Schwierige Hilfe für ein krankes Gesundheitssystem

Interaktion und Austausch zwischen iranischen und im Ausland tätigen MedizinerInnen funktioniert vor allem auf theoretischer und wissenschaftlicher Ebene. Bürokratie und rechtliche Hindernisse verhindern praktische Zusammenarbeit. Und auch die kommerzielle Ausrichtung eines großen Teils des iranischen Gesundheitssystems erschwere die Kooperation, berichten in Deutschland tätige Mediziner.

Das iranische Gesundheitssystem ist marode. Nur 900 Krankenhäuser gibt es im Iran, und 55 Prozent davon seien veraltet, sagt selbst das iranische Gesundheitsministerium. Viele Gesundheitszentren und öffentliche Krankenhäuser seien seit über 50 Jahren in Betrieb, erklärte kürzlich der iranische Gesundheitsminister Hassan Ghazizadeh Hashemi. Dazu kommt der Bettenmangel: Im privaten und öffentlichen Sektor zusammen gibt es im Iran nur 5,1 Krankenhausbetten pro 1.000 EinwohnerInnen. Um den tatsächlichen Bedarf zu erfüllen, bräuchte das Land 60.000 neue Betten. Zudem fehlt es an 80.000 KrankenpflegerInnen.

„Schleichender Tod“

Die mangelnde Qualität der Pflege bedeute für viele PatientInnen den “schleichenden Tod”, warnte bereits der iranische Hohe Rat für Krankenpflege. Allein auf den Intensivstationen iranischer Krankenhäuser fehlen 10.000 Betten, vor allem aber moderne Ausrüstung. Amir Ali Savadkouhi, Chef der Wissenschaftsgemeinde der Intensivstationen, sagt, um die Probleme zu lösen, brauche es Geld und die Abschaffung von Importhindernissen. Zu den aus Geldnot resultierenden Mängeln kommen Probleme wie mangelnder Versicherungsschutz der PatientInnen und Privatisierungen im Gesundheitswesen.

Trotz vieler kompetenter Ärzte verhindert dies oft, dass PatientInnen im Iran die Behandlungen bekommen, die sie tatsächlich brauchen. Der Regierung fehlt es an Geld, um Geräte oder Gebäude zu erneuern. Sie hofft auf die Hilfe ausländischer und privater Investoren, um die Probleme im Gesundheitssektor zu lösen und neue Gesundheitszentren aufzubauen. Zwar sucht die jetzige iranische Regierung bei ausländischen Ärzten und ExpterInnen nach Anregungen und Hilfe zur Verbesserung des Gesundheitssystems – und es gibt bereits mehr oder weniger funktionierenden Austausch. Aber auch der findet seine Grenzen in bestehenden Problemen im und um den Iran und sein Gesundheitswesen.

Austausch mit Grenzen

Allein auf den Intensivstationen iranischer Krankenhäuser fehlen 10.000 Betten
Allein auf den Intensivstationen iranischer Krankenhäuser fehlen 10.000 Betten

Das hat etwa der in Deutschland lebende iranstämmige Zahnarzt Dr. Amir Hossein Nahali erfahren. In seiner Kölner Praxis, berichtet Nahali im Gespräch mit Iran Journal, machten derzeit drei junge iranische Zahnärzte ein Praktikum, die sich an der Bonner Universität weiterbildeten. Doch der Nutzen der Praktika habe Grenzen, meint der Zahnarzt: „Hier machen sie sich mit modernen Methoden vertraut, aber das Problem ist, dass es gut ausgestatte Zahnarztlabore wie in Deutschland im Iran selbst in Teheran nicht gibt.“

Ein Kollege von ihm sei vor zwei Jahren in den Iran zurückgekehrt und habe dort eine Zahnarztpraxis eröffnet: „Er klagt über die niedrige Qualität der Arbeit der Labore dort, die primitiv und alt seien“, so Nahali. Genutzt werde nicht standardisiertes Material aus China, es fehle an vertrauenswürdigen Lieferanten, die Originalprodukte lieferten: „Viele Zahnärzte sagen, dass die Krankenversicherungen für ihre Leistungen zu wenig bezahlen, um die Ausstattung ihrer Praxen mit modernen Geräten rentabel zu machen.“

Auch die internationalen Sanktionen behinderten das, hat der Zahnarzt erfahren: Vor zwei Jahren habe er mit einigen Kollegen versucht, ein japanisches 3D-Röntgengerät für eine Zahnklinik im Iran zu kaufen, berichtet Nahali. Doch da die dafür notwendigen Computer aus den USA stammten, hätten Sanktionen den Kauf verhindert.

Orientiert auf „schnellen Gewinn“

Zwar sind die Sanktionen mittlerweile teilweise aufgehoben und gerade deutsche Firmen an Exporten in den Iran interessiert. Doch auch der hohe Preis moderner Geräte sei ein Hindernis, so der Zahnarzt: „Die Gesundheitsindustrie im Iran ist auf schnellen Gewinn orientiert.“ Viele Ärzte zögen es deshalb vor, mit älteren Geräten zu arbeiten, um weniger Kosten auf ihre Patienten umlegen zu müssen: „Die würden sie sonst verlieren.“

Schlechte Medikamente, fehlende Nachsorge

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