Regisseurinnen dominieren Kinos
Im Iran sind die Frauen auf dem Vormarsch: sie dominieren seit Jahren den Bildungsbetrieb, machen ihren männlichen Kollegen im Bereich der Wissenschaft ernsthafte Konkurrenz und nun sorgen sie auch für Überraschungen in der Filmindustrie des Landes. Kulturnachrichten aus der Islamischen Republik.
Der iranische Kinoverband veröffentlichte eine Liste der iranischen Filme, die im vergangenen Jahr die meisten BesucherInnen in die Kinos gelockt haben. Angeführt wird das Ranking von drei Filmen, für deren Regie Frauen verantwortlich waren. Absoluter Publikumsmagnet war demnach Marzieh Boroumands Kinderfilm „Stadt der Mäuse“ (Teil 2). Der Puppenfilm, der von einer Frau – Manijeh Hekmat – produziert wurde, ist eine Fortsetzung des Kinohits „Stadt der Mäuse“ aus dem Jahr 1984. Während im ersten Teil die Mäuse vor einem schwarzen Kater fliehen müssen, der ihre Stadt heimsucht, entscheiden sich die Mäuse in der Fortsetzung, einer kleinen Katze in ihrer Stadt Schutz zu bieten.
Auf dem zweiten Platz landete Tahmineh Milanis Film „Ceasefire 2“. Das Drama handelt von der erneuten Begegnung eines Ehepaares mit seinem ehemaligen Familienberater, dem sie die dramatischen Ereignisse, die sich in den Jahren nach der Beratung in ihrem Leben abgespielt haben, erzählen.
Drittpopulärster Film des vergangenen Jahres war Narges Abyars „Track 143“. Dieser handelt vom sehnsüchtigen Warten einer iranischen Frau, deren Sohn vom achtjährigen Krieg zwischen dem Irak und dem Iran nicht zurückkehrt.
Frauenmodefestival in Teheran geht zu Ende
Am Montag ist in Teheran das vierte internationale Frauenmodefestival „Fajr“ mit einer Preisverleihung zu Ende gegangen. Unter den FestivalteilnehmerInnen, die ausgezeichnet wurden, befanden sich auch fünf Iranerinnen. In der Kategorie „Beste studentische Bekleidung“ konnte sich die Designerin Jila Shariatmadari durchsetzen. In der Kategorie „Beste Frauen-Outdoor-Bekleidung“ erhielt die Designerin Sanaz Moslemi den ersten Preis, während ihre Kollegin Hamideh Hemmati die Kategorie „Beste zeremonielle Kleidung“ für sich entscheiden konnte. Zu den Preisträgerinnen gehörten auch die Modejournalistin Atena Yazdani, die für ihre Beiträge zum Thema Design ausgezeichnet wurde, sowie die in Los Angeles lebende Designerin Farideh Talebpour, die in der Kategorie „Bestes Design-Buch“ ihre Konkurrenz hinter sich ließ.
In seiner Abschlussrede lobte der iranische Vize-Kulturminister Ali Moradkhani die Arbeit der iranischen Modedesignerinnen. „Auf dem Gebiet der Mode und des Designs sind in den vergangenen Jahren gute Fortschritte erzielt worden“, zitieren iranische Medien den stellvertretenden Minister. Moradkhani sprach sich zudem für die Errichtung eines Museums aus, das der iranischen Modegeschichte gewidmet werden solle.
ModemacherInnen aus dem Iran sowie aus 15 weiteren Ländern hatten an dem einwöchigen Festival teilgenommen. Bei der internationalen Beteiligung soll es mehr um einen Erfahrungsaustausch als um Werbung für bestimme Modemarken gehen, hatte der Festivalleiter Hamid Ghobadi bereits im Vorfeld des Festivals erklärt.
