Trübe Aussichten für Erdbebenopfer
Für die obdachlos gewordenen Opfer des Erdbebens, das im August 2012 die iranische Provinz Ost-Aserbeidschan erschütterte, seien neue Wohnungen errichtet worden, sagen die iranischen Verantwortlichen. Fotos im Internet belegen das Gegenteil. Auch der aus dem Erdbebengebiet stammende Parlamentsabgeordnete wirft der Regierung Lügen vor.
Am 11. August 2012 erschütterten zwei Erdbeben der Stärken 6,2 und 6,0 die iranische Provinz Ost-Aserbaidschan. Zwölf Dörfer wurden völlig zerstört, 115 weitere bis zu 60 Prozent beschädigt, mehr als 4.000 Menschen schwer verletzt. Über die Zahlen der Todesopfer wird bis heute widersprüchlich berichtet. Während die Verantwortlichen von rund 300 Toten sprechen, gehen Ärzte, die vor Ort waren, von über 1.000 Toten aus, wie etwa das Nachrichtenportal Kalameh berichtet.
Niemand in den Erdbebengebieten wohne noch in Zelten, sagt fünf Monate nach den Beben der zuständige Provinzgouverneur Ost-Aserbaidschans, Ahmad Alireza Beigi, dem Nachrichtenportal Afkarnews. Für die obdachlos Gewordenen seien Wohnungen errichtet, von denen die meisten auch bereits mit Wärme- und Heizsystemen ausgestattet worden seien. Der Rote Halbmond versorge zudem die Betroffenen mit Nahrungsmitteln, „damit sie die Winterzeit gut überstehen“, so Alireza Beigi.
Im Internet kursierende Fotos zeigen allerdings anderes, als der Gouverneur sagt. Und auch der aus dem Erdbebengebiet stammende Parlamentsabgeordnete, Allahverdi Dehghani, der vor kurzem durch die betroffenen Gebiete reiste, berichtet Gegenteiliges: Noch immer gebe es Zelte im Erdbebengebiet, so Dehghani, „das bei den Minus-Temperaturen des berüchtigten eisigen Winters von Aserbaidschan.“
25 Prozent aufgebaut
Dehghanis Angaben zufolge wurden für rund 20.000 durch die Erdbeben zerstörte Häuser erst 5.000 neue gebaut. „Außerdem befinden sich die Straßen nach wie vor in katastrophalem Zustand“, so Dehghani. Wasser-, Strom- und Gasversorgung sei ebenfalls „sehr schlecht“. Auch Gebäude von Ämtern und Behörden seien durch die Erdbeben beschädigt und noch nicht wieder aufgebaut, so der Abgeordnete.
Freiwillig zelten
Der Bürgermeister der Stadt Varzaghan im Erdbebengebiet, Moharam Foroughi, widersprach dem Parlamentarier. Er sagte in einem Interview mit der Zeitung „Teheran Emrouz“, wenn „einige Menschen“ noch in Zelten wohnten, bedeute nicht, dass sie keine Wohnungen hätten. Sie würden „aus Angst“ nicht in den
wieder aufgebauten Häusern leben, so Foroughi: „Was können wir dafür, dass einige ihr Trauma nicht überwunden haben.“ Auch der Leiter der staatlichen Wohnbaustiftung der Provinz Ost-Aserbaidschan, Alireza Tabesh, sagt, es seien in der Region etwa 20.000 Wohneinheiten mit Wasser, Strom und Heizung ausgestattet und den Bewohnern angeboten worden.
Der Abgeordnete Dehghani zweifelt allerdings an diesen Aussagen. „Welcher vernünftige Mensch wohnt bei der eisigen Kälte Ost-Aserbaidschans im Zelt und lehnt eine Wohnung ab?“, so Deghani. Zahlen und Fakten sprächen für sich: „Nach Berechnungen der Behörden gibt es etwa 12.000 Menschen, die noch in Containern oder Zelten wohnen.“
FP