Dutzende Festnahmen bei Gedenkfeier für Menschenrechtsanwalt Khosrow Alikordi

Bei einer Gedenkfeier für den Menschenrechtsanwalt Khosrow Alikordi sind am Freitag Dutzende iranische Oppositionelle festgenommen worden, darunter die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi und weitere prominente Aktivist*innen. Am 12. Dezember hatten sich in Mashhad im Osten Irans Tausende Menschen versammelt, um des am 5. Dezember verstorbenen Anwalts anlässlich seines siebten Todestags zu gedenken.

Unten den Festgenommenen befinden sich die prominente Aktivistin Sepideh Gholian, die studentische Aktivistin Hasti Amiri, die Fotografin Alieh Motallebzadeh sowie der Vater von Abolfazl Adinehzadeh, einem Jugendlichen, der während „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung getötet wurde.

Festnahmen mit Gewalt

Nach vorliegenden Berichten gingen die Festnahmen mit Gewalt einher. So wurde unter anderem Alieh Motallebzadeh während ihrer Festnahme geschlagen und misshandelt. Nach Angaben ihrer Tochter, die in Deutschland lebt, liegen auch an nächsten Tag keine Informationen über ihren Gesundheitszustand und ihren Aufenthaltsort vor.

Javad Alikordi, der Bruder von Khosrow Alikordi, verurteilte in einem Instagram-Livestream die Angriffe der Sicherheitskräfte und der Spezialeinheit auf die Zeremonie und kündigte an, „Enthüllungen zu machen“, falls die Festgenommenen nicht freigelassen würden. Stunden nach diesem Instagram-Livestream wurde auch er von Sicherheitskräften festgenommen.

Auseinandersetzung zwischen Protestierenden

In Videos von der Gedenkfeier, die unter anderem von der Stiftung Narges Mohammadis veröffentlicht wurden, ist zu sehen, wie Mohammadi, Sepideh Gholian und Javad Alikordi kritische Reden gegen das Regime halten und Parolen gegen die Islamische Republik skandieren. Weitere Aufnahmen zeigen, wie Polizei- und Sicherheitskräfte gegen Teilnehmer*innen der Veranstaltung vorgehen.

Lokale Behörden und regimenahe Medien veröffentlichten in ihren ersten Reaktionen widersprüchliche Aussagen und Informationen über das Ereignis, die von der Festnahme von Narges Mohammadi und anderen Aktivist*innen wegen „normverletzender Parolen“ bis hin zur Festnahme zum Zweck ihres „Schutzes“ reichten. Stunden nach der Veröffentlichung dieser Berichte bestätigte der Gouverneur der Metropole Mashhad die Festnahmen und sagte zur Festnahme von Narges Mohammadi: „Diese vorübergehende Festnahme erfolgte auf Anordnung der Staatsanwaltschaft von Mashhad.“ Grund seien „normverletzende Parolen“. Die Staatsanwaltschaft habe eingegriffen, nachdem diese Parolen gerufen worden seien, und einige Personen festgenommen worden seien, die „gewissermaßen in Gewahrsam“ seien. Dies sei hauptsächlich zu ihrem Schutz geschehen.

Darüber hinaus deuten Berichte darauf hin, dass es während der Veranstaltung zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen Anhänger*innen des im Exil lebenden Reza Pahlavi, Sohn des letzten Schahs, und anderen Anwesenden gekommen sei. In Videos von der Gedenkfeier ist zu sehen, wie Anhänger*innen Reza Pahlavis Narges Mohammadi während ihrer Rede ausbuhen und Parolen zugunsten der Monarchie skandieren. Gleichzeitig ist zu beobachten, wie der Bruder von Khosrow Alikordi die Teilnehmenden zur Ruhe aufruft und Narges Mohammadi seine Unterstützung ausspricht.

Verdächtiger Tod

Mehrere politische Gefangene aus unterschiedlichen politischen Lagern haben Erklärungen zur Unterstützung der Festgenommenen veröffentlicht und deren umgehende Freilassung gefordert.

Khosrow Alikordi hatte in den vergangenen Jahren die juristische Vertretung von politischen Gefangenen und Familien von Opfern übernommen und war selbst mehrmals verhaftet worden. Er war am Abend des 5. Dezember in seinem Büro unter verdächtigen Umständen gestorben. Laut dem Sicherheitsbeauftragten der Provinz Khorasan-Razavi hat die Gerichtsmedizin „Herzinfarkt“ als Todesursache angegeben. Eine beträchtliche Anzahl von Anwält*innen und Bürgerrechtsaktivist*innen fordert jedoch unter Verweis auf die „unmittelbare Beschlagnahmung von Überwachungskameras durch Beamte unmittelbar nach Alikordis Tod“ die Klärung von Unklarheiten im Zusammenhang mit seinem Ableben.

Nach Angaben der lokalen Sektion der „Nationalen Front Irans“ war Khosrow Alikordi Mitglied dieser Organisation. Die Nationale Front Iran zählt zu den ältesten politischen Gruppierungen des Landes und setzt sich aus einem Zusammenschluss mehrerer Parteien zusammen, die der Islamischen Republik Iran oppositionell gegenüberstehen. Vor der Revolution von 1979 gehörte die Nationale Front Iran zu den Gegnern der Schah-Herrschaft.

Die in Norwegen ansässige Organisation „Iran Human Rights“ (IHR) erklärte, es bestehe ein „sehr ernsthafter Verdacht auf eine staatlich angeordnete Tötung“ in Bezug auf seinen Todes.

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