Die Rolle der Social Media beim Helfen der Erdbebenopfer

Die schweren Erdbeben im Iran haben gezeigt, was für eine Macht die sozialen Netzwerke im Internet haben: sie berichteten schneller, konnten durch Bilder die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit erwecken und kritisierten die Mängel im Krisengebiet. Damit korrigierten sie in erheblichem Maße die staatlich kontrollierten Medien.
Schon in den ersten Stunden nach den zwei schweren Erdbeben am 11. August, bei denen mehr als 300 Menschen ums Leben kamen, etwa 4.000 Menschen verletzt wurden und bis zu 16.000 Menschen ihr Obdach verloren, haben Internet-AktivistInnen die Menschen in der ganzen Welt mit den Folgen der Erdbeben in Aserbaidschan konfrontiert. In zahlreichen Twitts forderten sie die Weltgemeinschaft auf, den Opfern zu helfen. Sie kritisierten auch die staatliche Fernsehanstalt IRIB, weil sie nicht rechtzeitig und ausreichend über die Naturkatastrophe berichtet habe.
Faranak Majidi, Bloggerin von 1pezeshk.com, kommentierte die Wichtigkeit der sozialen Netzwerke bei solchen Tragödien: „Das bittere Ereignis hat wieder einmal die Macht der Social Media gegenüber der staatlichen Fernsehanstalt zutage gebracht. Es gab eine große Anzahl von nützlichen Tweets, die Informationen über das Geschehen vermittelten, und auch Tipps gegeben haben, wie man den Opfern helfen könnte“. Auch Mehrdad Nayeb kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Die Social Media, die [vom Regime] als Werkzeuge des weichen Krieges bezeichnet werden, sind Hundertmal effektiver als die staatlichen Sender.“
Die Hashtags # PrayForIran und # Earthquake wurden zu Topthemen (Trending Topic) auf Twitter. Auch auf Google+ war  # EarthquakeIran ein beliebtes Thema. Auf Facebook bekamen Seiten mit  Informationen über das Erdbeben enorme Aufmerksamkeit. Eine Gruppe von StudentInnen der Universität Tabriz hat eine Seite für die Unterstützung der Hinterbliebenen eingerichtet, die in weniger als eine Woche 24.000 Fans gewonnen hat. Sie schreiben: „Wir bevorzugen etwas zu tun,  statt nur zu seufzen, zu nörgeln oder zu fluchen“. Sie zeigen Fotos von den Hilfsgütern, die sie in das Krisengebiet entsandt haben.
Die Facebook-Seite „Hilfe für die Überlebenden des Erdbebens in Aserbaidschan“ hat auch sehr schnell viele Fans gewonnen. Die Initiatoren sitzen im Ausland: „Diese Seite wurde von einer Gruppe von Freiwilligen in Toronto, Kanada, mit der Absicht geschaffen, den Überlebenden des Erdbebens zu helfen. Der Hauptzweck dieser Seite ist das Ermöglichen des direkten Zugangs zu den nicht-kommerziellen und nicht-staatlichen Organisationen und Gruppen, die den Menschen im Krisengebiet helfen wollen.“
Saghi Laghaie, eine iranische Journalistin, die die Erdbebenregion besucht hat, schrieb auf ihrer Facebook-Seite einen Bericht, der etwa 1.000 Mal „geteilt“ wurde und viele Kommentare hervorrief. Eine der rührigsten Szenen, die sie in einem der zerstörten Dörfer erlebt hat, ist das Treffen mit einem Lehrer, der vor Jahren in dem Dorf unterrichtet hatte. „Nun war er gekommen, um sich über seine ehemaligen Schüler zu erkundigen.“

Transparency for Iran

Kein Vertrauen
Viele IranerInnen im Ausland wissen immer noch nicht, wie sie den Hinterbliebenen helfen könnten. Sie trauen den staatlich gelenkten Organisationen nicht. Auf das Konto der iranischen NGOs können sie auch keine Gelder überweisen, weil die iranischen Banken unter Sanktionen stehen. Einige Internetnutzer  haben die USA aufgefordert, vorübergehend die Sanktionen aufzuheben. Twitter-Nutzer Sallar glaubt, die USA hätten falsche Prioritäten: „Die USA sollten an die Hinterbliebenen des Erdbebens denken und nicht mit den Sanktionen den Hilfswilligen das Leben schwer machen.“ Die Tweeter-Nutzerin Asma Karoobi  schreibt über ihre Frustrationen mit PayPal: „Im Iran brauchen die Menschen humanitäre Hilfe, aber PayPal blockiert Transaktionen.“
Kritik an den Präsidenten
Der iranische Präsident, Mahmoud Ahmadinedschad, hat das Erdbebengebiet nicht besucht und auch sich darüber nicht geäußert. Das löste in der Öffentlichkeit eine Welle der Kritik aus. Auch InternetaktivistInnen griffen ihn deshalb an. Twitter-Nutzer Persian Banoo schreibt: „Ahmadinedschad hat die Unverschämtheit in die Höhe getrieben. Er schweigt über das Erdbeben, schickt aber eine Beileid-Nachricht an den Präsidenten von Sierra Leone, weil dessen Mutter gestorben ist.“ Friendfeed Benutzer Hosein Jozi kommentierte die Tatsache, dass Ahmadinedschad direkt nach dem Erdbeben nach Saudi-Arabien geflogen ist: „Wenn in einem anderen Land ein Erdbeben passiert, während dessen Präsident im Ausland ist, kehrt er sofort in sein Land zurück. Aber hier [im Iran] ist das Gegenteil der Fall“.
FP
Quelle: Iran Media Programm
The Iran Media Program is a collaborative network designed to enhance the understanding of Iran’s media ecology. Our goal is to strengthen a global network of Iranian media scholars and practitioners (the Iran Media Scholars Network) and to contribute to Iran’s civil society and the wider policy-making community by providing a more nuanced understanding of the role of media and the flow of information in Iran. More.