Seit der Revolution von 1979 gelten in der iranischen Öffentlichkeit für Frauen Kopftuchzwang und strenge Bekleidungsvorschriften. Zahlreiche Iranerinnen legen dennoch großen Wert auf internationale Modetrends. Dabei leben sie mit der Gefahr, auf der Straße von der islamischen Sittenpolizei wegen „freizügiger Bekleidung“ festgenommen zu werden. Nichtsdestotrotz trauen sich immer mehr iranische Modedesignerinnen, eigene Mode-Kollektionen zu entwerfen. Einige schaffen es mit ihren Entwürfen sogar auf die großen internationalen Fashion-Shows.
Konservativer Politiker verteidigt Bücherzensur
Der konservative iranische Parlamentarier und Vorsitzende der Akademie für persische Sprache und Literatur Gholam-Ali Haddad-Adel hat in einer Rede im Rahmen einer Veranstaltung der Stiftung öffentlicher Bibliotheken die Bücherzensur im Iran verteidigt. „Als Staatsdiener haben wir die Verantwortung für den Inhalt unserer Literatur. Mit dieser Verantwortung müssen wir selbstverständlich vernünftig umgehen“, so Haddad-Adel. Präsident Hassan Rouhani habe zwar Recht, wenn er sich für literarische Freiheiten ausspreche. „Aber grundsätzlich muss festgehalten werden, dass manche Bücherinhalte natürlich nicht tragbar sind.“ Dann müsse die Zensur eingreifen, so der einflussreiche Parlamentarier. „Es gibt kein Land der Welt, wo Literatur nicht zensiert wird“, zitieren staatliche Medien den Konservativen. In seiner Rede kritisierte Haddad-Adel zudem die hohen Bücherpreise im Iran. Umso wichtiger sei es deswegen, öffentliche Bibliotheken auszubauen, damit IranerInnen auf diesem Wege in den Genuss von Literatur kämen, so Haddad-Adel.
Rouhani hatte sich im Februar für mehr literarische Freiheiten ausgesprochen, aber gleichzeitig auch dazu aufgefordert, „Richtlinien einzuhalten, die unsere moralischen Werte, die nationale Sicherheit oder Heiligtümer“ betreffen. In den vergangenen Monaten ist Rouhani mehrfach von VerlegerInnen dafür kritisiert worden, die von ihm versprochenen Verbesserungen im Literaturbetrieb nicht realisiert zu haben. Im Iran müssen VerlegerInnen für die Veröffentlichung ihrer Bücher eine Druckgenehmigung beim Kulturministerium beantragen. Dort werden die Texte kontrolliert und zensiert.
Schriftstellerverband darf sich erneut nicht versammeln
Staatliche Autoritäten haben Ende Februar erneut die Durchführung einer Literaturveranstaltung des Iranischen Schriftstellerverbands (ISV) verboten. „Etwa eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung Epoche der Übersetzung erhielten wir Besuch von Sicherheitskräften, die uns mitteilten, dass der Veranstaltungsraum umgehend zu verlassen und das Event abgesagt sei“, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme des ISV. Wie das Nachrichtenportal Radiozamaneh berichtet, wurde der Raum von Sicherheitskräften abgesperrt. VeranstaltungsbesucherInnen und GastrednerInnen trafen sich dennoch vor der Tür des Veranstaltungsortes, um sich fachlich auszutauschen.
Bereits im Dezember und Januar hatte der ISV vergeblich versucht, sich zu versammeln. Ende August waren ehemalige Mitglieder des Verbands erstmalig seit zwölf Jahren in einem Privathaus in Teheran zusammengekommen. Bei dem Treffen wurden auch Vorstandsmitglieder des Vereins neu gewählt. Der ISV hat zwar den Anspruch, unpolitisch zu sein und lediglich die Rechte und Interessen der SchriftstellerInnen zu vertreten. Er setzt sich jedoch auch gegen staatliche Zensur und die politische Verfolgung von SchriftstellerInnen ein. Der ISV wurde im Jahre 1968, lange vor der islamischen Revolution 1979, in Teheran gegründet. Er zählt zu den wichtigsten nichtstaatlichen Künstlerverbänden des Iran.
JASHAR ERFANIAN