Lady Ashton sorgt für Diskussionen

Ein Treffen der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton mit Vertreterinnen der iranischen Frauenbewegung bei ihrer Reise nach Teheran sorgt bei Offiziellen der Islamischen Republik für Wut. Nicht weniger wütend sind iranische Web-UserInnen. Ihr Zorn richtet sich jedoch vorwiegend gegen Politik und Medien des Iran.
Eigentlich war die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am 7. März in den Iran gereist, um sich mit hochrangigen Vertretern der Regierung und des iranischen Parlaments zu Gesprächen über weitere Schritte bei den kommenden Atomverhandlungen, über den Syrienkonflikt und über die Bekämpfung des Drogenschmuggels zu treffen. Für weit größere Schlagzeilen sorgte jedoch ein anderes Treffen Ashtons: Die EU-Chefdiplomatin hatte zum Internationalen Frauentag am 8. März Gäste in die österreichische Botschaft in Teheran geladen, unter anderem die Frauenrechtlerin Narges Mohammadi und Gouhar Eshghi, die Mutter des an Folter gestorbenen Bloggers Sattar Beheshti. Eine Einladung, die sowohl bei den konservativen Kräften des Regimes wie auch bei der Regierung des moderaten Präsidenten Hassan Rouhani Verärgerung hervorrief.
„Durch solche Gesten wird das Misstrauen unserer Bürger gegenüber dem Westen geschürt“, so die Sprecherin des Außenministeriums, Marzieh Afkham. Das ultrakonservative Nachrichtenportal Javan Online manipulierte ein Foto Ashtons mit Gouhar Eshghi, auf dem diese ein Bild ihres in Haft verstorbenen Sohnes in den Händen hält, indem es Eshghi kurzerhand aus dem Foto wegretuschierte. Die Mutter habe es nicht verdient, auf einem Foto mit der „Konterrevolutionärin“ Mohammadi zu sehen zu sein, so die Rechtfertigung der Redaktion.

Diese Foto, auf dem die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton die Mutter des an Folter gestorbenen Bloggers Sattar Beheshti,  Gouhar Eshghi küsst sorgte bei den Ultra-Konservativen im Iran für heftige Kritik.
Diese Foto, auf dem die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton die Mutter des an Folter gestorbenen Bloggers Sattar Beheshti, Gouhar Eshghi küsst sorgte bei den Ultra-Konservativen im Iran für heftige Kritik.

Wut auf Medien und Politik
Dass viele IranerInnen nicht in erster Linie gegen den Westen, sondern vielmehr gegen die politischen Eliten der Islamischen Republik und ihre Medien Misstrauen hegen, zeigen die Reaktionen iranischer Internet-UserInnen. „Jeder, der in diesem Land Kritik äußert, gilt für euch als Aufrührer und Konterrevolutionär. Ihr seid wahrlich eine Schande für den Journalismus“, kommentiert User Hamid den Artikel von Javad Online, der die Fotomanipulation zu rechtfertigen versucht. Auf dem Nachrichtenportal Radio Farda stellt jemand die Frage, wovor sich denn die Islamische Republik so fürchte, dass sie sogar harmlose alte Frauen aus Fotos wegretuschiere.
Twitter-User Dodok empört sich über die Doppelmoral des Regimes: „Als Sattar Beheshti zu Tode gefoltert wurde, hat keiner der Offiziellen protestiert. Aber wenn sich seine Mutter mit Ashton trifft, ist auf einmal das Geschrei groß.“ Der Zorn der iranischen Online-Community trifft auch Afkham: „Frau Afkham soll von mir aus für sich selber sprechen, aber bitte nicht im Namen des iranischen Volkes“, so die Facebook-Userin Azita in einem Kommentar in der Gruppe NEIN zum Kopftuchzwang.
Menschenrechte am Verhandlungstisch?
„Wenn Ashton es mit ihrem Mitgefühl ernst meint, dann soll sie sich doch bitte nicht nur mit der Mutter Sattar Beheshtis unterhalten, sondern mit den Märtyrerfamilien des Iran-Irak-Krieges“, schreibt Google Plus-User Younes Kazemi, eine der wenigen konservativen Stimmen, die sich in sozialen Netzwerken zu dem Thema äußern.
Kampagne gegen Ashton in Teheran. Auf dem Plakat steht:" Menschenrechte auf westlicher Art".
Kampagne gegen Ashton nach ihrer Abreise am 10. März in Teheran. Auf dem Plakat steht:“ Menschenrechte auf westlicher Art“.

Ein anderer konservativer Netzaktivist, der Twitter-Nutzer Mehdi Salimi, zeigt sich dagegen darüber besorgt, dass das Treffen Ashtons mit den Vertreterinnen der iranischen Frauenbewegung dem Regime bei zukünftigen Atomgesprächen mit dem Westen teuer zu stehen kommen könnte: „Ashtons Treffen mit den Konterrevolutionären bedeutet ganz klar, dass der Westen uns am Verhandlungstisch mit vermeintlichen Menschenrechtsverletzungen konfrontieren will.“
Doch des einen Sorge ist des anderen Hoffnung: „Lasst uns hoffen, dass der Westen das Menschenrechtsthema nicht einem Atomkompromiss opfert“, lautet ein Kommentar auf Radio Farda.
Jashar Erfanian