Gute Beziehungen zum Westen stärken den Iran

Warum die neue iranische Regierung unter Präsident Hassan Rouhani gute Beziehungen zu den USA anstrebt und was die Annäherung zwischen den beiden Staaten für andere Länder wie China und Russland bedeutet, beantwortet Mohammad Sadr, einer der wichtigsten Berater des iranischen Außenministers.
Trotz des Widerstands der Hardliner gegen den außenpolitischen Kurs des neuen moderaten iranischen Präsidenten Hassan Rouhani ist die Regierung bemüht, ihre Beziehungen zu den USA und zum Westen insgesamt auszubauen. Das Telefongespräch zwischen Rouhani und seinem US-amerikanischen Amtskollegen Barack Obama, die Bereitschaft des Iran, im Atomkonflikt für mehr Transparenz zu sorgen, und andere freundschaftliche Gesten der neuen iranischen Regierung seien erste Schritte zum Ausbau der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Beziehungen zum Westen, sagt Mohammad Sadr, Senior-Berater des iranischen Außenministers, in einem Interview mit der Zeitung Etemad. TFI dokumentiert Auszüge aus dem Interview:
Etemad: Wie beurteilen Sie die Folgen der Reden des iranischen Präsidenten vor der UN-Vollversammlung und die Atomverhandlungen in Genf?

Mohammad Sadr: Politische Beziehungen sind kein Ziel, sondern Basis für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Beziehungen!
Mohammad Sadr: Politische Beziehungen sind kein Ziel, sondern Basis für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Beziehungen!

Mohammad Sadr: In den vergangenen acht Jahren hat sich weltweit viel Negatives gegen den Iran angestaut. Die konfrontative Außenpolitik der Regierung Ahmadinedschad hat den Iran in die völlige Isolation gedrängt. Politische Beziehungen zu einflussreichen Ländern waren besonders getrübt. Die Rede vor der UN-Vollversammlung und auch die Genfer Atomverhandlungen waren wichtige Maßnahmen, das Image des Iran in der Welt in ein positives Licht zu rücken. Und sie waren sehr positiv. Man kann aber unmöglich die Missstände von acht Jahren in zwei Monaten wiedergutmachen.
Was ist die Zielsetzung der Außenpolitik der iranischen Regierung? Kann man durch Diplomatie alle Ziele erreichen?
Politische Beziehungen sind kein Ziel, sondern Basis für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Beziehungen.
Es existiert eine allgemeine Bereitschaft der Weltgemeinschaft, mit dem Iran gute Beziehungen aufzubauen, obwohl einige Länder, unter anderem Israel, dagegen sind. Was ist der Grund? Bei Nord-Korea etwa ist das nicht der Fall.
Der Iran ist ein sehr wichtiges Land mit internationalen Beziehungen. Geographisch liegt das Land zwischen drei Kontinenten: Europa, Asien und Afrika. Das zeichnet den Iran als Forum der Kommunikation zwischen diesen Kontinenten aus. Ein weiterer Punkt ist die zentrale Lage des Iran im Mittleren Osten, der zurzeit als wichtigster Brennpunkt der Weltpolitik gilt. Bis vor ein, zwei Jahren war der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern die größte Herausforderung der Weltdiplomatie. Durch die Demokratiebewegungen und Aufstände gegen Diktaturen in arabischen Ländern hat die Region mehr an Bedeutung gewonnen. Durch den Einfluss des Iran auf diese Bewegungen gewinnt die Regierung in Teheran mehr Bedeutung – nicht nur für die Region um den Iran herum inklusive Irak und Afghanistan, sondern für alle islamischen Länder. Am wichtigsten ist die Stellung des Iran als Erdölproduzent und einflussreiches Mitglied der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC). Ein anderer geographischer Aspekt ist, dass der Iran das gesamte Nordufer des Persischen Golfs besitzt. Das ist ein strategisch wichtiges Gebiet für die ganze Welt. Deshalb ist es wichtig, wer im Iran regiert und ob diese Regierung mit der Weltgemeinschaft harmoniert.
Was bewegt die USA, auf den Iran zuzugehen? Inwieweit ist dieses Interesse von der Person Obama oder der Demokratischen Partei abhängig?
Irans Außenminister Mohmmad Javad Sarif und sein britischer Amtskollege William Hague - Foto: www.yjc.ir
Irans Außenminister Mohmmad Javad Sarif und sein britischer Amtskollege William Hague – Foto: www.yjc.ir

Herr Obama unterscheidet sich sehr von George W. Bush Junior. Während eines Zeitabschnitts wurde die Welt von radikalen Regierungen beeinflusst. Bush Junior in den USA, Netanjahu in Israel, Sarkozy in Frankreich und Ahmadinedschad im Iran waren sich sehr ähnlich. In Wirklichkeit bestärkten sie einander, obwohl sie einander nicht zugeneigt waren. Bis auf Netanjahu wurden die anderen durch bessere Politiker ersetzt. Im Gegensatz zu Bush ist Obama weise. Und die Demokratische Partei in den USA ist intellektueller als die Republikaner. Schon nach seinem Amtsantritt sandte Barack Obama eine Nachricht an den Iran, aber der damalige Präsident Ahmadinedschad hatte keine Antworten für diese Annäherung. So hat die Weltgemeinschaft erkannt: Solange Ahmadinedschad an der Regierungsspitze steht, wird der Ausbau der Beziehungen mit dem Iran nicht möglich sein.
Wie stehen wichtige Länder wie Russland, China und die EU zu einer engen Beziehung zwischen dem Iran und den USA?
Diese Länder konkurrieren miteinander. Daher freuen sie sich nicht, wenn ihre Konkurrenten guten Zugang zum iranischen Markt finden. Auch wenn China, Russland, die EU und die USA nicht ideologisch oder politisch miteinander konkurrieren, sind sie auf dem Gebiet der Ökonomie Konkurrenten. Sie, aber auch Israel und einige arabische Länder, die sich als Rivalen des Iran verstehen, mögen es nicht, dass der Iran mit den USA und dem Westen gute Beziehungen pflegt. Denn das würde die Position des Iran stärken.
Aus dem Persischen: Said Shabahang