Iraner diskutieren in der Blogosphäre über Auswanderung

14 Jahre hat der politische Aktivist Taghi Rahmani insgesamt in iranischen Gefängnissen verbracht. Jetzt veröffentlichte er einen offenen Brief, in dem er erklärt, warum er im Januar 2012 den Iran verlassen hat. Zahlreiche iranische Blogger reagierten auf das Thema und diskutierten kontrovers ihre eigenen Ansichten zum Thema Auswanderung.
Der Medienwissenschaftler und Blogger Mehdi Jami etwa sieht in den Zwängen und in der Unterdrückung durch die iranische Regierung die Hauptursachen für die Flucht aus dem Land: „Dies führt in eine Sackgasse, aus der wir ins Exil wandern. Die, die bleiben, haben ihre Räume und Wege gefunden. Diejenigen, die gehen, hatten keinen anderen Ausweg mehr.“
Der in Kanada lebende Blogger Arash Abadpour schreibt, dass er den Iran nie wirklich verlassen habe. „Weggehen ist keine Option, über die man verfügt. Es ist keine Sache, die sich geographisch erledigen lässt. Denn der Ort, vor dem Du nicht weglaufen kannst, liegt in deinem Kopf.“
Blogger Sameddin Ziaee zählt sich zur “verbrannten Generation”. Dieser Ausdruck bezeichnet die junge Generation

Blogger Sameddin Ziaee: „Es ist besser, dein Land und deine Familie zu verlassen, als die Demütigung zu ertragen." Foto:Blogger Sameddin Ziaee
Blogger Sameddin Ziaee: „Es ist besser, dein Land und deine Familie zu verlassen, als die Demütigung zu ertragen." Foto:Blogger Sameddin Ziaee

der Iraner/innen, die nach der islamischen Revolution 1979 geboren wurden und inmitten der Kriegsgräuel des
Iran-Irak-Kriegs (1980-1988) aufgewachsen sind. Sameddin befürwortet die Idee der Auswanderung – vor allem, wenn das Bleiben nur dann möglich ist, wenn man mit den iranischen Behörden kooperiert. „Es ist besser, dein Land und deine Familie zu verlassen, als die Demütigung zu ertragen, zu hungern und auf der Reise nach Bangkok alle Habseligkeiten zu verlieren, als unter den physischen und psychischen Qualen zu zerbrechen und deine Freunde zu verraten.“
Man sollte auch im Ausland aktiv bleiben und dafür sorgen, dass die eigene Stimme Gehör findet – das denkt Mohammad Moeini, Blogger aus Bandar Abbas.  „Es kommt nicht darauf an, ob man drin [im Iran, die Red.] ist oder nicht, sondern darauf, ob man sich beständig dafür einsetzt, dass es sich drinnen weiterentwickelt, auch wenn es nur langsam geht.“
Arman Amiri, ein weiterer Blogger, der im Iran lebt, schreibt: „Meiner Meinung nach ist Auswanderung eine private Angelegenheit. Kein Außenstehender sollte darüber urteilen. Für mich sind die Lebensumstände im Iran noch erträglich, doch morgen schon könnte ich mich genötigt sehen, das Land zu verlassen.“
Die iranische Blogosphäre reagiert auf Facebooks Übernahme von Instagram
Die Meldung von der Übernahme Instagrams‘ durch Facebook führte zu heftigen Reaktionen in der iranischen Blogosphäre. Die meisten User zeigten sich verärgert darüber, dass Facebook Instagram für eine Milliarde US-Dollar
aufgekauft hat. Es gibt Befürchtungen, dass Facebook die soziale Plattform durch den Kauf unschädlich machen wolle. Die unter Iraner/innen beliebte Plattform FriendFeed wurde im  August 2009 ebenfalls von Facebook aufgekauft.
Twitter-Nutzer Mehrdad Rajabi kritisiert, dass Facebook die Plattform seit der Übernahme nicht mehr weiterentwickelt hat: „Facebook hat FriendFeed gekauft, und nun ist es nichts mehr wert.“ Instagram werde nun
Mark Zuckerberg Foto: Facebook
Mark Zuckerberg Foto: Facebook

„ebenfalls sterben“, fürchtet Rajabi: „Es ist ein Jammer.“ Alireza twittert: „Facebook hat Instagrams Grab für 1 Milliarde USD gekauft.“ In einem anderen Tweet schreibt er: “Ich wäre einverstanden, wenn Google Instagram gekauft hätte.“ Google-Dienste wie Orkut oder Google Reader sind sehr beliebt im Iran.
Aufgrund der Übernahme will Mostafa Instagram boykottieren: “Ich wollte ein Android-Smartphone kaufen, um Instagram nutzen zu können. Verdammt nochmal, Facebook!“
Mahsa Bazpoosh ist einer der wenigen User, die die Aufregung nicht nachvollziehen können: „Warum will jeder Instagram boykottieren, nur weil Facebook das Unternehmen gekauft hat? Wo ist das Problem?“
Einige User äußern Sorgen bezüglich künftiger Zugriffsmöglichkeiten: „Es kümmert mich nicht, dass Instagram von Facebook gekauft wurde. Ich will nur, dass es nicht gesperrt wird“, schreibt Javad. Seine  Befürchtung war offenbar berechtigt. Wenige Stunden nach der Übernahme berichtet Azadeh, dass Instagram gesperrt wurde: „Verdammt, Mark Zuckerberg, Instagram ist nun gesperrt. :\“
Noch zwei weitere Twitter-Nutzer berichteten über die Sperre. Mehrdad Rajabi antwortet Azadeh: „Alle Fotos, die vor zwei oder drei Tagen auf Instagram hochgeladen wurden, sind im Iran nur noch über VPN aufzurufen.“ Virtual Private Network, ein geschlossenes Rechnernetz, das auf einer öffentlichen Netzwerk-Infrastruktur aufgebaut ist. Aly antwortet: „Das kommt, weil die [gemeint ist Facebook, die Red.] alle Instagram-Fotos auf die Facebook-Server übertragen haben.“ Denn  Facebook ist gesperrt im Iran.
Quelle: Iran Media Programm
Aus dem Englischen: Resa Mohabbat-Kar
The Iran Media Program is a collaborative network designed to enhance the understanding of Iran’s media ecology. Our goal is to strengthen a global network of Iranian media scholars and practitioners (the Iran Media Scholars Network) and to contribute to Iran’s civil society and the wider policy-making community by providing a more nuanced understanding of the role of media and the flow of information in Iran. More.