Kindersketch sorgt für Ärger

Eine iranische Kinder-Fernsehshow hat mit einem vermeintlich beleidigenden Sketch Empörung bei Angehörigen der aserischen Minderheit im Iran ausgelöst. Weniger kontrovers werden im Internet die jüngsten Verhaftungen iranischer JournalistInnen diskutiert. Zwei Top-Themen der persischsprachigen Webcomunity.
Die iranische Kindersendung „Fitileh, farda tatileh“ („Fitile, morgen ist schulfrei“) hat in der vergangenen Woche einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der Anlass: ein Sketch zum Thema Mundhygiene. Verantwortliche des staatlichen iranischen Fernsehens zogen sogar die Absetzung der ansonsten beliebten Show in Erwägung. Zuletzt wurde jedoch nur ein Drehbuchautor entlassen, zwei weitere erhielten Abmahnungen. Der Vorwurf: Diskriminierung der Minderheit der Aseri, die überwiegend in den iranischen Regionen Ost- und West-Aserbaidschan lebt. Zwei Schauspieler hatten in dem Sketch – mit Aseri-Akzent- den Anschein erweckt, als würden die Angehörigen der turksprachigen Minderheit nicht den Unterschied zwischen einer Zahn- und einer Klobürste kennen.
Die Macher der Kindersendung wiesen zwar jede Absicht von sich, Aseris als dumm dargestellt haben zu wollen. Sie entschuldigten sich aber dennoch für den Sketch, dessen Ausstrahlung zu Straßenprotesten der Aseri-Minderheit in zahlreichen iranischen Städten geführt hatte.
Humorlose Aseris?
Nicht wenige IranerInnen sind der Meinung, dass die Reaktion der Aseris überzogen sei. So schreibt ein anonymer User auf Fars News: „Wieder einmal machen die Aseris aus einer Mücke einen Elefanten.“ Ein anderer Besucher des Nachrichtenportals betont, dass auch er einer ethnischen Minderheit angehöre, über die Witze erzählt würden: „Aber wir Abadanis reagieren nicht wie beleidigte Leberwürste, weil wir Sinn für Humor haben“, schreibt er weiter.

"Fitileh ..." ist eine der beliebtesten Kindersendungen im iranischen Fernshen
„Fitileh …“ ist eine der beliebtesten Kindersendungen im iranischen Fernshen

