Iranische Blogger: „Militärschlag gegen den Iran? Nein, danke!“
Die internationale Diskussion über einen Militärschlag gegen den Iran beschäftigt auch die iranische Internetgemeinde. Eine Bestandsaufnahme.
Nach einem alarmierenden Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) über das iranische Atomwaffenprogramm verhängten die USA, EU und Kanada weitere Sanktionen gegen den Iran. Führende Politiker in den USA, Europa und Israel schließen einen Militärschlag gegen den Iran dennoch nicht aus.
Die Mehrheit in der iranischen Internetgemeinde lehnt einen solchen Militärangriff ab. Eine kleine Minderheit allerdings sieht darin die einzige Chance, das islamische System abzuschaffen. Denn das Regime habe den Menschen zu viel Angst eingejagt, als dass sie selber einen Aufstand wagen könnten, schreibt etwa der Blogger „Dardmand“.
Auch beim Thema Sanktionen scheiden sich die Geister der iranischen Internetaktivisten. Während Regimeanhänger damit prahlen, dass der Iran bereits seit 32 Jahren harte Sanktionen habe überstehen können, diskutieren regimekritische Blogger über Sinn und Unsinn der verhängten Maßnahmen. Tenor der Debatte: „Zielgerichtete Sanktionen“ schadeten dem System mehr als ein militärischer Angriff. Gemeint sind damit vor allem solche Maßnahmen, die am wenigsten die Bevölkerung treffen.
Historische Pflicht
Der Blogger „Bamdadi“ ist gegen beide Vorgehensweisen. Krieg, „der nur Elend verursacht“, lehnt er völlig ab. Er sieht darin den ersten Schritt zu einer militärischen Intervention: „Wir dürfen denjenigen, die uns sagen, sie seien gegen den Krieg, aber für weitere Sanktionen, nicht glauben. Auf gar keinen Fall, auf gar keinen Fall, auf gar keinen Fall“, heißt es in „Bamdadis“ Blog. Denn: „Sie stellen mit diesen Maßnahmen längerfristig nur die Weichen für einen Krieg, der das Land vollkommen ruiniert.“
Nie wieder Krieg, aber wie?
Massih Alinejad, die das Web-Blog „Pardeh“ betreut, hofft, dass im Iran „nicht noch einmal“ ein Krieg ausbricht. Doch ihre Hoffnung scheint gering, deshalb empfiehlt sie: „Dann lasst uns uns doch wenigstens auf den Krieg vorbereiten.“ Damit meint sie nicht militärische Vorkehrungen, sondern: „Wir können die reformistische Initiative des Ex-Präsidenten Mohammad Khatami ‚Dialog zwischen den Kulturen’ wieder aufgreifen und auf Aufklärungsarbeit setzen.“ Ob das ausreichen würde, um „einen Keil zwischen die USA und die europäischen Ländern zu treiben“, bezweifelt die Bloggerin allerdings selbst. Eine Mindestwirkung schreibt sie ihrem Vorschlag immerhin zu: „Damit kann die iranische Regierung einen Teil der Weltöffentlichkeit für sich gewinnen.“
„Das Regime wird stärker“
Die meisten iranischen Blogger und Nutzer von Social Media fürchten die „verheerenden Folgen“ eines Krieges, der „nur den Hardlinern dienen“ würde.
Was Arash Bahmani in seinem Weblog „Marssieh Khak“ schreibt, bringt die Befürchtungen vieler iranischer Blogger zum Ausdruck. „Ich kann gut nachvollziehen, warum einige Gruppen und Organisationen für einen Militärschlag und für Sanktionen sind. Sie wollen die Regierung stürzen, damit die Iraner durch freie Wahlen selbst eine demokratische Regierung bilden können – einen Rechtsstaat, der die Menschenrechte berücksichtigt.“ „Aber“, warnt Bahmani, „ein beschränkter Militärschlag gegen die militärischen und wirtschaftlichen Einrichtungen des Iran verlangsamt zwar das Atomwaffenprogramms der islamischen Regierung, führt aber zu Chaos im Land.“
Der Blogger fürchtet auch, dass ein Militärangriff gegen den Iran eher dem Regime dienen und ihm ermöglichen würde, mehr Menschen unter Druck zu setzen und noch einfacher seine eigenen Anhänger zu mobilisieren. „All das könnte die islamische Regierung mit der schwierigen Situation im Falle eines Krieges rechtfertigen“, so die Schlussfolgerung Bahmanis – die von den meisten Kommentatoren auf seinem Blog „Marssieh Khak“ geteilt wird.