Ethnische Minderheiten wählten Rouhani
Obwohl Medien und politische Organe der ethnischen Minderheiten im Iran keinen der Präsidentschaftskandidaten favorisiert hatten, stimmten viele Angehörige für den Reformkandidaten Hassen Rouhani. Trotzdem glauben längst nicht alle daran, dass der neue Präsident für die Lösung ihrer Probleme eintreten wird.
Die Wahlbeteiligung in den iranischen Provinzen, die mehrheitlich von ethnischen Minderheiten bewohnt werden, sei hoch gewesen, berichtet die persischsprachige Webseite der Deutschen Welle (DW). Für diese Meldung hat sich die DW nicht nur auf offizielle Zahlen verlassen, sondern auch Journalisten und Menschenrechtler in verschiedenen Provinzen befragt. Demnach soll die Mehrheit der Angehörigen ethnischer Minderheiten den schiitischen Geistlichen Hassan Rouhani gewählt haben.
Waren es bei den Präsidentschaftswahlen 2009 nur die Reformkandidaten, die sich in ihrem Wahlkampf auch mit den Minderheiten beschäftigt hatten, sprachen im jetzigen Wahlkampf fast alle Rivalen davon. Sie bereisten verschiedene Provinzen des Landes und machten den Wählern dabei allerhand Versprechungen.
In der ostaserbaidschanischen Stadt Maraghe etwa sicherte der Hardliner Mohsen Rezai den Menschen zu, er werde im Falle seiner Präsidentschaft an den Universitäten die Sprachen der verschiedenen Volksgruppen als Lehrfächer einführen. Auch die konservativen Kandidaten Ali Akbar Velayati und Mohammad Bagher Ghalibaf kündigten an, sich um die Belange der Minderheiten zu kümmern.
Zusicherungen ohne Garantie
Der aserbaidschanische Geistliche Heydar Bayat, der in seiner Volkssprache Aseri Gedichte schreibt, hält nichts von solchen Wahlversprechen. In einem Interview mit der persischen Redaktion der Deutschen Welle (DW) kritisiert er sie als „Verheißungen, die ohne Folgen bleiben“. Auf die Frage, inwieweit solche Versprechungen sich auf die Wahlergebnisse auswirkten, erklärt der Kleriker: „Da alle Kandidaten es gleichermaßen tun, werden die Zusicherungen bei den Wählern keine entscheidende Rolle spielen. Außerdem bleiben sie ohne Garantie.“ Bayat zufolge hat die Diskussion über den Status der Volkssprachen im Iran aber in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen: „Die Volksgruppen, besonders die jungen Menschen, sprechen offen über die Benachteiligung der Minderheiten“. Als Beispiel nennt Bayat die Provinz Aserbaidschan, „wo die Mehrheit davon überzeugt ist, dass die aserbaidschanische Sprache vernachlässigt wurde“.
Ohne Favoriten
Auch Hadschi Morad Gonbadi, politischer Analytiker aus der nordostiranischen Stadt Gonbad-e-Kawus, bezeichnet der DW gegenüber die Ankündigungen der Kandidaten als „leere Versprechen für Wählerstimmen“. Gonbadi ist überzeugt davon, dass es keinen Willen zur Stärkung der vielfältigen Sprachen und zur Förderung der religiösen Minderheiten im Iran gebe. Seiner Einschätzung nach unterstützen die Turkmenen im Nordosten des Landes keinen bestimmten Kandidaten.
Der Iran ist ein Vielvölkerstaat mit vielen ethnischen und religiösen Minderheiten. Etwa 88 Prozent der über 75 Millionen Einwohner sind schiitische Muslime. Der Rest der Bevölkerung sind Sunniten, Armenier, Assyrer, Bahá’í, Juden, Mandäer, Sufis und Zaratustrier. Knapp die Hälfte der Iraner sind Perser, deren Sprache Farsi Amtssprache ist. Außerdem gibt es die ethnischen Minderheiten der Aserbaidschaner, Kurden, Loren, Belutschen, Araber und Turkmenen.
FP