„Von Entmutigung war nichts zu spüren“

Anfang November 2011 reiste eine Delegation der Deutschen Bischofskonferenz in den Iran. Zu ihr gehörten unter anderen der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Vertreter des Sekretariats der Bischofskonferenz sowie Vertreter der Werke Missio und Misereor. Sie bsuchten neben der Hauptstadt Teheran auch Shiraz, Isfahan und Ghom. TFI sprach mit Ulrich Pöner, dem Bereichsleiter Weltkirche und Migration im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, über den Besuch.


TFI: Herr Pöner, warum sind Sie in den Iran gereist?
Ulrich Pöner: Die katholische Kirche ist eine Weltkirche. Der ständige Austausch zwischen den Ortskirchen gehört dazu. Die Deutsche Bischofskonferenz legt dabei Wert darauf, dass gerade Minderheitskirchen nicht vergessen werden. Katholiken, die in ihrem Land eine kleine Minorität darstellen, wünschen und brauchen den Kontakt nach außen ganz besonders. Deshalb sind wir in den Iran gefahren. Unsere Reise diente dazu, die dortige Kirche kennenzulernen, ihre Situation zu verstehen und ihre Hoffnungen und Sorgen zu teilen. Alle unsere Gesprächspartner haben deutlich gemacht, wie sehr man das Engagement aus Deutschland als Zeichen der Solidarität wertschätzt.
War dieser Besuch erstmalig?
In der Tat war es der erste Besuch einer Delegation der Deutschen Bischofskonferenz im Iran. Das heißt natürlich nicht, dass bisher keine Kontakte bestanden. Vor allem die kirchlichen Hilfswerke wie Misereor oder Missio pflegen seit langem die Beziehung zur Kirche im Iran, und es hat immer auch Begegnungen von Bischöfen gegeben.
Was haben Sie dort gesehen?
Für uns standen die Gespräche mit den Bischöfen im Vordergrund. Wir haben uns in Teheran und Isfahan aber auch einen Eindruck von Schul- und Sozialprojekten der Kirche verschaffen können und sind mit Vertretern von Ordensgemeinschaften zusammengetroffen. Überall hat man uns den Eindruck vermittelt: Diese Kirche ist sehr klein, aber deshalb keineswegs lethargisch oder perspektivlos.
Wie und von wem sind Sie empfangen worden?

Ulrich Pöner
Ulrich Pöner

Wir hatten Gelegenheit zum Gespräch mit fast allen katholischen Bischöfen, das heißt, nicht nur mit den römisch-katholischen, sondern auch mit den Bischöfen der katholisch-unierten Kirchen. Darüberhinaus sind wir auch dem Apostolischen Nuntius, also dem Vertreter des Heiligen Stuhls in Teheran, begegnet. Treffen mit dem Deutschen Botschafter und mit den Pfarrern der Deutschen Evangelischen Gemeinde haben uns zusätzliche Einblicke in die Wirklichkeit vermittelt.
Gab es Kontakte zu muslimischen Verbänden?
Ja. In Ghom sind wir mit Professoren der Internationalen Hochschule zusammengekommen. Beide Seiten waren sich einig: Bloße Höflichkeitsbegegnungen sind zu wenig, wir brauchen substanzielle Gespräche zwischen den repräsentativen Vertretern der Religionen. Die von Papst Benedikt XVI. initiierten katholisch-muslimischen Gespräche treffen, so hatten wir den Eindruck, auf großes Interesse bei den schiitischen Gelehrten.
Im Iran ist – wie Sie wissen – ein zum Christentum konvertierter Pastor zum Tode verurteilt worden. Gab es dazu Erkenntnisse, wie es ihm geht?
Der Fall ist natürlich angesprochen worden. Neue Erkenntnisse gab es aber nicht. Für die katholische Kirche ist klar, dass die Prinzipien der Religionsfreiheit nicht verhandelbar sind.
Mit welchen Eindrücken sind Sie aus dem Iran wiedergekommen?
Uns ging es, wie gesagt, darum, die katholische Kirche kennenzulernen. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass sie gefestigt ist und mit großer Selbstverständlichkeit inmitten der muslimisch bestimmten Gesellschaft ihren Dienst tut. Die Restriktionen, die den Handlungsraum der Kirche im religiös-politischen System des Irans einengen, sind natürlich spürbar – ebenso wie der Aderlass, den die Auswanderung von Christen während der vergangen Jahrzehnte verursacht hat. Von Entmutigung der Kirche war aber nichts zu spüren.
Interview: Bamdad Esmaili