Rouhani fordert  Informationsfreiheit

Die Nutzung von Satellitenfernsehen und sozialen Netzwerken solle uneingeschränkt möglich sein, fordert der iranische Präsident Hassan Rouhani. Die Mehrheit der iranischen Internetgemeinde begrüßt den Vorstoß. Doch es gibt auch skeptische und kritische Stimmen.

Weil die Informationsdienste als „unislamisch“ gelten, ist die Nutzung von Twitter, Facebook und anderen sozialen Netzwerken im Iran verboten. Zudem sind Tausende Internetseiten gesperrt. Doch viele IranerInnen verschaffen sich über Datentunnel Zugang zu gesperrten Seiten. Und auch verantwortliche Politiker lehnen das Verbot der Dienste ab. Erst im März hatte sich der iranische Kultusminister Ali Janati für die Lockerung der rigiden Zensuren ausgesprochen: „Vier Millionen Iraner sind bei Facebook. Wir können nicht länger die Vorteile dieser Technologien unter dem Vorwand einschränken, die islamischen Werte verteidigen zu müssen.“ Janati sagte zudem, dass 71 Prozent der Einwohner Teherans Satellitenschüsseln hätten und sich ausländische Fernsehsender ansähen, obwohl dies laut Gesetz verboten sei. „Das bedeutet, dass Millionen Menschen in der Hauptstadt jeden Abend kriminell handeln“, so der Minister. Diese Betrachtungsweise sei schlicht absurd und solle revidiert werden.
Unterstützung erhält Janati nun von Präsident Hassan Rouhani selbst. In einer Rede kritisierte der iranische Präsident in der vergangenen Woche die einseitige Informationsvermittlung in seinem Land und befürwortete die Nutzung von sozialen Netzwerken als moderne Kommunikationsmittel: „Im Iran leben eine Menge gut ausgebildeter junger Menschen, die jederzeit ihre iranische und islamische Identität verteidigen würden“, so der moderate Geistliche. Weder Satellitenfernsehen noch soziale Netzwerke hätten daran etwas verändert: „Warum also begegnen wir unseren Söhnen und Töchtern mit so viel Misstrauen?“ Der Iran müsse dazu übergehen, die Nutzung solcher Technologien als Bürgerrecht gesetzlich zu verankern, so Rouhanis Forderung.
Zustimmung und Skepsis im Web

Rouhani: Der Iran muss dazu übergehen, die Nutzung solcher Technologien als Bürgerrecht gesetzlich zu verankern!
Rouhani: Der Iran muss dazu übergehen, die Nutzung solcher Technologien als Bürgerrecht gesetzlich zu verankern!

Auf sozialen Netzwerken und iranischen Websites diskutieren Internet-User über diese Aussagen Rouhanis. Viele begrüßen den Vorstoß des Staatspräsidenten, etwa Twitter-Nutzer Farshid Faryabi: „Rouhani hat eine sehr bedeutende Rede gehalten, in der er Dinge ausgesprochen hat, die gesagt werden mussten“, schreibt er. Zustimmung bekommt er von Mohammad Khoeiniha, der ebenfalls den Präsidenten lobt. Dieser sei der erste Regierungschef, der sich traue zu sagen, dass weder Satellitenfernsehen noch Internet schädliche Einflüsse seien. „Ich bin mehr denn je froh, einen Mann gewählt zu haben, der nicht weltfremd ist“, schreibt auch Reza im Kommentarbereich des Nachrichtenportals Entekhab News.
Doch nicht wenige begegnen Rouhanis Vorstoß mit Skepsis: „Lieber Herr Präsident, bitte tun Sie uns allen einen Gefallen und hören Sie auf, solche Reden zu schwingen. Parolen alleine sind wertlos, wenn sie nicht umgesetzt werden“, so ein anonymer User auf Entekhab News. Auch Zeynab äußert sich auf der Facebook-Seite von BBC Farsi wenig optimistisch, dass Rouhani an den aktuellen Zensurrichtlinien etwas verändern könne. Rouhani versuche zwar wahrscheinlich alles Mögliche, um seinen Worten Taten folgen zu lassen, doch sehe sie nun ein, dass andere im Iran das Sagen haben, so die Facebook-Userin. Deutlicher wird eine Leserin des Nachrichtenportals Fararu: „Herr Rouhani, Sie wissen, dass es die Revolutionsgarde ist, die die Internetsperren im Iran zu verantworten hat. Und Sie wissen auch ganz genau, dass Ihre Reden den Generälen so ziemlich egal sind. Die Konservativen machen doch eh, was sie wollen“, schreibt Homa.
Konservatives Unverständnis
Die Teheraner Polizei auf der Jagd nach  Satellitenschüsseln
Die Teheraner Polizei auf der Jagd nach Satellitenschüsseln

Die Anhängerschaft jener konservativen Kräfte zeigt sich im Netz jedoch weniger gelassen: „Rouhani nimmt den Mund langsam zu voll. Die Brüder von der Revolutionsgarde sollten ein Auge auf ihn werfen“, schreibt Twitter-User MolaRahmat. „Wie kann Rouhani allen Ernstes behaupten, dass Internet und Satellitenfernsehen unsere Jugend nicht verdorben haben? Was haben diese Technologien denn getan, um den Menschen den Islam näher zu bringen? Nichts!“, klagt ein konservativer Leser von Entekhab News. Ein anderer Web-User sieht in Satellitenfernsehen und Internet die Hauptverantwortlichen für die Massenproteste gegen den umstrittenen Wahlsieg von Rouhanis Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad im Jahr 2009. Die „Konterrevolutionäre“ hätten den Befehl zum „Umsturzversuch“ über jene Medien erhalten, schreibt Iran Azad auf Fararu. Doch auch unter den konservativen Internetnutzern gibt es gemäßigte Stimmen. So spricht sich Salman auf dem konservativen Webportal Shiraze für eine Aufhebung der Verbote auf: „Seit drei Jahren nutze ich Satellitenfernsehen. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich genauso gläubig bin wie zuvor. Wir müssen verstehen, dass es sinnlos ist, gegen mediale Errungenschaften zu kämpfen.“
JASHAR ERFANIAN