Mossadeghs seien damals auf die Straße gegangen und es habe den Anschein gehabt, als ob der militärische Arm der Tudeh-Partei den Konflikt gewinnen könnte. Der Ministerpräsident habe deshalb vor einer historischen Entscheidung gestanden: entweder Bürgerkrieg und am Ende der Sieg der moskautreuen Kommunisten oder Rückzug und Übergabe der Macht an die Schah-Anhänger. „Und er hat sich vorausschauend und aus Liebe zum Iran für die zweite Möglichkeit entschieden“, so Mir-Fetroos.
Zahlreiche Kommentare unter Mir-Fetroos´ Beitrag befassen sich mit der Schuldfrage. Die Verfasser wundern sich, warum sich die USA und Großbritannien für „dieses Unrecht gegen das iranische Volk“ nicht entschuldigen. Bisher haben Bill Clinton und Barack Obama die Beteiligung der USA am Putsch von 1953 zugegeben. Die Briten aber schweigen. Doch Verheimlichung führe nur zur Mythenbildung oder Geschichtsfälschung, warnt Malcolm Byrne, stellvertretender Direktor des Nationalen Sicherheitsarchivs der USA: „Es gibt keine guten Gründe mehr, Geheimnisse über eine solche kritische Periode in unserer jüngeren Geschichte zu haben.“