Einblicke in die iranische Zivilgesellschaft
Mit „Inside Iran“ lädt der Verein Transparency for Iran zu seiner ersten großen Iran-Konferenz ein. Ab Donnerstag werden in Berlin an zwei Tagen namhafte Referenten aus verschiedenen Ländern über den Iran und die innenpolitische Situation des Landes diskutieren. Unterstützt wird die Tagung von der Bundeszentrale für politische Bildung. TFI sprach mit dem Organisator Resa Mohabbatkar über Ziele und Inhalte der Konferenz.
TFI: Herr Mohabbatkar, warum gerade jetzt diese Iran-Konferenz?
Resa Mohabbatkar: Wir wollen dem Iran-Diskurs im deutschsprachigen Raum einen anderen Fokus geben. Dazu gehört neben der redaktionellen Arbeit von TFI, also der Webseite, auch, Veranstaltungen, Tagungen, Konferenzen durchzuführen. Wir haben das Glück, dass die Bundeszentrale für politische Bildung dieses Jahr ihren Focus auf den Iran gelegt hat. Mit ihrer Unterstützung können wir diese zweitägige Konferenz stemmen. Und der Name der Konferenz, „Inside Iran“, sagt, worum es uns dabei geht: Wir wollen weg von der ausschließlichen Diskussion sicherheitspolitischer Fragen, die ja dominieren, wenn man über den Iran spricht, hin zu den internen Angelegenheiten: die wirtschaftliche Situation, die Zivilgesellschaft, die Menschenrechte, die Internetzensur. Wenn man ein Land verstehen möchte, zu einer Einschätzung kommen möchte, sollte man immer damit anfangen, die interne Situation des Landes zu verstehen. Dazu wollen wir mit dieser Konferenz einen Beitrag leisten.
Was wollen Sie erreichen?
Das Ziel unserer Arbeit ist, Möglichkeiten zu schaffen, sich abseits der aktuellen Nachrichtenlage konstant und kompetent über den Iran zu informieren. Wenn – wie in diesen Tagen – ein Bericht der Internationalen Aufsichtsbehörde für Atomenergie über den Iran veröffentlicht wird, steht das zwei, drei Tage im Focus der Medien – dann verschwindet das Thema wieder. Dem möchten wir für diejenigen, die sich abseits der großen Schlagzeilen über den Iran informieren möchten, etwas entgegensetzen. Dabei geht es uns auch um die im nachrichtlichen Tagesgeschäft eher marginalisierten Themen – wie etwa die Versuche der Regierung, eine Art „Halal-Web“, ein islamischen Regeln entsprechendes iranisches Internet, einzurichten. An solchen Beispielen lässt sich viel über die inneren Dynamiken einer Gesellschaft erklären. Und wenn es so etwas wie eine Achillesferse des iranischen Regimes gibt, dann sind es solche inneren gesellschaftlichen Dynamiken. Nichts wäre gefährlicher für dieses Regime als wenn sich die internationale Aufmerksamkeit nicht mehr auf Äußerungen von Ahmadinedschad und auch nicht mehr auf das Atomprogramm richtete, sondern auf die interne Dynamik der Gesellschaft.
Warum?
Das Regime möchte auf keinen Fall der Bevölkerung eine Stimme auf internationaler Ebene zugestehen. Denn so würden die Menschen ermutigt werden, nach mehr Freiheiten und Mitspracherecht zu verlangen. Und das könnte auch der Westen als Druckmittel gegen das Regime nutzen. Die Islamische Republik ist in den letzten Jahrzehnten immer bemüht gewesen, ihre Legitimation nach außen hin aufrecht zu erhalten. Würde man aber den Menschen eine Möglichkeit zur freien Äußerung ihrer Meinung über die Regierung geben, würde das die Legitimation der Regierung ernsthaft in Frage stellen, denn die Mehrheit der Bevölkerung will sie nicht. Deshalb ist es wichtig, dass wir den Menschen im Iran eine Stimme geben.
Nach welchen Kriterien wurden die Referenten ausgewählt?
Wir wollten dabei weder zu theoretisch noch zu „aktivistisch“ sein. Jetzt versuchen wir, mit wissenschaftlichen Inputreferaten ein Fundament für eine praxisorientierte Diskussion zu legen. Eingeladen haben wir dazu Vertreter aus der Wissenschaft, Leute aus der „Praxis“, also langjährige Menschenrechtsaktivisten, und als dritte Gruppe Blogger und andere Aktivisten. Thematisch wird es in den drei Panels vor allem um die innere Situation des Iran gehen, um die Lage der Zivilgesellschaft, das Verhältnis von Religion und Politik, um die wirtschaftliche Situation, die Rolle neuer Medien und des Internets und dabei natürlich auch um Menschenrechte und Zensur. Ich bin sehr froh darüber, dass wir mit diesem Programm offenbar großes Interesse wecken konnten – wir haben auch bereits zahlreiche Journalistenakkreditierungen von großen Medien in Deutschland. Denn wir wollen ja möglichst viele Leute im deutschsprachigen Raum erreichen, und sie auch motivieren, die Demokratiebewegung im Iran zu unterstützen.
Interview: Bamdad Esmaili
Zur Person:
Resa Mohabbat-Kar hat Politik– und Kulturwissenschaften studiert. Er leitet die Geschäftsstelle des Vereins „Transparency for Iran“ und ist somit für sämtliche Vereinsangelegenheiten zuständig. Zudem organisiert er die Veranstaltungen des Vereins.