Ahmadinedschad kritisiert die Revolutionsgarde
Die Aufgabe der iranischen Revolutionsgarde besteht eigentlich in der Verteidigung der Werte der islamischen Revolution und des islamischen Regierungssystems des Irans. Doch längst beherrscht die Garde die Wirtschaft des Landes. Und auch in der Medienlandschaft und so genannten „regierungsunabhängigen“ Organisationen mischt sie mit. Das löst sogar den Protest von Präsident Mahmud Ahmadinedschad aus.
Als sich die iranische Revolutionsgarde Sepah jüngst sogar in die Vorstandswahl des iranischen Dachverbands der Mediziner und Pharmazeuten (Medical Council of Islamic Republic of Iran – MCI) einmischte, wurde es dem Präsidenten selbst zuviel. Der MCI sei eine regierungsunabhängige Organisation und solle das auch bleiben, sagte Mahmud Ahmadinedschad am Mittwoch vor Journalisten. Die Sepah hatte die Kandidaten von ihrer Geheimdienstabteilung überprüfen lassen und einige Bewerber abgelehnt.
Der MCI sollte seinen Vorstand selbst bestimmen können, forderte Ahmadinedschad: „Jede Einflussnahme von außen, besonders seitens der Sepah, ist gesetzeswidrig“.
Der langsame Aufstieg zur Wirtschaftsmacht
Eigentlich ist die Sepah eine 130.000 Mann starke Armee, die nach der islamischen Revolution 1979 gegründet wurde. Sie existiert neben der regulären Armee des Irans, deren Aufgabe in der Verteidigung der Landesgrenzen und der Verfassung besteht. Der Auftrag der Revolutionsgarde lautet dagegen, die Werte der islamischen Revolution und die islamische Basis des iranischen Regierungssystems zu schützen. Seit ihrer Gründung haben sich ihre Zuständigkeiten und Befugnisse allerdings ständig erweitert. Mittlerweile kontrolliert die Sepah wesentliche Teile der iranischen Industrie, vor allem im Bau-, Öl- und Gassektor, aber auch im iranischen Atomprogramm.
Und bereits seit den 90ern weitet die Garde ihre Aktivitäten auch auf dem Medienmarkt aus. In den vergangenen Jahren hat sie sich dort zu einem aggressiven Akteur entwickelt. Die Beteiligung an Medien ist zu einem wichtigen Baustein der institutionellen Strategie der Sepah geworden, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Kontrolle über Medien und deren Inhalte zu übernehmen und so die Verbreitung traditionellen Gedankenguts voranzutreiben.
Medienaktivitäten der Sepah
Ayatollah Ali Khamenei, als „Revolutionsführer“ und religiöses Oberhaupt des Iran auch Oberbefehlshaber der Sepah, vergrößerte deren Einfluss in der Medienlandschaft, indem er das leitende Sepah-Mitglied Hossein Schariatmadari als seinen Vertreter in das Kayhan-Institut, eine große und einflussreiche Verlagsgruppe, entsandte und ihn gleichzeitig zum Chefredakteur der Hardliner-Tageszeitung Kayhan machte. Zudem ernannte Khamenei Mohammad Hossein Saffar Harandi, den ehemaligen Leiter des Sepah-Büros für politische Angelegenheiten, zum Herausgeber von Kayhan. Damit steht die konservative und einflussreiche Zeitung nun im zweiten Jahrzehnt unter der Leitung führender Sepah-Mitglieder.
Dass um die Wahl des reformorientierten Politikers Mohammad Khatamis zum Präsidenten im Jahr 1997 zahlreiche reformistische Zeitungen entstanden waren, hatte den Zorn der islamischen Hardliner um Revolutionsführer Khamenei auf sich gezogen. Dies führte im Jahr 2000 nicht nur zum Verbot dutzender Publikationen und der dramatischen Repression reformorientierter Aktivitäten. Die Revolutionsgarde konnte die Situation für den Ausbau ihrer eigenen Aktivitäten nutzen. Sie gründete die Tageszeitung Javan. 2009 folgte Javan-Online – eine Webseite, die mit unorthodoxen Inhalten überraschte wie etwa einem Bericht über Krankenhäuser, die sich weigerten, verletzte Basij- und Sepah-Milizionäre zu behandeln. Im Jahr 2000 gründete die Sepah dann mit der Fars News Agency ihr einflussreichstes Medienorgan. Die Nachrichtenwebsite Basirat veröffentlicht Nachrichten und Analysen über interne Angelegenheiten der Sepah und Basij.
Die Proteste nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009 und die Entstehung der „Grünen Bewegung“ schafften politische Veränderungen im Iran, die sich auch innerhalb der Sepah bemerkbar machten und zu internen Abspaltungen führten. Während sich die Organisation mit der Auslöschung der Oppositionsbewegung abmüht, wird an anderer Front ein Kampf gegen Ahmadinedschad ausgefochten, der nur noch von einer kleinen Fraktion innerhalb der Sepah unterstützt wird. Die unterschiedlichen Fraktionen bauten eigenen Websites und Nachrichtenagenturen auf, um ihre jeweilige Politik zu propagieren.
Die Zukunft der Sepah-Medien
Die im Juni anstehenden Präsidentschaftswahlen werden vor dem Hintergrund der internen Streitigkeiten die Medienstrategie der Sepah mit Sicherheit auf eine Probe stellen. Gerüchten zufolge hat Ali Khamenei die Sepah angewiesen, mit der Umsetzung ihrer Strategien bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode zu warten. Wie die Medienstrategie und die offizielle Politik der Sepah sich konkret gestalten, wird auch davon abhängen, welche Kandidaten zur Wahl stehen.
RM/FP