Kritik an Frankreichs Position im Atomstreit – Pressestimmen aus dem Iran
Die meisten Tageszeitungen im Iran berichteten am Samstag und Sonntag über die Atomverhandlungen mit dem Westen in Genf. Sie waren das Top-Thema auf den ersten Seiten. Die Gespräche werden am 20. November fortgesetzt.
In vielen iranischen Tageszeitung wurde am Samstag Kritik an der Haltung Frankreichs bei den Genfer Verhandlungen geübt. Denn Frankreichs Bedingungen und sein Hinweis auf „Israels Sicherheitsorgane“ verhinderten eine Einigung zwischen der Gruppe 5+1 und dem Iran.
Der französische Außenminister Laurent Fabius lehnte in Genf einen Abkommensentwurf mit dem Hinweis auf die Forderungen „israelischer Sicherheitsorganen“ ab. Frankreich sieht zudem den Bau eines Schwerwasserreaktors in der westiranischen Stadt Arak und Irans Bestände von auf 20 Prozent angereichertem Uran als problematisch an. Beide könnten für die Produktion von Atomwaffen Verwendung finden.
Hoffnung auf Diplomatie
Die reformorientierte Tageszeitung Schargh (Der Osten) stellte dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Sarif die Frage, ob sich die Beziehungen zu Frankreich nun verschlechtern würden. Seine Antwort: „Wir versuchen, die Beziehungen zu Frankreich zu erweitern. Bei den ersten Gesprächen mit den drei europäischen Ländern Deutschland, Frankreich und Großbritannien hat dieses Land eine führende Rolle gespielt. Wir hoffen, dass Frankreich künftig eine positive Rolle bei den Atomgesprächen übernimmt. Ich hatte am Ende der Verhandlungen eine gemeinsame Pressekonferenz mit Frau Ashton. Es ist ein Zeichen von Fortschritt“, zitiert die Zeitung Sarif.
Auch die regierungsnahe Zeitung Iran bewertete die dreitägigen Verhandlungen als „große Chance“ für die Diplomatie nach der achtjährigen Amtszeit des früheren Präsidenten Mahmoud Ahmadinedjad.
Die reformorientierte Zeitung Etemaad (Vertrauen) berichtete über die gespannte Erwartung der Menschen im Iran unter dem Titel „Einigung verschiebt sich“: „Tausende Iraner haben in der vergangenen Nacht die Nachrichten von den Verhandlungen wie Profi-Journalisten verfolgt. Aber die lange schlaflose Nacht blieb erfolglos.“
Heftige Kritik der Konservativen
Die konservative Tageszeitung Javan (Jung), die der iranischen Revolutionsgarde nahesteht, bezeichnete Frankreichs Haltung bei den Genfer Verhandlungen als „Vertretung israelischer Interessen“ und kritisierte diese heftig. „Frankreich hat eine der ungeschicktesten Maßnahmen der Geschichte der Diplomatie getroffen“, so die Zeitung am Sonntag.
Die ultrakonservative Zeitung Keyhan, die dem iranischen Revolutionsführer nahesteht, misstraut den Atomverhandlungen insgesamt. Sie bezeichnete den Prozess der Gespräche als „Erpressung“ und die Anforderungen Frankreichs als „illegal“ und „übertrieben“.
Auch die konservative Zeitung Ettelaat (Informationen) wünschte sich eine Einigung und kritisierte Frankreichs „negative Wirkung auf den ganzen Verhandlungsprozess“.
Schwierige Verhandlungen
Die moderate Tageszeitung Mardomsalari (Volksherrschaft) betrachtet die Atomgespräche mit dem Westen und die Beziehung zwischen dem Iran und den USA positiv. Sie berichtete unter anderem von „positiver Reaktion“ und der Erholung des Wechselkurses durch die Atomgespräche: Der US-Dollar sei am Samstag auf dem iranischen Devisenmarkt wieder für rund 3.000 Tuman zu bekommen gewesen.
Die Wirtschaftszeitung Donya-e-Eqtesad (Welt der Wirtschaft) schreibt: „Frankreichs Position bei den Atomgesprächen führte dazu, dass schwierige Verhandlungen sich noch weiter verkomplizierten. Auch wenn die ersten beiden Tage des Treffens in einer positiven und ermutigenden Atmosphäre stattfanden, dämpfte das Ergebnis des letzten Tages den Optimismus.“
Farhad Salmanian