Nationales Theater und die Religion
Was beschäftigt iranische Websites und Nachrichtenagenturen in ihren Kulturrubriken? In der Regel ist Lob der Verantwortlichen und des Fortschritts im kulturellen Bereich angesagt. Doch immer wieder kommen auch kritische Töne zum Ausdruck. Einige Beispiele aus Nachrichten und Kommentaren.
Hisbollah-Chef als Kulturberater der iranischen Regierung
Nach seiner Rückreise aus dem Libanon erklärte der Minister für Kultur und islamische Führung, Seyyad Mohammad Hosseini: „Das Treffen mit dem Chef der Hisbollah-Bewegung Hassan Nasrallah war von großer Bedeutung. Da er unter großen Sicherheitsmaßnahmen lebt, ist ein persönliches Treffen mit ihm nur selten möglich. Aber wir hatten eine dreistündige Unterredung und konnten seine Meinung besonders in Bezug auf Kultur hören. Bemerkenswert ist sein fundiertes Wissen über die islamische Welt. So konnte er gute Ratschläge erteilen.“ / Quelle: Nachrichtenagentur FARS
Nationales Theater und die Rolle der Religion
Der Leiter des Amtes für darstellende Kunst, Mohammad Ali Shahani Dashtgeli, hat eine Botschaft an das 30. Internationale Theaterfestival „Fajr“ in Teheran (22 Januar bis 11. Februar): „’Theater für alle‘ ist unser Motto für das diesjährige Internationale Theaterfestival Fajr. Wir glauben, unser nationales Theater muss die islamischen Werte mit der Theaterkunst vereinen, damit es die Menschen für sich gewinnt. Unsere Schauspieler sollen also nicht nur ihr Handwerk beherrschen, sondern sich auch an die moralischen Werte der Zuschauer halten, um auf diese Weise nicht nur eine gemeinsame Sprache mit ihnen zu finden, sondern ihnen aus der Seele zu sprechen.“/ Quelle: Nachrichtenagentur ILNA
Kultur-Erdbeben
„Wir erschaffen derzeit keine renommierten literarischen Werke mehr, wir haben keine Star-Autoren mehr. Wir befinden uns auf dem Literatursektor, also was unsere Romane, unsere Lyrik, unsere Kinderliteratur betrifft, in einer sehr kritischen Situation. Unsere Verleger, die sich auf iranische Autoren und Inland-Publikationen spezialisiert haben, stehen kurz vor der Pleite. Kritiker warnen vor einer ‚Erdbebengefahr‘, aber die Wahrheit ist, dass das Erdbeben bereits geschehen ist. Die Schriftsteller und Dichter sind Opfer dieser Katastrophe, sie liegen unter einem Trümmerhaufen. Bitte, rettet sie!“ / Kommentar aus dem Nachrichtenportal Khabaronline
Erotik aus der Sicht der iranischen Parlamentarier
Zwölf Folgen der iranischen Fernsehserie „Ta Soraya“ wurden gestrichen. Gründe dafür waren unter anderem die Dialogszenen, in denen es um die Geschichte der von einem Offizier schwangeren Hauptdarstellerin geht, sowie die Gerichtsverhandlungsszenen, bei denen eine heimliche zeitlich begrenzte Ehe der Hauptdarstellerin mit einem in der Serie als schlecht dargestellten Mann enthüllt wird. Zuvor hatten einige Parlamentarier die Verantwortlichen des iranischen Staatsfernsehens wegen dieser Inhalte zur Rede gestellt. Der stellvertretende Intendant des iranischen Staatsfernsehens hatte daraufhin zwar einige Mitarbeiter abgemahnt. Dennoch mussten die 12 Folgen und damit insgesamt 500 Minuten der Fernsehserie wegen Unsittlichkeiten gestrichen werden. / Quelle: Aftabnews
Warum schauen Iraner kein Staatsfernsehen mehr?
„Die Verantwortlichen, die unter dem Vorwand, der Westen gefährde unsere große Kultur, ständig die neuen Technologien und Satellitenprogramme aus dem Ausland bekämpfen, sollten sich besser um qualitative und unterhaltsamere Sendungen kümmern. Wie tief sollen wir eigentlich noch stürzen? Es ist doch kein Wunder, dass das iranische Volk kein Interesse an den humorlosen, schwachen und sinnlosen Programmen des nationalen Fernsehens hat. Haben sich die Verantwortlichen schon einmal gefragt, wieso eine Sportsendung wie ‚90‘ in unserem staatlichen Fernsehen so eine hohe Einschaltquote hat und andere kaum gesehen werden? Die Verantwortlichen sollten entweder für qualitativ bessere Programme sorgen, oder sich nicht mehr bei jeder Gelegenheit öffentlich wundern, dass die Mehrheit der Menschen ausländische Sender bevorzugt.“ / Kommentar aus der Website der Zeitung Entekhab
Falsche Auffassung von Kulturerbe
Das einzige Geo-Museum Irans in der nördlichen Provinz Gilan, das für den Erhalt der Kultur und Architektur sowie von 263 Hektar Naturschutzgebiet dieser Region sorgt, braucht dringend finanzielle Unterstützung. Der Leiter des Museums, Mahmud Taleghani, kritisierte deshalb das Management und die Finanzierungspläne des Amtes für Pflege und Erhalt des Kulturerbes. „Unsere Interpretation von Kulturerbe ist falsch“, sagt Taleghani und führt aus: „In den vergangenen Jahrzehnten verwechselte man Kulturerbe mit Archäologie und kümmerte sich nur um archäologische Funde. Wir sind materiell so am Boden, dass wir nicht in der Lage sind, die Werte, die sich in den Kulturgütern erhalten, weiterzugeben. Selbst uralte iranische Inschriften werden von der Universität in Chicago übersetzt statt in unserem Land.“ / Quelle: Website der Zeitung Hamshahri