Debatte um eheliche Gewalt nach TV-Sendung

Es sei falsch, eine Ehefrau, die von ihrem Ehemann geschlagen und missbraucht wurde, als Vorbild für eine gelungene Ehe zu präsentieren. Das sagte der iranische Minister für Kommunikation und Technologie, Mohammad-Javad Azari Jahromi, am Sonntag. „Die Familie hat eine besondere Stellung, aber den eigenen Leib und die eigene Seele zu schützen, ist genauso wichtig“, betonte der Minister.

Das staatliche iranische Fernsehen hatte am Samstagabend eine Familie mit zwei kleinen Kindern in einer Sendung präsentiert. Das Ehepaar wurde dort zu seinen Krisen und mehrmaligen Scheidungsplänen befragt. Die Ehefrau gab an, dass sie sich von ihrem Mann scheiden lassen wollte, weil er sie mehr als 27 Mal geschlagen habe. Sie sei aber dennoch geblieben, um ihre Ehe zu retten.

Auch die iranische Vizepräsidentin für Frauenangelegenheiten, Masoumeh Ebtekar, reagierte am Sonntag entsetzt auf die Fernsehsendung. „Will man mit solchen Vorbildern jungen Menschen Gewalt in der Ehe als Normalität darstellen?“, fragte sie.

Auch in den sozialen Netzwerken sorgen die Sendung für heftige Debatten. Die iranische Gesellschaft bräuchte Aufklärung über häusliche Gewalt, keine Verharmlosung des Problems, so der Tenor bei den UserInnen.

Darüber, wie viele iranische Frauen von ihren Ehemännern misshandelt werden, gibt es keine offiziellen Angaben. Laut Studien haben 20 Prozent der iranischen Frauen körperliche, 50 bis 60 Prozent verbale oder psychische Gewalt in der Ehe erlebt. Iranische Frauenrechtlerinnen fordern vom Gesetzgeber seit Jahren neben dem Scheidungsrecht für Frauen auch mehr Schutz gegen häusliche Gewalt. Gewalt in der Ehe ist als Straftatbestand nicht im iranischen Gesetzbuch verankert. Wird eine Frau von ihrem Ehemann geschlagen, kann sie nur nach Paragraf 619 des Strafgesetzbuches gegen ihn vorgehen. Der regelt die Bestrafung von Belästigungen von Frauen oder Kindern in der Öffentlichkeit. Oft würden betroffene Frauen zudem nach Zeugen gefragt, die die Misshandlungen bestätigen könnten, kritisieren FrauenrechtlerInnen.

(fh)