Protest gegen Gerichtsbeschluss: Iranische Männer in Frauentrachten

Dass in der Kleinstadt Meriwan in der iranischen Provinz Kurdistan ein Mann wegen Familienstreitigkeiten dazu verurteilt wurde, als Strafe öffentlich Frauenkleider zu tragen, führte zu phantasievollen Protest- und Solidaritätsaktionen. Einige Männer ließen sich unter dem Motto „Weiblichkeit ist keine Strafe“ selbst in der kurdischen Frauentracht fotografieren und stellten die Bilder ins Netz.
„Eine Frau zu sein ist nicht erniedrigend und auch keine Strafe“ heißt eine weitere Protestaktion im sozialen Netzwerk Facebook, die von einer Gruppe iranischer Männer initiiert wurde. Mit ihrer Initiative wollen sie die rot bekleideten Demonstranten von Meriwan und deren Zivilrechte stärken. Die Aktion fand auf Facebook schnell Sympathie: Die Seite verbucht bereits mehr als achttausend Fans.
Gegen den Wahn des „besseren Geschlechts“

„Ich widme mein Foto der Justiz und dem Richter, der Frauenkleidung als Strafe betrachtet“, schreibt ein Aktionsteilnehmer: „Dieses Kleid trage ich voller Liebe und Verehrung: Die Tracht meiner Mutter, das Kleid aller Frauen und Mädchen, die über Jahrhunderte schweigend ihr Leid ertragen haben und deren Rechte verletzt wurden von Beginn der Geschichtsschreibung an. Es ist keine Schande, eine Frau zu sein“, so sein Kommentar. „Niederträchtig ist derjenige, der noch immer in dem Wahn lebt, das bessere Geschlecht zu sein, und seine Männlichkeit in der Unterdrückung der Frauen zum Ausdruck bringt“, schreibt ein anderer Kommentator.

Ein kurdischer Aktivist lobt die Aktion auf seiner Facebookseite als Zivilprotest gegen die Unverfrorenheit des Gerichts: „Eine Frau zu sein ist weder Erniedrigung noch Strafe; so ein Gerichtsbeschluss hat keine Berechtigung.“
Auch Kritik an der Aktion

Ali Ghodrat, einer der Protestierenden in Facebook
Ali Ghodrat, einer der Protestierenden in Facebook

Doch es gibt auch kritische Stimmen zu der Aktion: Eine Frau aus der „feministischen Bewegung“ fragte die Männer der Initiative, ob sie auch bereit wären, ihr Erbe mit ihren Schwestern gleich zu teilen. Nach islamischem Recht erhalten Frauen ein Drittel und Männer zwei Drittel des Erbes. Ein anderer Kommentator meint: „Die Protestaktion wirkt keine Wunder und ist nur ein kleiner Schritt. Der lange Weg besteht in der Aufklärung über Geschlechterdiskriminierung.“ Er ruft alle Leser dazu auf, Kritik einzubringen: Denn nur so könne sich die Aktion weiterentwickeln und zu gesellschaftlichen Veränderungen führen.
Während der Proteste gegen die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009 hatte es bereits eine ähnliche Online-Protestaktion gegeben. Nach seiner Rede in der Teheraner Amir-Kabir-Universität wurde Majid Tawakoli, ein bekannter Aktivist der iranischen Studentenbewegung, verhaftet. An die Presse gelangten später Fotos von Tawakoli mit Kopftuch: Als angebliches Zeugnis seiner „Schandtat“, in Frauenkleidern vor den Sicherheitsbeamten aus der Universität flüchten zu wollen. Auch damals ließen sich einige Männer mit Kopftuch fotografieren und die Bilder mit dem Kommentar „Frauenkleidung ist keine Schande“ online veröffentlichen.
fp