Auch Konservative wollen ein neues Wahlgesetz
Teile der iranischen Führung sind besorgt, dass die Einmischung der Regierung bei den kommenden Parlamentswahlen ihre Macht beschneiden könnte. Sie verlangen, wie zuvor nur die Reformer, ein neues Wahlgesetz.
Mit Ali Motahari fing es an: Als erster Konservativer verlangte der Parlamentsabgeordnete Anfang August 2011 nach einem neuen Wahlgesetz. „Das Monopol der Regierung bei der Durchführung der Wahlen soll aufgehoben werden“, forderte Motahari.
Kurz danach legte Mohammadreza Bahonar nach, der Vizepräsident des Parlaments. „Die Verfassung erwähnt nirgendwo die Befugnisse der Regierung bei der Durchführung der Wahlen“, stellte Bahonar fest. „Die Regierung ist selbst das Ergebnis der Wahlen – und es ist besser sie von der Durchführung der Wahlen fernzuhalten“.
Strenge Kontrollmechanismen
Die Wahlen im Iran werden stark kontrolliert – besonders, wer überhaupt zugelassen wird. „Der Wächterrat“, dessen zwölf Mitglieder direkt und indirekt vom Geistlichen Oberhaupt ernannt werden, filtert noch einmal die vom Innenministerium ausgewählten Kandidaten. Bei der letzten Parlamentswahl wurden nur 4500 von 7000 Kandidaten zugelassen.
Normalerweise werden solche Ablehnungen nicht detailliert begründet, sondern pauschal mit „Untreue des Antragstellers“ zur Verfassung und zum System des „Welayat Faghih“, der absoluten Herschafft der Rechtsgelehrten, begründet.
Zunehmende Zerrissenheit
Bis vor kurzem zeigten sich die konservativen und die ultrakonservativen Machthaber Irans trotz häufiger Meinungsverschiedenheiten nach außen hin immer geschlossen. Doch im April enthob Präsident Ahmadynedschad den Informationsminister und Chef des Geheimdienstes Heydar Moslehi seines Amtes – und zwar ohne die Zustimmung von Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei. Dieser zwang Ahmadynedschad prompt, den Minister wieder in sein Kabinett aufzunehmen. Seither verschärft sich die Spannung unter den Machthabern. Sie spalten sich zunehmend in zwei Lager: die Unterstützer der Regierung Ahmadynedschads auf der einen und die Unterstützer von Khamenei auf der anderen Seite.
Jetzt schließen viele konservativen Kritiker nicht aus, dass die Regierung die bevorstehende Parlamentswahl im März 2012 manipulieren könnte. So sprach Parlamentspräsident Ali Larljani am 12. Juni in einem Interview mit dem Nachrichtenportal „Khabaronline“ von Berichten, die die illegale Einmischung der Regierung in die Vorbereitung und die Durchführung der Parlamentswahl bestätigten. Larljani rief die Justiz dazu auf, die Aktivitäten der Regierung stärker zu beobachten. Werde die Einmischung der Regierung nicht unterbunden, bestehe die Gefahr, dass der Iran wie die Emirate am persischen Golf „nur ein Scheinparlament“ bekäme, so der Parlamentspräsident.
Im Sicherheitsausschuss des Parlaments wird derzeit ein Gesetzentwurf bearbeitet, mit dem das Monopol der Regierung zur Bildung der Wahlkommission aufgehoben werden soll. In der Kommission sollen dann auch Vertreter der Justiz und Universitäten beteiligt sein.
Außer den regierungstreuen Abgeordneten finden auch Teile der konservativen Regierungskritiker diese Diskussionen schädlich. Sie kämen nur der Opposition zu Gute. Parviz Sarvari, Mitglied des Sicherheitsausschusses des Parlaments, fasste die Nachteile der Diskussion um ein neues Wahlgesetz in einem Interview mit der Zeitung „Etemaad“ zusammen. „Wenn die prinzipientreuen (eine Bezeichnung für Konservative und Ultrakonservative – Anm. d. Red.) Politiker die Sauberkeit und Rechtmäßigkeit der bevorstehenden Wahl in Frage stellen, bestätigen sie damit die Behauptungen und Vorwürfe der Gegenkandidaten der letzten Präsidentschaftswahl“, so Sarvari.
Die beiden reformistischen Kandidaten Mir Hossein Mousavi und Mehdi Karubi werfen Mahmoud Ahmadynedschad vor, die Wahlen von 2009 mit “Fälschung und Betrug“ gewonnen zu haben.