„Virtueller Jiahd“ gegen „virtuelle Botschaft“


Am 6. Dezember 2011 eröffnete die USA eine „virtuelle Botschaft“ für den Iran. Einige Stunden später blockierte der Iran die Webseite. Hintergründe, Reaktionen und Folgen einer psychologischen Internet-Kriegführung.
 
„Willkommen zur virtuellen Botschaft der USA in Teheran“. Mit diesem Satz werden die User per Video von Außenministerin Hillary Clinton höchst persönlich begrüßt. Die Webseite auf englisch und persisch solle Iranern und Amerikanern ermöglichen, „offen und ohne Angst zu kommunizieren“, sagte Hillary Clinton bei der Vorstellung des Portals am 6. Dezember.
Der „Annährungsversuch“ Washingtons war nur von sehr kurzer Dauer. In weniger als 24 Stunden folgte der Gegenschlag. Die „virtuelle Botschaft“ wurde von der iranischen Regierung gesperrt. Der  Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, sah in der Webseite ein „Zeichen der Reue“ der USA. Washington solle aber nicht versuchen, durch Technologie „ihre Botschaft und gute Absicht“ zum iranischen Volk zu bringen. Stattdessen sollten die USA besser ihre „Anti-Iran Politik“ überdenken, erklärte Mehmanparst. Und natürlich verwies das iranische Außenministerium auch auf das amerikanische Trauma im Iran schlechthin, verursacht durch den „Fehler der Amerikaner“, wie Mehmanparast sagte: das Drama um die amerikanische Botschaft in Teheran 1980.

Besetzung der US-Botschaft in Teheran am 4. November 1979.
Besetzung der US-Botschaft in Teheran am 4. November 1979.

Das ehemalige US-Botschaftsgebäude wirkt heute wie ein Geisterhaus mitten im Stadtzentrum Teherans . Ein Teil des Gebäudes hat man zum Museum gemacht. Darin sieht man Bilder des Sturms auf die amerikanische Botschaft 1979 durch Anhänger von Ayatollah Khomeini, die folgende 444 Tage dauernde Geiselnahme der US-Diplomaten und den gescheiterten Befreiungsversuch der US-Armee. Die US-Vertretung wurde danach geschlossen, sämtliche diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Ländern abgebrochen. „Lan-e Jasousi“, „Haus der Spionage“, wird das Museum genannt. So hatte Ayatollah Khomeini 1979 die amerikanische Botschaft bezeichnet. Khomeinis Getreue wie etwa der iranischen Informationsminister Heydar Moslehi, bezeichneten dann auch die „virtuelle Botschaft“ der USA als ein neues „Spionagenetz des großen Satans“.
Virtuelle Botschaft: eine „neue Front“?
Der Konflikt um die virtuelle Botschaft setzt sich auch in der virtuellen Welt fort. Die Amerikaner eröffneten in Facebook ein Profil unter den Namen „Virtual Amerika Embassy in Iran“. Bis jetzt haben einige Hundert User die Seite mit „gefällt mir“ unterstützt. Auf der Pinnwand finden sich positive und negative Kommentare. „Warum nur virtuelle und nicht echt?“, fragt ein User. „Iraner, seid wachsam, solidarisiert euch nicht mit den Amerikanern, die wollen nichts als unser Land zu besetzen“, schreibt ein anderer. „Hätten die Amerikaner sich für uns interessiert, auch wenn wir kein Erdöl besäßen?“, fragt der Nächste.
Und was sagt die iranische Blogger-Szene?
Screen shot - Weblog Khorshidneshan
Screen shot - Weblog Khorshidneshan

Die Blogger reagieren wie immer sehr unterschiedlich – aber meist mit Witz. Dabei verbinden sie häufig die Besetzung der britischen Botschaft am 29. November in Teheran mit der „virtuellen Botschaft“ der USA. „Die Mauer der virtuellen Botschaft war auch zu niedrig“, schreibt einer. „Filterung statt Besetzung“, heißt es anderswo, „Cyber-Basiji bekämpft den virtuellen Satan“ oder „Hundert Bildschirme beim Angriff auf die virtuellen Botschaft explodiert“!
Nur wenige setzen sich ernsthaft mit dem Thema auseinander. Der Blogger „Khorshidneshan“ zum Beispiel wendet sich direkt an Hilary Clinton und sagt, man könne nicht vergessen, wie die USA nach den Wahlen 2009 mit großer Zurückhaltung auf die Proteste der „Grünen Bewegung“ reagiert habe. Die US-Regierung habe damals nur nach eigenem Interesse gehandelt, schreibt „Khorshidneshan. Sie habe abgewogen, ob es sich lohnen würde, die Opposition im Iran zu unterstützen. Am Ende mahnte der junge Iraner die US-Außenministerin, sie solle nicht nur hin und wieder der Öffentlichkeit ihrer Solidarität mit den Iranern bekennen – sondern auch wirklich da sein, wenn Iraner sie brauchen.