Bei der „Gas-OPEC“ wird konkurriert, nicht koaliert

Auf dem ersten offiziellen Treffen des Forums Gas exportierender Länder in Doha fehlte Irans Präsident Mahmoud Ahmadyneschad. Er wurde von Ölminister Rostam Ghasemi vertreten. Experten sehen in der Abwesenheit Ahmadynedschads bei dem Treffen eine politische Demonstration. TFI sprach darüber mit Reza Taghizadeh, Experte für internationale Gas- und Erdölbeziehungen.
TFI: Herr Taghizadeh, trotz Vorankündigung hat Präsident Ahmadynedschad nicht an der Sitzung der Forums Gas exportierender LänderGECF in Katar teilgenommen. Warum nicht?

Reza Taghizadeh: Erstens: Der Iran spielte eine Nebenrolle in den letzten Entscheidungen der Gas-OPEC. Katar und Russland haben den Iran längst überholt. Dies stößt in der islamischen Republik auf Unverständnis und Unzufriedenheit. Die iranische Regierung hatte schon zuvor ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht.
Der zweite Grund, meiner Meinung nach stärker und relevanter als der erste, ist die Parteiergreifung der arabischen Länder gegen Syrien, den strategischen Verbündeten des Iran in der Region. An vorderster Front dabei steht der Außenminister Katars. Sehr wahrscheinlich haben die Warnungen der arabischen Liga und der Zusammenschluss der Türkei mit den arabischen Ländern, die den Druck auf Bashar al Assad erhöhen wollen, damit die Unterdrückung in Syrien aufhört, zur Unzufriedenheit Irans geführt. Man kann davon ausgehen, dass mit der Abwesenheit von Ahmadynedschad diese Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht wurde.
Welche Vorteile hätte die Teilnahme Ahmadynedschads am Forum in Doha haben können?
Keine! Seine Abwesenheit hat keine wichtigen Auswirkungen und beeinflusst die Entscheidungsfindung des Forums nicht. Sicher ist aber, dass solche Sitzungen gewöhnlich eine willkommene Tribüne für seine Reden und Parolen sind.
Die PR-Abteilung des Erdölministeriums ließ veröffentlichen, dass Ahmadynedschad an der Konferenz teilnehmen und eine Rede halten wird. Der Erdölminister Rostam Ghasemi berichtete der Nachrichtenagentur Fars gegenüber jedoch, dass Ahmadynedschad zwar gerne am Forum teilgenommen, es aber nicht geschafft hätte. Was ist der Grund für solche widersprüchlichen Nachrichten?

Reza Taghizadeh
Reza Taghizadeh

Die Antwort auf diese Frage könnte sein, dass jemand anderes Ahmadynedschad die Entscheidung abgenommen hat. So wie es aussieht, hat er tatsächlich die Absicht gehabt, am Forum teilzunehmen, wurde aber von einer ranghohen Persönlichkeit davon abgehalten. Diese Persönlichkeit kann kein anderer als Ayatollah Khamenei gewesen sein.
Kann das Gas-Kartell GECF eine vertrauenswürdige Institution im Finanz- und Exportsektor werden?
Nein! Aus einem einfachen Grund: Die Entscheidung Russlands und des Iran zur Bildung dieses Organs war von Anfang an eine politische und keine wirtschaftliche.
Welche Vorteile könnte das Ausscheiden des Iran aus dem Forum für Russland und Katar haben?
Katar und Russland wollen die Gasriesen der Welt werden. Sie konkurrieren um die Nahostmärkte, und beide wollen den Iran daran hindern, sein Gas in europäische Länder zu exportieren. Russland wird versuchen, den Iran dazu zu bringen, den Gasproduktionsüberschuss an asiatische Länder zu verkaufen. Die ganze Anstrengung Russlands in der Gas-OPEC besteht darin, langjährige Verträge aufrechtzuerhalten und zu erweitern. Im Wesentlichen besteht also keine Zusammenarbeit unter den Gas exportierenden Ländern. Zudem sind die jeweiligen Technologien nicht auf dem gleichen Stand. Da die Gründung des Gas-Forums politisch motiviert war, schafft das Forum es nicht, die wirtschaftliche Komponente zu stärken. Letztlich wird die Bedeutung des Forums von den Mitgliedern je nach politischen Gegebenheiten als wichtig oder weniger wichtig dargestellt.
Interview: Mahindokht Mesbah
 
Zusatzinformationen:

Russland und Katar gehören zu den Hauptkonkurrenten des Irans unter den Gasexportländern. Sie dominieren den Markt und teilen sich den Vorsitz des GECF.
Der Iran besitzt zwar 18 Prozent der Erdgasvorkommen der Welt und damit nach Russland die weltweit zweitgrößte Gasreserve. Dennoch deckt er nur ein Prozent des weltweiten Gasbedarfs.
Die Bildung der GECF wurde 1996 vom iranischen Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei vorgeschlagen. Zu ersten Beratungen trafen sich die Mitglieder des Forums 2001 in Teheran. Das erste offizielle Treffen des Forums fand am 15. November 2011 in Doha statt. Das Forum hat 12 Mitglieder: Ägypten, Algerien, Bolivien, Iran, Katar, Libyen, Neuguinea, Nigeria, Oman, Russland, Trinidad/Tobago und Venezuela. Norwegen, Holland und Kasachstan haben Beobachterstatus. Turkmenistan, das Land mit den viertgrößten Gasvorkommnissen der Welt, gehört dem Forum nicht an.