„Der schmutzigste Film aller Zeiten“

Ein neuer iranischer Kinofilm sorgt für große Empörung unter den Radikal-Islamisten der „Ansare Hizbollah“. Sie bezeichnen ihn als „schmutzigsten Film aller Zeiten“. Mehr zu dem heftigen Streit und der Reaktion der Macher.
„Man madar hastam“, so lautet der Originaltitel des iranischen Kinofilms, der seit Tagen für große Aufregung in der Islamischen Republik sorgt. Übersetzt heißt das: „Ich bin eine Mutter“. Das klingt zunächst harmlos, doch das Familiendrama, gedreht vom bekannten iranischen Regisseur Freydoun Jeirani, wurde bereits einen Tag vor seiner Erstaufführung angegriffen. Mitglieder der „Ansare Hizbollah“, einer paramilitärischen islamischen Gruppierung, protestierten nicht nur gegen den Film. Sie setzten zudem dem iranischen Ministerium für Kultur eine Frist, um den Streifen zu verbieten. Die Fundamentalisten behaupten, der Film stelle islamische Werte in Frage. Trotz der heftigen Debatte bezeichnen Filmkritiker den Film als „realistisch“ und „mutig“: Er spiegele „einen Teil der heutigen Gesellschaft im Iran wider“.
Die Film-Story

Gegnerinnen des Filmes "Ich bin eine Mutter" in Teheran: "Obszöne Filme verderben die Moral"
Gegnerinnen des Filmes "Ich bin eine Mutter" in Teheran: "Obszöne Filme verderben die Moral"

Die junge Studentin Ava wird vom besten Freund ihrer Familie vergewaltigt. Kurze Zeit später kommt der Täter bei einer Auseinandersetzung mit Ava durch Zufall ums Leben. Ava wird vor Gericht für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Nur die Ehefrau des Vergewaltigers kann Ava durch ihre Begnadigung vor einer Hinrichtung retten – so die iranische Gesetzgebung. Aber sie will stattdessen an Avas Vater Rache nehmen, um eine alte Rechnung zu begleichen.
Willkürliche Zensur
Der Regisseur und Drehbuchautor Freydun Jeirani ist nicht nur für seine zahlreichen Filme im Iran bekannt. Der 61-Jährige moderiert auch jeden Freitag im dritten Programm des iranischen Staatsfernsehens die Sendung „Haft“, die sich mit Kino-Themen beschäftigt.Wegen der heftigen Debatte über Jeiranis neuen Film hat die iranische Tageszeitung Etemad am 3. Dezember ein ausführliches Interview mit dem Regisseur geführt. Darin wird deutlich, dass ein für die Vorführgenehmigung zuständiger Beamte des Kulturministeriums den Film zwar zur öffentlichen Vorführung freigegeben hat – dafür sei der Film mehrmals geschnitten worden, so Jeirani. Doch jetzt habe der Beamte sich unter dem Druck der erzkonservativen Kräfte gegen den Film gestellt. „Es gibt Auseinandersetzungen innerhalb des Kulturministeriums, über deren Hintergründe wir zu wenig wissen“, so Jeirani im Interview mit Etemad. Der Regisseur beschwert sich darüber, dass es seit der Gründung der Islamischen Republik im Jahr 1979 keine eindeutigen Bestimmungen für die Zensur der Filme gäbe: „Die Verantwortlichen haben immer nach eigenem Ermessen entschieden.“ Jeirani behauptet zudem, das iranische Kino habe im Vergleich zur Zeit des Schah-Regimes (vor 1979) in der islamischen Republik „doppelt so viele Probleme“: „Vor 1979 hatten wir ein totalitäres, aber kein ideologisches Regime, deshalb wurde das Kino nicht als Propagandamittel benutzt. Aber nach der Revolution wollten verschiedene Strömungen,  je nach ihrer Deutung, die geltende Ideologie umsetzen.“
Alarmierende Situation
Filmszene: "Eine ehrenhafte Familie"
Filmszene: "Eine ehrenwerte Familie"

Die Verbotsliste des Kultusministeriums für iranische Kinofilme wird immer länger. Zuletzt war das Gesellschaftsdrama „Eine ehrenwerte Familie“ von Regisseur Massoud Bakhshi von den Erzkonservativen des Landes als „antirevolutionär“ und „antiiranisch“ abgestempelt worden. Der Streifen beschäftigt sich mit den Folgen des iranisch-irakischen Krieges (1980 – 88). Er hatte beim Filmfestival von Abu Dhabi 2012 in der Kategorie „Innovatives Kino“ den ersten Preis gewonnen und ist bei zahlreichen internationalen Filmfestivals – etwa in Cannes – vorgeführt worden.Aber nicht nur die staatliche Zensur macht den Filmschaffenden das Leben schwer. Viele Kinos im Iran könnten inzwischen ihre Rechnungen nicht mehr  begleichen und stünden vor der Pleite, berichtete der Verband iranischer Filmschaffender am 26. November. Grund für die Misere seien „hohe Miet- und Nebenkosten der Kinosäle, stark reduzierte Besucherzahl und immense Zulassungs- und Genehmigungsprobleme für gute Filme“. Sollten die Verantwortlichen nicht bald Gegenmaßnahmen ergreifen, würden viele Kinos in den nächsten Wochen schließen müssen, heißt es in einem offenen Brief des Verbandes. Doch die Verantwortlichen haben bisher weder auf diesen Brief noch auf die zahlreichen anderen Beschwerden der Filmschaffenden in den vergangenen Monaten reagiert.
fh / fp