Irans Nationalbibliothek vernichtet vermutlich wertvolle Publikationen

Nach der Veröffentlichung eines Berichts über die absichtliche Zerstörung von etwa 10.000 alten Büchern, Zeitungen und Zeitschriften in der iranischen Nationalbibliothek in Teheran rechtfertigte deren Leiter Alireza Mokhtarpour die Vernichtungsaktion. Im Gespräch mit der Nachrichtenseite Library and Information Media of Iran (LISNA) erklärte Mokhtarpour, die Publikationen seien „unbrauchbar, veraltet und überflüssig“ gewesen und ihre Vernichtung sei „vorschriftsgemäß“ erfolgt. Details zu den entsprechenden Vorschriften beziehungsweise die Kriterien für diese Entscheidung wie auch die dafür zuständige Behörde nannte er nicht.

Weitere Bücher, die „doppelt und somit in der Nationalbibliothek überflüssig“ gewesen seien, seien an andere Bibliotheken des Landes „verschenkt“ worden, ergänzte Mokhtarpour.

Am 19. März hatte die Nachrichtenseite JAMARAN über die Vernichtungsaktion berichtet und Bilder der betroffenen Publikationen veröffentlicht. Laut JAMARAN handelt es sich zum Teil um „exquisite und alte Bücher und wertvolle Publikationen“.

Mokhtarpour wurde vor etwa zwei Jahren von Präsident Ebrahim Raisi zum Leiter der Nationalbibliothek ernannt und war seither bereits häufig Kritik ausgesetzt. Unter anderem reduzierte er im vergangenen Winter die Öffnungszeiten der Bibliothek mit der Begründung, damit Heiz- und Personalkosten zu senken. Außerdem wurde auf seine Anordnung zahlreichen Frauen die Mitgliedschaft in der Bibliothek aberkannt, da sie sich nicht an die obligatorischen Hijab-Vorschriften gehalten hätten. Daraufhin hatten etwa 900 Mitglieder der Kulturinstitution ein Protestschreiben veröffentlicht, in dem sie diese Strafmaßnahme als „sexuelle Apartheid“ und „eindeutige Verletzung der Bürgerrechte“ bezeichneten.

Die iranische Nationalbibliothek ist im Besitz von fast drei Millionen Büchern und etwa vier Millionen anderen Publikationen. Viele von ihnen sind vor der islamischen Revolution von 1979 publiziert worden und zum Teil islamkritisch oder entsprechen nicht den Normen der Islamischen Republik. Da diese Normen jedoch nie genau definiert wurden, können die Verantwortlichen sie beliebig interpretieren und auf Publikationen anwenden. Dazu gehören vor allem laizistisch-aufklärerische Schriften.♦

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