Empörung über das Urteil gegen Ex-Staatsanwalt
So lautet es nun, das Urteil für den ehemaligen Generalstaatsanwalt Teherans Saeed Mortazavi: Freispruch von der Anklage der Mitschuld am mutmaßlichen Mord an drei Insassen der Vollzugsanstalt Kahrizak, Verurteilung lediglich wegen falscher Berichterstattung zu einer Geldstrafe von umgerechnet etwa 60 Euro.
Die Vorgeschichte des Prozesses beginnt im Juni 2009: Die Präsidentschaftswahl im Iran endet mit dem umstrittenen Sieg Mahmud Ahmadinedschads. Hunderttausende IranerInnen demonstrieren gegen die Wahlergebnisse. Die iranische Regierung schlägt die friedlichen Proteste äußerst brutal nieder. Unter Einsatz von paramilitärischen Kräften und der Polizei werden auch viele Regimekritiker verhaftet. Einige der inhaftierten Männer werden im berüchtigten Kahrizak-Gefängnis untergebracht, gefoltert und nach Zeugenaussagen auch vergewaltigt. Drei der Inhaftierten sterben „aus unbekannter Ursache“: Amir Javadifar, Mohammad Kamrani und Mohsen Ruholamini.
Unter politischem Druck aus dem In- und Ausland wird ein Ermittlungsverfahren aufgenommen. Angeklagt wird der ehemalige Generalstaatsanwalt Teherans, Saeed Mortazavi. Die Anklage lautet: mutmaßliche Mitschuld an der Tötung der genannten Inhaftierten. Mortazavi war zuvor seines Amtes als Staatsanwalt enthoben und zum Chef des staatlichen Wohlfahrtsverbandes ernannt worden.
Nun gab das Gericht sein erstes Urteil bekannt: Freispruch in der Hauptanklage. Wegen illegitimer Verhaftungen wird Mortazavi für fünf Jahre vom Staatsdienst und für immer von Justizämtern suspendiert. Zudem muss er eine Geldstrafe von umgerechnet etwa 60 Euro bezahlen.
Welle der Empörung
Familienangehörige der Verstorbenen und InternetaktivistInnen reagierten mit harter Kritik auf das Urteil. Die meisten AktivistInnen der sozialen Netzwerke finden das Urteil als „zynisch“ und politisch motiviert. Ein iranischer Journalist, der nicht genannt werden möchte, sagte im Interview mit Transparency for Iran: „Mit diesem Urteil bestätigt die iranische Justizbehörde, wie sehr sie die Gerechtigkeit missachtet. Das Justizministerium macht deutlich, dass es seine eigenen Mitarbeiter bevorzugt und deckt, obgleich sie den Tod anderer verursacht haben. Für die Kläger, die mit öffentlichem Druck den Prozess ins Leben gerufen hatten, ist diese Gerichtsentscheidung ein Schlag ins Gesicht.“
Ebenso kritisch urteilt Abdolreza Tajik, ein weiterer iranischer Journalist. In einem Gespräch mit der persischen Website der Deutschen Welle hält er fest: „Die iranische Bevölkerung hält nicht viel vom Justizministerium. Seine Praktiken sehen die IranerInnen differenziert. Sie beobachten die Verhaftungen der vergangenen vier Jahre und wie die Menschen zu Haftstrafen verurteilt werden. Aus der Sicht der Bevölkerung aber sind es unschuldige Menschen. Umgekehrt gilt auch: Wenn ein hoher Staatsbeamte von der iranischen Justiz für unschuldig erklärt wurde, wie im Falle von Saeed Mortazavi, ist und bleibt in den Augen der IranerInnen schuldig.“ Tajik weist auf den Fall des Studenten Emad Behavar hin, der wegen regierungskritischer Schriften zehn Jahre ins Gefängnis muss, während Mortazavi mit 60 Euro Bußgeld davonkommt. Gegen das Gerichtsurteil kann Widerspruch eingelegt werden.
FP