„Ich verstehe nicht, was der ganze Unsinn soll. Wie kann man sich so sehr über den Inhalt einer Kindersendung aufregen? Das Ganze war doch nur Spaß“, schreibt Samei. Die Aseris sollten „endlich lernen, mit Satire umzugehen“, findet wiederum Hessam auf BBC Farsi. „Für so etwas gehen sie auf die Straße, aber als 2009 die Menschen gegen das Regime demonstriert haben, war es in den Aseri-Regionen ruhig“, schreibt ein genervter User mit dem Pseudonym MCHN. Ähnlich sieht das ein anonymer Nutzer des Nachrichtenportals Radio Farda: „Es wäre deutlich angebrachter, wenn diese Menschen gegen die hohen Lebensmittel-, Miet- und Benzinpreise protestieren würden. Sie fühlen sich durch den Inhalt eines Kindersketches beleidigt, aber nicht durch die Mullahs, die dem Volk ins Gesicht lachen und es ausbeuten.“
Emotionsloser sieht es Aria, ein User der Webseite Aparat: „Das Ganze war doch eigentlich halb so wild. Manchmal bauschen wir die Dinge etwas zu sehr auf. Ich denke auch, dass der Sketch grenzwertig war, aber die Reaktionen, die er ausgelöst hat, gehen zu weit.“
Aseris fühlen sich diskriminiert
Andere wiederum finden die Wut gerechtfertigt: „Wieder einmal werden wir Aseris öffentlich beleidigt. Es ist nicht lustig, wenn so viele Menschen Gegenstand des Spottes anderer werden“, schreibt Homayoun auf der Facebookseite von VOA Farsi. Humor müsse auch seine Grenzen haben, findet auch Fariba: „Andere Menschen zu kränken ist nicht in Ordnung. Die Macher der Sendung sollten sich schämen.“ „Klar, das ist eine Kindersendung und Sendungen für Kinder sollen nun mal lustig sein. Aber es darf nicht sein, dass so junge Zuschauer zum Lachen gebracht werden, indem Angehörige ethnischer Minderheiten als Idioten dargestellt werden“, schreibt Behrang unter einem Nachrichtenbeitrag von BBC Farsi. Die IranerInnen müssten sich eingestehen, dass es in ihrer Gesellschaft Rassismus gebe, so Amir auf Radio Farda: „Viele von uns schauen auf die Aseris, die Araber oder andere Minderheiten herab. Wir dürfen nicht zulassen, dass rassistische Tendenzen im Iran die Oberhand gewinnen.“
Kritik an Verhaftungen von JournalistInnen
Ein weiteres Thema erhitzt derzeit die Gemüter der IranerInnen: die jüngsten Verhaftungen von regimekritischen JournalistInnen auf Befehl der Revolutionsgarde. Die konservative Position habe im Atomstreit mit dem Westen einen herben Dämpfer erhalten, durch neue innenpolitische Repressionsmaßnahmen wollten die Hardliner nun ihre Stärke demonstrieren, schreibt der Web-User Taban auf VOA Farsi. Ahraar ergänzt: „Durch die Festnahmen wollen sie von ihrer außenpolitischen Niederlage ablenken und ihre eigene Anhängerschaft beruhigen.“
Verhaftete Journalisten: (v. l.) Afarin Chitsaz, Ehsan Mazandarani, Isa Saharkhiz und Saman Sarafzai
Verhaftete Journalisten: (v. l.) Afarin Chitsaz, Ehsan Mazandarani, Isa Saharkhiz und Saman Sarafzai

„Die Verhafteten sollen Agenten des Westens sein? Wer soll denn diese sich seit Jahrzehnten wiederholenden Lügen noch glauben?“, fragt Behrouz. „Verflucht sei dieses faschistoide Regime, das für den Erhalt seiner Macht all diese Verbrechen begeht“, schimpft er weiter. Ähnlich äußert sich Radio Farda-User Mehran: Jeder im Iran wisse, dass die „Schergen Khameneis“ alles unternehmen würden, um das Leben des Regimes zu verlängern. Laut Ali stehen die jüngsten Verhaftungen mit den im kommenden Jahr stattfindenden Parlamentswahlen in Verbindung: „Die Repressionen sollen das Lager der Moderaten und Reformer schwächen und sie einschüchtern“, glaubt er. „Leider hat die Regierung nichts weiter unternommen als die Verhaftungen zu kritisieren. Und diese Kritik erfolgte auch nur, weil sie weiß, dass das Ziel der neuerlichen Repressionen gegenüber JournalistInnen der Versuch ist, die Regierung zu schwächen“, schreibt Behnam2K auf Twitter.
Konservative begrüßen Verhaftungen
Doch das Vorgehen gegen die JournalistInnen hat auch Befürworter, die ihrer Wortwahl nach AnhängerInnen des konservativen Lagers sind. Einer von ihnen ist der Web-User Hossein Ali: „Ich bin mir sicher, dass die Revolutionsgarde gute Gründe hat, die Verhaftungen zu veranlassen. Ich selbst habe aus sicheren Quellen erfahren, dass die Verhafteten von ausländischen Geheimdiensten bezahlt wurden“, schreibt er auf dem Nachrichtenportal Fararu. Die Revolutionsgarde habe während des achtjährigen Kriegs gegen den Irak „enorme Opfer gebracht, um das Volk zu retten“, schreibt ein anonymer User der Webseite. „Trotzdem zweifeln noch immer manche am Urteilsvermögen der Garde und wollen ihren Ruf zerstören. Diese Menschen sind gefährlich!“
Der Iran sei ein „freies Land“, in dem jeder seine Meinung äußern dürfe, schreibt Babak auf VOA Farsi. „Aber diese Meinung darf die Gesetze nicht verletzen. Jedes Land hat seine eigenen Gesetze!“
  JASHAR ERFANIAN