Brot? Unbezahlbar!

Die Preise für viele Lebensmittel sind im Iran in schwindelerregende Höhen gestiegen. Einige Produkte wurden im Laufe eines Jahres um bis zu 254 Prozent teurer. Jetzt ist sogar das wichtigste Grundnahrungsmittel betroffen: Brot. Neben Politikern und Wirtschaftsexperten sprechen nun auch Geistliche das Thema an.

Es ist ein martialischer Vergleich, den Gholamali Naiemabadi bemüht, um auf das Problem der explodierenden Preise für Nahrungsmittel aufmerksam zu machen. „Das Tempo, mit dem bei uns die Preise steigen, ist rasanter, als die Kampfflugzeuge des Typs Phantom fliegen können“, sagte der Freitagsprediger der südiranischen Hafenstadt Bandar Abas. Den Verantwortlichen wirft er Ignoranz vor. Sie müssten sich mit den Ursachen für die Verteuerung beschäftigen.

Transparency for Iran

Naiemabadi ist einer von vielen iranischen Geistlichen, die mittlerweile offene Kritik wegen der gestiegenen Preise üben. Ebenso verärgert ist Ebrahim Amini, Freitagsprediger der iranischen Stadt Ghom. Die Situation sei aus den Fugen geraten, sagte er, und machte „wirtschaftliche Fehlentscheidungen“ mancher Führungskräfte dafür verantwortlich. Im Iran haben Freitagsprediger, die für das öffentliche Gebet in ihrer Stadt verantwortlich sind, einen starken politischen Einfluss, da sie als Vertreter des religiösen Führers Ayatollah Ali Khamenei in ihrer Stadt eingesetzt sind. Vor diesem Hintergrund sind die kritischen Äußerungen besonders bemerkenswert.
Preissteigerungen von bis zu 245 Prozent
"Aufzählung der Lebensmittel, deren Preise in diesem Jahr gestiegen sind".
"Aufzählung der Lebensmittel, deren Preise in diesem Jahr gestiegen sind".

Verwundern können sie allerdings nicht, denn die Preissteigerungen sind enorm. Nach aktuellen Angaben der iranischen Zentralbank von Ende Mai sind die Preise in über elf Lebensmittel-Kategorien um 7 bis 245 Prozent gestiegen. Die Preise für Milchprodukte sind danach im vergangenen Jahr um 48,3 Prozent gestiegen, die Preise für Gemüse um 100 Prozent. Fleisch verteuerte sich um 49,6 Prozent, Obst um 55,5 Prozent. Die Zentralbank hatte mehr als ein Jahr lang keine Angaben zu gestiegenen Preisen gemacht.
Mehlfabrikanten verweigerten die Lieferung
Nun soll auch noch das Brot teurer werden – als direkte Folge des Preisanstiegs beim Weizenmehl. Um 29 Prozent stieg der Mehlpreis nach offiziellen Angaben: Eine Tonne Mehl kostet statt 200 Euro nun 260 Euro.
Die Steigerung führte in der vergangenen Woche zu skurrilen Vorgängen. Das iranische Nachrichtenportal Ghods Online berichtete, mehrere Mehlfabrikanten hätten sich geweigert, Mehl an Bäckereien zu liefern. Angeblich wollten sie die neuen Preise abwarten. Ghods Online vermutete, dass die Brotpreise sogar um 40 Prozent teurer werden könnten. Mehrere Bäckereien in iranischen Provinzen wie Kerman oder Gilan haben nach einem Bericht der Nachrichtenagentur MEHR den Verkaufspreis von Brot bereits um 30 Prozent erhöht, obwohl eine offiziell bestätigte Preisliste noch aussteht.
Können Subventionen helfen?
Ob staatliche Subventionen helfen können, ist unklar. Die Zeitung Donyaye Eghtesad („Welt der Wirtschaft“) berichtet, die Regierung plane bereits Subventionen in Höhe von etwa 2,2 Milliarden Euro für die Brotherstellung.  Davon sollen etwa 722 Millionen Euro direkt den Landwirten zugute kommen, der Rest den Verbrauchern. Dadurch würde jeder Iraner etwa 2,20 Euro pro Monat als staatliche Hilfe für den privaten Bedarf an Brot erhalten. Experten zufolge reicht das allerdings bei weitem nicht aus. Schließlich gehöre Brot im Iran zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln und der Verbrauch liege viel höher. Jährlich kauft jeder Iraner durchschnittlich 160 Kilogramm – wesentlich mehr als ein Europäer mit 68 Kilogramm.
Auf der anderen Seite droht allerdings eine hohe Inflationsrate, vor der die Zentralbank nun warnt. Um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen, wird das neue iranische Gesetz zum Abbau von Subventionen umgesetzt, die wiederum für viele Preiserhöhungen verantwortlich sind.
Durch die teureren Preise ist der Lebensstandard bereits stark gesunken – während die Gehälter der meisten Angestellten und Arbeiter in den vergangenen zwei Jahren nicht der Inflation angepasst wurde. So wächst das wirtschaftliche Gefälle zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Schichten immer mehr.
FP