Ölproduktion: Militär gewinnt an Einfluss

Immer öfter werden Verträge zwischen dem  iranischen Ölministerium und der Revolutionsgarde beschlossen. Ein Tendenz, die das Milliardengeschäft mit dem Öl immer stärker  in die Hände der militärischen und paramilitärischen Kräfte des Landes rücken lässt.
Die Regierung in Teheran ist fest entschlossen, in Sachen Ölindustrie mehr Unabhängigkeit vom Westen zu gewinnen. Der Grund: der Beschluss der Europäischen Union, den Import von Erdöl aus dem Iran ab Sommer 2012 zu stoppen, der auch einige große Importeure wie Japan, Indien und China dazu brachte, ihre Öl-Einfuhr aus dem Iran zu reduzieren. Einige Schritte zu einer größeren Selbständigkeit wurden bereits unternommen: indem etwa Aufträge für gigantische Ölprojekte nicht an ausländische Firmen, sondern an iranische Unternehmen gingen. Darunter befinden sich auch Firmen, die zum ökonomischen Zweig der iranischen Revolutionsgarde gehören.
In der vergangenen Woche berichteten iranische Nachrichtenagenturen über einen Kooperationsvertrag zwischen dem Ölministerium und der Basiji-Organisation. Die Basiji-Miliz ist eine militärische angebliche Freiwilligenorganisation zur Unterstützung der islamischen Regierung. Sie gehört zu den wichtigsten Zweigen der iranischen Revolutionsgarde. Den Berichten zufolge wurde in dem Vertrag in zehn Absätzen eine Zusammenarbeit bei der Beschleunigung der Selbständigkeit der Ölindustrie vereinbart.
Der Kommandant der Basiji-Miliz, Mohammadreza Naghadi, sagte dazu, nun würden „Ingenieure und Experten, die der Basiji-Miliz angehören, ihren Job ebenso tun wie ihre Weggefährten, die einst im Iran-Irak-Krieg ihr Land verteidigt haben“.

Immer weniger ausländische Firmen sind bereit, Tanker zu versichern, die iranisches Erdöl transportieren. - Foto: irdiplomacy.ir
Immer weniger ausländische Firmen sind bereit, Tanker zu versichern, die iranisches Erdöl transportieren. - Foto: irdiplomacy.ir

Am 23. Mai wurden drei Verträge zwischen dem iranischen Ölministerium und den zwei Organisationen „Khatam el-Oussia“ und „Sata“ beschlossen. Dabei ging es um die drei iranischen Ölfelder „Bande Karkheh“, „Tusan“ und „Alfa“ und einen Auftrag in Wert von 1,3 Milliarden Dollar. In einer ersten Phase sollen zwei Ölbohrplattformen konstruiert und acht Bohrinseln ins Meer gesetzt werden. „Khatam el-Oussia“ ist eine der mächtigen Holdings der Revolutionsgarde und „Sata“ gehört zum wirtschaftlichen Zweig der iranischen Armee.
Das „Tusan“-Ölfeld  befindet sich südwestlich der iranischen Insel Gheshm im Persischen Golf. Jahrelang wurde dort die Ölforderung vom brasilianischen Mineralölunternehmen Petróleo Brasileiro durchgeführt. Nach Expertenmeinung verfügt „Tusan“ über bis zu 400 Millionen Barrel Erdöl, etwa 25 Prozent davon förderbereit. Aus dem „Alfa“-Ölfeld könnten täglich bis zu 10.000 Barrel Erdöl gefordert  werden. Die Raffinerie liegt bei der iranischen Insel Lavan im Persischen Golf achtzehn Kilometer entfernt von der südlichen Küste des Irans.
Erdölgeschäft wird mühsamer
Das iranische Ölministerium kann mit seinen neuen nationalen Geschäftspartnern aber nur einen Teil seiner gegenwärtigen Probleme lösen. Die Schwierigkeiten beim Öl-Export und dem Geschäft mit ausländischen Käufern bleiben zunächst bestehen.
Seitdem die Europäische Union beschlossen hat, ab Juli 2012 ein Öl-Embargo gegen den Iran durchzuführen, ist das Handeln mit dem schwarzen Gold für die Iraner schwerer geworden. Ein weiterer Grund ist die Ausweitung der internationalen Sanktionen gegen den Iran auf dem Finanzsektor, durch die immer weniger ausländische Firmen bereit sind, Tanker zu versichern, die iranisches Erdöl transportieren.
Laut dem Ölmarktbericht der amerikanischen Energy Information Administration (EIA) hat der Iran in den Monaten März und April etwa 3,5 Millionen Barrel Öl gefördert und davon rund 1,7 Millionen für den Eigenbedarf verbraucht. Zudem soll Irans Ölproduktion durch Sanktionen um etwa 400.000 Barrel zurückgegangen sein.
Während der iranische Ölminister Rostam Ghasemi die negativen Auswirkungen der internationalen Sanktionen auf die iranische Ölindustrie leugnet, bestätigt die iranische Notenbank in ihrem aktuellen Bericht, dass die Ölproduktion sich 2011 um 500.000 Barrel am Tag verringert habe.
Einen Ausweg bietet möglicherweise das nächste Atomgespräch zwischen der Gruppe  5 + 1  und dem Iran. Dort könnte das ab Juli verhängte Öl-Embargo nach hinten verschoben werden. Die Gruppe 5 + 1 besteht aus den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und Deutschland und wird sich am 18. und 19. Juni erneut zu Verhandlungen über das iranische Atomprogramm in Moskau treffen. Berichten zufolge haben derweil auch viele internationale Transportunternehmen ihre Zusammenarbeit mit dem Iran vorläufig auf Eis gelegt, da sie sich vor möglichen finanziellen Schäden infolge der Sanktionen schützen wollen.
FP