The Case, 45cm x 40cm, oil on canvas, 2016
Myriam Quiel gehört zu den wenigen KünstlerInnen, bei denen der Transfer vom ‚Westen‘ in den Iran stattgefunden hat. Sie beteiligte sich an einigen Gruppenausstellungen und zeigte ihre Arbeiten in Einzelausstellungen in prominenten Teheraner Galerien. Parallel dazu entwickelte sie in Teheran eine Produktivität, die in quantitativer und vor allem qualitativer Hinsicht beachtlich ist.
It Will Never Be The Same, 200cm x 160cm, oil on canvas 2014
In ihren Bilder, vor allem Ölbilder - daneben Arbeiten auf Papier und Skulpturen - hat sie Narrative entwickelt, die sich über viele Erfahrungsfelder verteilen, die nicht von der Dominanz einer einzigen Kultur geprägt sind, und die ihre Kunst in einen Bereich rücken, der sich dem Repräsentativen entzieht.
Facelook IV, 160cm x 200cm, oil on canvas, 2014
Nimmt man die montagehafte Anhäufung von Gegenständen, Dingen und Situationen, die in Myriam Quiels Bilder eingeschrieben sind, sieht man, dass sie weniger aus begrifflichen Abstraktionen und übergeordneten Differenzkriterien abgeleitet sind als aus fluid Metaphorischem und ebenso fluid Metonymischem, dass sie an Vorstellungen gebunden sind, deren Messbarkeit schwer zu bewerkstelligen ist - es sind Erinnerungen, Begegnungen, Wünsche, Träume.
All About Us, 160cm x 200cm, oil on canvas, 2014
Die montagehaften Einschreibungen der dargestellten Dinge ins Bild gehen Beziehungen ein, sie verdecken sich, überlagern sich, in ihren Berührungen erst kommen sie zu sich, transformieren, gehen ein Spiel ein, für sich, miteinander, gelegentlich lösen sie sich auf, nichts beharrt in einem erratischen Für-Sich-Sein.
Missed Call, 200cm x 140cm, oil on cavcas, 2015
Und weiter: Jedes Ding ist Anspielung, eine fragmentarische, partikulare Existenz erhält es im Bild, die im weiteren, in der Weise, sie zu malen, einem jeden Ding seinen eigenen Realitätsgrad zukommen lässt, eine Unsumme an Wirklichkeitseffekten tummelt sich auf dem Bild - es ist, wie auf einem von Quiels Bildern fast lakonisch irgendwo an den unteren Rand geschrieben, das Experiment, das radikale Experiment malerischer Kombinatorik. Und diese Kombinatorik versetzt die Dinge an den Rand, selbst dort, wo sie ins Zentrum des Bildes geschoben sind, weil sie nur am Rand zu ihrer Existenz kommen, dort, wo sie ein Hinzukommendes sind zu einem anderen. Sie sind dort nicht als Wesen gefasst, als ein bis zum Kern Ausgelotetes, sondern in dem Abstand gehalten, wo sie eine Ahnung entfalten, welche Dringlichkeit sie besitzen, auch welche Illusion sie dabei entfalten, wo sie ein Ritual des Alltäglichen sind.
Just Like We Are, 120cm x 90cm, oil on canvas, 2015
Es gibt eine Reihe von Bildern von Myriam Quiel, bei denen wir uns als Betrachter einem Publikum gegenüber befinden. Der Betrachter blickt auf das Publikum wie von einer Bühne aus, von der wir nicht wirklich wissen, was auf ihr geschieht. Dieses Publikum hat etwas Festliches, es strahlt eine Erwartung aus, der Betrachter steht auf der Bühne, wie die Malerin auf der Bühne steht, und die Frage erhebt sich, was jetzt passieren wird.
Can‘t Figure Out This Place, 90cm x 120cm, oil on canvas, 2015
Dabei ist alles schon passiert, als befänden wir uns in einem Nachzustand, einem Post-Modo, einer zeitlichen Verschiebung, in die wir immer schon zu früh und auch zu spät hineingeraten sind - Lyotard formuliert das irgendwo als „das Paradox der Vorzukunft“ -, weil wir unseren Text nicht können, nicht wissen oder ganz einfach das Leben nicht beherrschen. Aber der Bühne, dem Betrachter, ist noch etwas anderes zugeschrieben, eine weitere Möglichkeit, neben diesem fast übermächtigen Bild eines annähernd notwendigen Scheiterns: das Wagnis der Bilder selbst.
Oasis, 90cm x 120cm, oil on canvas, 2015
Die kurzen Augenblicke des Glücks mögen an Wünsche gebunden sein, an den Abgleich mit Wünschen, an eine Koinzidenz von Vorstellungen mit einer spezifischen Konstellation der Wirklichkeit. Beginnt man diese Vorstellungen, Wünsche, Bilder, Traumbilder zu sammeln, zusammenzutragen, anzuhäufen, selbst und gerade dort, wo diese sich aus einem individuellen Kosmos ergeben, zeigt sich eine Ahnung, dass es auch das Gegenteil sein kann, dass Wünsche einen Sog von Verfehlungen erzeugen können, dass das Glück auch das Unglück sein kann. Irgendwo zwischen Wagnis und Trauer ließe sich das Quielsche Experiment ansiedeln.
Beauty 3, 50cm x 40cm, oil on canvas, 2013
Begegnet man den Bilder von Myriam Quiel in Teheran, so erhält unser Verhältnis zu den Dingen die verschärfte Präsenz, ihm eine allgemeinere Spielart zuzugestehen und den Dingen selbst ihre weitläufigen Geschichten zu belassen.
Auswahl und Text: Christoph Sehl - sehl@iranjournal.org
Myriam Quiels Homepage: http://myriamquiel.com
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