Partnerbörse in der Islamischen Republik

Immer weniger IranerInnen möchten heiraten. Das macht den Mächtigen in Teheran Sorgen. Eine konservative Organisation will nun mithilfe einer Webseite diejenigen miteinander verbinden, für die die Ehe noch in Frage kommt.
„Noch nie war die Zahl der Eheschließungen auf einem so niedrigen Stand wie heute“, sagt Hossein Mousavi. Der Leiter des Sozialarbeiterverbandes des Iran gehört zu jenen IranerInnen, die um die Zukunft der Institution Ehe fürchten. Ihm zufolge verführen andere Lebensmodelle die Menschen zur Sünde. Nur durch Eheschließungen und Familiengründungen könne vermieden werden, dass die Gesellschaft erkrankt, glaubt der Wertkonservative. Mousavis Rat an die Politik: Sie „täte gut daran, mithilfe von Experten einen Weg zu finden, wie junge Menschen miteinander verheiratet werden können“.
Online-Heiratsbörse

Ahmadinedschads Regierung veranstaltete regelrechte Masseneheschließungen veranstaltet, um die Hochzeitskosten für junge Paare zu reduzieren
Ahmadinedschads Regierung veranstaltete regelrechte Masseneheschließungen veranstaltet, um die Hochzeitskosten für junge Paare zu reduzieren

Nun soll ausgerechnet das moderne Medium Internet, das im Iran oft und gern zensiert wird, dabei helfen, die traditionelle Institution Ehe zu retten. Heiratswillige IranerInnen können seit Neuestem auf einer von der konservativen Organisation für Islamische Agitation und Propaganda betriebenen Webseite die Partnerin oder den Partner fürs Leben finden – so zumindest die Idee der InitiatorInnen der Internetplattform. Nur jene sollen sich auf der Seite registrieren, die den ernsthaften Wunsch hegen, zu heiraten. Wer nur Freundschaften schließen wolle oder eine lockere Partnerschaft suche, sei auf der Seite falsch, so die Betreiber. Auch Männer, die Frauen für eine Zeitehe suchen, würden auf der Webseite nicht fündig, behaupten zumindest deren Web-Administratoren.
Dafür sollen Ehevermittler sorgen, die die Profile der UserInnen auf deren Ernsthaftigkeit hin prüfen. Aber auch die Vermittler selbst werden vor der Aufnahme ihrer Arbeit zunächst überprüft. Nur „erfahrenen“ und „seriösen“ Bewerbern werde der Job anvertraut. Ob diese es jedoch tatsächlich schaffen, Ehen zu stiften, ist äußerst fraglich. Man könnte meinen, dass eine solche Plattform in einem Land, in dem das Gesetz unverheirateten Frauen und Männern den direkten Kontakt miteinander verbietet, Erfolgspotential besäße. Doch auch im Gottesstaat Iran werden solche Internetangebote oft genutzt, um flüchtige sexuelle Kontakte zu knüpfen oder mit dem anderen Geschlecht zu flirten. In der Vergangenheit wurden solche Webseiten, die besonders bei jungen IranerInnen sehr beliebt waren, bereits als „unislamisch“ von den Zensoren gesperrt.
Niedergang der Ehe
Foto: takpayamak.com
Foto: takpayamak.com

Die Einrichtung der webbasierten Heiratsbörse kann als verzweifelter Versuch verstanden werden, einen eindeutigen Trend aufzuhalten: Nach Angaben des iranischen Registeramtes gab es im Jahr 2012 knapp 800.000 Eheschließungen – ein Rückgang von 80.000 gegenüber  2011. Und dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2013 fort, in dem sich in den ersten acht Monaten nur knapp 540.000 IranerInnen die ewige Treue schworen.
Auch in der Vergangenheit gab es deshalb bereits Versuche, die Zahl der Hochzeiten zu erhöhen. Während der Amtszeit des Vorgängers Hassan Rouhanis im Präsidentenamt, Mahmoud Ahmadinedschad, wurden regelrechte Masseneheschließungen veranstaltet, um die Hochzeitskosten für junge Paare zu reduzieren. Heiratswilligen wurden hohe Bankkredite mit niedrigen Zinsen in Aussicht gestellt. Doch trotz dieser Initiativen blieb die Zahl der Eheschließungen niedrig.
Experten zufolge waren die wirtschaftlichen Anreize, die die Regierung Ahmadinedschad jungen IranerInnen bot, angesichts der immer weiter steigenden Inflation, der geringen Löhne und der hohen Arbeitslosigkeit nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Viel zu groß war die finanzielle Unsicherheit der meisten jungen IranerInnen, um eine Familie zu gründen. Und daran hat sich bis heute wenig geändert.
Aus dem Persischen: JASHAR ERFANIAN