Hungerstreik für „verfassungsgerechten Umgang mit politischen Gefangenen“

Der politische Gefangene Hossein Ronaghi Maleki befindet sich seit Tagen im Hungerstreik. Sein Gesundheitszustand sei sehr kritisch, warnen nun 117 Inhaftierte aus dem Teheraner Evin-Gefängnis in einem offenen Brief.
Geheimdienstmitarbeiter der iranischen Revolutionsgarden (IRGC) sollen am Dienstag ins Krankenzimmer des inhaftierten Bloggers Hossein Ronaghi Maleki gestürmt sein, seine Eltern hinausgeworfen und sein Bett in ein anderes Zimmer verlegt haben. Zudem sollen sie den Nierenkranken unter Besuchsverbot gestellt haben. Weiter verpflichteten die Geheimdienstmitarbeiter Ronaghis Bruder zum Schweigen. Er dürfe keine Informationen über die Situation seines Bruders an die Öffentlichkeit bringen. Das berichtete das iranische Nachrichtenportal Kalameh am 5. Juni.
Der Menschenrechtsaktivist Ronaghi Maleki war am 3. Juni infolge seines Hungerstreiks aus dem Teheraner Evin-Gefängnis ins Hashemi-Nejad-Krankenhaus eingeliefert worden. Der 26-Jährige leidet seit längerer Zeit an einer  Nierenkrankheit. Seine linke Niere hat er bereits komplett verloren, die Funktion der rechten soll um 20 Prozent nachgelassen haben.

Transparency for Iran

Das ist nicht der erste Hungerstreik des Bloggers. Aber diesmal legt er seine Gründe in einem offenen Brief an den iranischen religiösen Führer Ayatollah Ali Khamenei offiziell dar: „Aus Protest gegen den gesetzeswidrigen Umgang mit mir trete ich ab heute, den 26. Mai, in den Hungerstreik“, heißt es da. „Mit meinem Hungerstreik will ich ein Zeichen gegen die Einmischung der IRGC und des Geheimdienstministeriums in juristische Angelegenheiten setzen, die die Unabhängigkeit der Justiz stark gefährdet. Ich fordere einen verfassungsgerechten Umgang mit politischen Gefangenen, unter anderem die Einhaltung von Rechten wie Hafturlaub, Telefonate und Besuche von Familienangehörigen.“
Ronaghi Malekis Mutter kämpft seit Monaten vergeblich für die Freilassung ihre Sohnes.
Ronaghi Malekis Mutter kämpft seit Monaten vergeblich für die Freilassung ihre Sohnes.

Ronaghi Maleki befindet sich seit über zweieinhalb Jahren im Gefängnis. Obwohl er schwer krank ist, hat der Menschenrechtsaktivist bis heute keinen einzigen Tag Hafturlaub bekommen. Der Blogger war am 13. Dezember 2009  in der Nähe der iranischen Stadt Täbriz festgenommen und anschließend ins berüchtigte Evin-Gefängnis gebracht worden. Dort verbrachte er mehr als zehn Monate in Einzelhaft. Nach Informationen von Menschenrechtsorganisationen wurde Ronaghi Maleki mehrmals sowohl körperlich wie auch seelisch gefoltert, um ihn dazu zu bringen, ein Geständnis für das staatliche Fernsehen abzulegen. Schließlich verurteilte das Teheraner Revolutionsgericht den Aktivisten zu 15 Jahren Haft.
Offener Brief von Inhaftierten
117 politische Gefangene hatten am Dienstag in einem offenen Brief angemahnt, dass Rounaghis Leben in Gefahr sei. Sie forderten den Leiter des Trakts 350 des Evin-Gefängnisses, Mohammad Alaie, auf, den Gesundheitszustand des Hungerstreikenden nicht zu ignorieren. Das Schreiben wurde auf der Webseite Kalameh veröffentlicht. Die Gefangenen weisen in ihrer Erklärung auf die Feststellung der Gerichtsmedizin hin, dass Hossein Rounaghi aus gesundheitlichen Gründen nicht haftfähig sei und wegen einer Operation Hafturlaub erhalten müsse, um die erforderliche postoperative Versorgung zu gewährleisten. Das entspricht dem Paragrafen 291 des iranischen Strafrechtes, demzufolge ein Inhaftierter das Recht auf einen Hafturlaub für medizinische Behandlung hat, wenn ein Amtsarzt bestätigt, dass dessen Krankheit sich im Laufe seiner Inhaftierung verschlechtert habe.
Dass das auch in der Vergangenheit nicht eingehalten wurde, daran erinnern die Unterzeichner des offenen Briefs. In einem ähnlichen Fall starb der politische Gefangene Hoda Saber infolge unzureichender medizinischer Behandlung im Hungerstreik.
Der Blogger Hossein Ronaghi will – trotz des Risikos, seine rechte Niere auch zu verlieren – so lange seinen Hungerstreik im Krankenhaus fortsetzen, bis ihm für die Zeit nach der Operation Hafturlaub bewilligt wird.

FP