Mit Gesetzen gegen die Inflation
Ein schwankender Devisenkurs und eine hohe Inflation sowie anhaltende Arbeitslosigkeit erschweren das Leben der Iraner. Nun versucht das Parlament den Devisenhandel durch ein neues Gesetz zu kontrollieren. Ayatollahs warnen vor „Unzufriedenheit“ der Bevölkerung.
Der Wertverlust der iranischen Währung ist schwindelerregend – der Anstieg der Devisenkurse auf der anderen Seite ebenso: 40.000 Rial zahlte man in der vergangenen Woche auf dem Teheraner Bazar für einen Dollar. Ein Euro kostete sogar 55.000 Rial. Selbst Großayatollahs warnen vor der mit den massiv steigenden Preisen zunehmenden „Unzufriedenheit“ der Bevölkerung – schon zum zweiten Mal in einem halben Jahr. Hauptursachen für die anhaltende Wechselkurs-Krise im Land sind zum einen der dramatische Rückgang des iranischen Außenhandels, der die staatlichen Dollareinnahmen um ein Drittel reduzierte. Aber auch die internationalen Sanktionen gegen die iranische Zentralbank, die den Handel mit dem Ausland drastisch erschwerten, meinen Wirtschaftsexperten. Seit dem Sommer 2012 sank Irans wichtigste Dollar-Einnahmequelle, der Ölexport, von zwei Millionen Barrel auf 800.000 am Tag.Zu dem stark reduzierten
Außenhandel und stagnierender nationaler Produktion kommt, dass die Regierung viele Subventionen strich und dafür mehr Rial in Umlauf brachte. Die Bevölkerung reagierte darauf mit steigender Devisennachfrage als sichere Geldanlage. Der Parlamentsabgeordnete Mohammad Dehghani sagte dazu: „Wir haben etwa 400.000 Milliarden Tuman Geldreserven. Wenn diese in Richtung Devisenmarkt fließen sollten, werden wir ein unglaubliches Chaos erleben.“ Die Devisenkrise scheint auch die Regierung beeinflusst zu haben. Knapp 40 Tage vor dem iranischen Neujahr am 21. März hat Präsident Mahmud Ahmadinedschad dem Parlament immer noch keinen Haushalt für das kommende Jahr vorgelegt.
Neues Gesetz soll Devisenhandel kontrollieren
Nun will die Regierung die Entwicklung per Gesetz regulieren. In der vergangenen Woche verabschiedete das Parlament einen Gesetzentwurf, der es für strafbar erklärt, sich „unrechtmäßig“ in den Devisenhandel einzumischen. Das neue Gesetz soll künftig vor allem „Verantwortliche aus Regierungskreisen“ hinsichtlich der Einmischung in den Devisenhandel kontrollieren. Es sieht Haftstrafen von fünf bis zehn Jahren, und in besonders schweren Fällen, die Todesstrafe vor . Außerdem soll künftig jeder, der Dollar oder Euro besitzt, sein Guthaben bei einer Bank oder einem Devisenhändler mit einem Code registrieren lassen. Der Abgeordnete Dehghani erklärte dazu, es habe „leider einige Verantwortliche“ gegeben, die „geheime Staatsinformationen an Devisenhändler weitergegeben und so den Wechselkurs auf dem freien Markt beeinflusst haben“.Kritiker des neuen Gesetzes wie der Abgeordnete Hamidreza Tabatabaei meinen, man könne damit „keine Ordnung herbeizaubern“: „Wir können nicht jeden, der 1.000 Dollar in seiner Tasche hat, verhaften, weil er sein Geld nicht registriert hat“, so Tabatabaei. Fakt sei, dass über 90 Prozent der Devisen im Besitz der Regierung seien, so der Abgeordnete: „Und die Regierung ist für die Verteilung der Devisen auf dem Markt verantwortlich.“
„Verschwörung als Ursache“
Auch der Vorsitzende des staatlichen Schlichtungsrats, Mohsen Rezaei, gibt der Regierung die Verantwortung für den anhaltenden Kursverfall. Der frühere General der Revolutionsgarde warf ihr Versagen vor: „Syrien und die Hamas können nur mit unserer Unterstützung die Nato und Israel besiegen. Doch während wir unseren Feinden unsere militärische Macht beweisen können, bleibt die Frage, warum es uns nicht gelingt, die Preise für Fleisch und andere Lebensmittel in unserem Land zu regulieren.“ Im Hintergrund sieht Rezaei allerdings eine Verschwörung: „Die Lage ist ernst. Einige wollen unsere Währung vernichten. Außerdem beabsichtigt diese Gruppe, die Unzufriedenheit unter der Bevölkerung weiter anzuheizen, damit sie irgendwann auf die Straße geht und protestiert“, so Rezaei. Wen genau er meinte, sagte er nicht. Großayatollahs sehen „ernsthafte Gefahr“ Vor allem bei der ärmeren Gesellschaftsschicht sorgen die enorme Inflationsrate und ständig steigende Preise für große Unzufriedenheit. Die stelle eine ernsthafte Gefahr dar, sagen nun zwei Großayatollahs: Lotfallah Safi Golpayegani und Hossein Nouri aus der iranischen Stadt Ghom, wie das Informationsportal „Rasa“ Anfang Februar berichtete. Dem Bericht zufolge trafen sich die zwei hochrangigen Rechtsgelehrten persönlich mit Menschen aus ärmeren Vierteln, um sich deren Probleme anzuhören. Der wirtschaftliche Druck, der auf diesen laste, sei enorm hoch, warnten die zwei Ayatollahs danach, und fordern nun die Regierung auf, unverzüglich Maßnahmen gegen die bestehende Krise zu ergreifen.Das ist damit schon das zweite Mal innerhalb eines halben Jahres, dass sich Großayatollahs zur wirtschaftlichen Lage des Landes äußern. Schon im September 2012 hatte Großayatollah Nasser Makarem Shirazi bei einem Treffen mit der geistlichen Fraktion des iranischen Parlaments gewarnt: „Es ist falsch zu glauben, die Geduld der Bevölkerung sei unbegrenzt.“
FP