Perspektiven iranischer Kunst
Die Idee stieß im Iran jedoch auf allen Seiten auf wenig Begeisterung. Kunstschaffende und kulturinteressierte IranerInnen standen dem Plan ablehnend gegenüber. Sie fanden es unfair, dass Menschen in Europa sehen dürfen sollen, was ihnen solange vorenthalten blieb. Und Hardliner und konservative Mullahs würden sowieso alles, was Kunst ist, am liebsten komplett einstampfen. Ihnen, die sich als „Bollwerke gegen westliche Kultur und Dekadenz“ sehen, sind allein schon die Diskussionen über moderne Kunst derart zuwider, dass sie die Verhandlungen mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz blockierten, wo sie nur konnten.
Große Teile der ExiliranerInnen in Deutschland unterstützten die paradoxe Einigkeit der sonst stets entgegengesetzten Lager. Sie dienten damit der Enttäuschung ihrer Landsleute als Sprachrohr – und sensibilisierten mit ihren Protesten zumindest die kunstinteressierte deutsche Öffentlichkeit für die prekäre Situation iranischer KünstlerInnen.
Das Bekenntnis
„Wir bekennen uns zum kulturellen Austausch auch mit Partnern in Ländern, die andere Wertmaßstäbe haben als wir. Wenn wir nicht versuchen, auf schwierige Regierungen zuzugehen und damit in den jeweiligen Ländern auch die Zivilgesellschaften und liberalen Kräfte stärken, wenn wir nur noch Kulturpolitik mit unseren Nachbarländern machen wollen, dann haben wir die aktuellen globalen Herausforderungen nicht begriffen“, so die Stellungnahme dazu des Direktors der Abteilung Medien und Kommunikation der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Ingolf Kern, gegenüber Iran Journal.
Damit von diesem Bekenntnis auch etwas im Iran ankommt, hat das Goetheinstitut mit Unterstützung des iranischen Kulturvereins Dehkhoda aus Berlin ein Rahmenprogramm für die geplante Ausstellung „Teheran Sammlung“ zusammengestellt, für das auch MusikerInnen, SchriftstellerInnen und andere Kunstschaffende aus dem Iran eingeladen wurden.
Aufbau von Netzwerken
Das Goetheinstitut bietet dabei unter dem Titel „Die iranische Moderne“ ab dem 7. Dezember ein breit gefächertes Programm über die aktuelle iranische Kunstszene inner- und außerhalb des Iran. Philosophen, experimentelle Klangkünstler, bildende KünstlerInnen und SchriftstellerInnen, die zum Teil noch wenig bekannt sind, sollen dabei die Möglichkeit finden, sich ein neues Publikum zu erobern.
Ziel der dreimonatigen Veranstaltungsreihe sei es, so Nikolai Blaumer vom Goetheinstitut im Gespräch mit Iran Journal, das Berliner Publikum mit der vielfältigen Kultur des Iran bekanntzumachen und darüber hinaus „die iranischen Künstler zu inspirieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich mit Kulturschaffenden hier auszutauschen und ihre Netzwerke zu erweitern.“ So soll den unterschiedlichen Facetten des künstlerischen Diskurses zwischen iranischen Kulturschaffenden, KünstlerInnen im Exil und Kunstschaffenden ein Forum geschaffen werden, das über die drei Monate hinaus Bestand haben soll.
Florian Bigge, der mit Nikolai Blaumer das Programm entworfen hat, räumt ein, dass es aufgrund der Vielfalt, die die iranische Kunstlandschaft innerhalb und außerhalb des Iran zu bieten hat, schwierig ist, innerhalb von drei Monaten allen Richtungen gerecht zu werden: „Wir haben zwar den Anspruch, Positionen zeitgenössischer iranischer Kunst zu präsentieren, aber drei Monate werden dafür nicht ausreichen.“
Nima Honarmand ist nicht nach Berlin eingeladen worden. Dennoch freut er sich über die Solidarität aus dem Exil, die dazu beiträgt, dass sich Menschen in Deutschland oder anderswo für die iranische Kunstwelt interessieren. „Natürlich haben wir immer die Befürchtung, von den Interessen des Regimes instrumentalisiert zu werden“, so Honarmand. „Aber letztlich gehen solche Plattformen, wie das Goetheinstitut sie jetzt anbietet, in eine Richtung, die von mir und anderen iranischen Galeristen sehr begrüßt wird.“
Quellen und weiterführende Links:
Katrin Nahidi: „Im historischen Vakuum“, Ausstellung und Rezeption zeitgenössischer Kunst aus dem Iran. Erschienen in Migration und Künstlerische Produktion: Aktuelle Perspektiven, transcript Verlag 2013
Goethe Institut: Die iranische Moderne
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