Einschulung in einstürzende Altbauten

Lehren an staatlichen Schulen ist einer der schlechtbezahltesten und anstrengendsten staatlichen Berufe im Iran. Forderungen nach Verbesserung und Angleichung der Gehälter an die anderer Beamter erwidert das Regime allerdings mit eiserner Faust.
Laut der Internationalen Kampagne der Menschenrechte im Iran wurden seit 2009 mehrere Lehrer und Mitglieder der Lehrergewerkschaft ITTA (gegründet 1999) festgenommen und zu vier bis 15 Jahren Haft verurteilt. Sie haben ihre Strafen entweder verbüßt oder sind gegen hohe Kautionen freigelassen worden. Viele haben es allerdings schwer, nach der Freilassung zu ihrer Tätigkeit zurückzufinden. Mindestens zwei Lehrer wurden aus politischen Gründen hingerichtet, mindestens sieben weitere nach dem Absitzen eines Teils ihrer Haftstrafen von ihrem Wohnort vertrieben. Das sind jedoch nur die bekannten Fälle.
Zudem würden Lehrer gezwungen, in Frührente zu gehen oder durch Gehaltskürzungen finanziell unter Druck gesetzt, sagte der Generalsekretär der Lehrergewerkschaft, Esmail Abdi, der Internationalen Kampagne der Menschenrechte im Iran. Abdi selbst kam Mitte Juni nach 16 Tagen Hungerstreik gegen eine hohe Kaution frei und wartet auf das Urteil des Revisionsgerichts.
Die Lage habe sich im Vergleich zur Ahmadinedschad-Ära zwar deutlich verbessert, es gebe jedoch immer noch Schwierigkeiten, stellt der Zivilgesellschaftsaktivist Ahmad Medadi fest. Die Behörden versuchten, statt eines juristischen einen „dosierten sicherheitstechnischen Druck“ auszuüben, so das frühere Mitglied der Lehrergewerkschaft. AktivistInnen würden aufgrund ihrer Tätigkeit ermahnt.
Andere Sorgen

Eine Schulklasse im Dorf Polan in der Provinz Sistan und Belutschistan im Südosten des Landes. Trotz der regionalen Bodenschätze wie Gold, Diamanten, Silber und Kupfer gilt die Bevölkerung dieser Provinz als sehr arm. za
Eine Schulklasse in der Provinz Sistan und Belutschistan

Die islamischen Machthaber haben in Sachen Bildung andere Sorgen. Wiederholt hat Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei vor einer „Kulturinvasion“ gewarnt, mit der „der Feind“ versuche, sich ins Land einzuschleusen. Die „Anpreisung westlicher Werte“ durch das Erlernen der englischen Sprache etwa verbreite „die fremde Kultur unter Kindern und Jugendlichen“, so Khamenei Anfang Mai.
Aus all diesen Gründen bleibe das iranische Bildungssystem ineffizient, meinen Kritiker. Sie kritisieren den Lernstoff als überholt und unzureichend. Dem Nachwuchs würden keine sozialen Kompetenzen beigebracht, kein Miteinander und keine Zivilcourage, kritisiert etwa der Ökonom Mohsen Ranani. Dies führe zu Isolation, sozialen Konflikten und Frustration – viele EliteschülerInnen wanderten deshalb aus oder zögen sich zurück. Die Wirtschaft verliere in beiden Fällen die Kompetenzen der Eliten, so Ranani Ende September bei der Konferenz „Pathologie der Eliteklasse im Iran“ in der Stadt Isfahan.
Während das Bildungsministerium und mit ihm das moderne Bildungssystem seit Jahren in einer chronischen Finanzmisere stecken, scheinen die theologischen Schulen und das religiös-traditionelle Bildungssystem, aber auch die staatlichen Propagandastiftungen nicht unter solchen Engpässen zu leiden.
  IMAN ASLANI
Moallempress berichtet täglich auf Persisch über die Situation der Lehrer und Schulen im Iran.
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