Autounfälle, Brände, Ertrinken: die Charts der nichtnatürlichen Todesursachen im Iran

Laut neuesten offiziellen Statistiken der iranischen Regierung haben zwischen 2000 und 2010 etwa 438.000 Menschen durch Autounfall, Ertrinken, Stromschlag, Gasvergiftung und Brände ihr Leben verloren. Mehr zu den staatlichen Angaben und den nichtnatürlichen  Todesursachen im Iran.
„Die Regierung Mahmoud Ahmadinejads hat stets das staatliche Amt für Statistik gezwungen, verschiedene Statistiken zu manipulieren“. Mit dieser Behauptung lieferte  der frühere Vizepräsident des iranischen Amtes für Statistik, Khalil Saidi, den Beweis für die Skepsis der Experten in Bezug auf offizielle Statistiken im Iran. Seit Jahren wird die Regierung wegen Zurückhalten oder Manipulieren von Statistiken kritisiert. Deshalb wurde – und wird – grundsätzlich jede offizielle Statistik angezweifelt. Auch die letzte Erhebung der Regierung stellt keine Ausnahme dar.
Zwischen 2000 und 2010 sollen mehr als 438.000 Menschen im  Iran durch Autounfälle, Stromschlag, Gasvergiftung, Brände oder Ertrinken ums Leben gekommen sein. Doch Experten bezweifeln die Richtigkeit der Angaben. Darüber hinaus seien sie unübersichtlich und unpräzise, da beispielweise aus diesen Statistiken nicht hervorgeht wie viele der Opfer Selbstmord begangen haben. Auch die Zahl der durch Alkohol verursachten Todesfälle ist nicht angegeben. Der Grund dafür ist das strenge Verbot von Suizid und Alkoholgenuss im Islam.
Todesursache Nummer eins

Im Durchschnitt sterben jährlich etwa 24.000 IranerInnen durch Verkehrsunfälle.
Im Durchschnitt sterben jährlich etwa 24.000 IranerInnen durch Verkehrsunfälle.

Die von der Nachrichtenagentur MEHR veröffentlichten Statistiken zeigen vor allem, dass auf der Liste der Todesursachen nach wie vor Verkehrsunfälle ganz oben stehen. Dadurch seien innerhalb von zehn Jahren insgesamt 241.240 IranerInnen zu Tode gekommen. Dabei ist das Jahr 2006 mit 27.567 Todesopfern der Rekordhalter.
An zweiter Stelle rangiert Tod durch Brände. Demnach sind zwischen 2000 und 2010 fast 27.000 Menschen durch akute Verbrennung ums Leben gekommen. Danach folgt das Ertrinken, mit etwa 12.375 Todesopfern als  Todesursache Nummer drei.
Todesfälle durch Vergiftungen nehmen zu
Aus der Statistik geht weiter hervor, dass immer mehr Menschen in Folge einer Vergiftung zu Tode kommen. Innerhalb des genannten Zeitraumes hätten 3.408 Menschen  durch Medikamentenvergiftung ihr Leben verloren. Weitere 7.285 Menschen seien durch Gasvergiftung ums Leben gekommen, die meisten von ihnen durch das geruchlose Kohlenmonoxid.
Transparency for Iran

Obwohl jährlich viele, vor allem junge Menschen, in den iranischen Provinzen durch den Konsum von hochprozentigen, nicht illegal gebrannten Spirituosen sterben, findet diese Ursache auf der Regierungsliste keine Erwähnung. Nach dem jüngsten  Bericht des iranischen Instituts  für Rechtsmedizin, der Mitte Mai veröffentlich wurde, starben im Jahr 2011 etwa 93 Menschen durch Alkoholvergiftungen. 2010 waren es sogar 145 Personen, die Alkoholvergiftungen zum Opfer fielen. Die Experten schätzen die Dunkelziffer viel höher, denn die meisten Menschen, die eine  Alkoholvergiftung erleiden, aus Angst vor Strafe und Repressalien nur selten in ein Krankenhaus gebracht würden.
Verschwiegen wird in dem Report ebenfalls die Zahl der Suizide. Anfang des Jahres hatte der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin“, Ahamd Shojaei, gewarnt, die Zahl der Suizide sei im Jahre 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent gestiegen.
Aluminiumphosphid –Tabletten
Aluminiumphosphid –Tabletten. Foto: erowid-opium.blogspot.com.
Aluminiumphosphid –Tabletten. Foto: erowid-opium.blogspot.com.

Das Institut für Rechtmedizin gab  vor kurzem bekannt, dass allein in den Monaten April bis Juni dieses Jahres etwa 116 Menschen in Teheran und in den nördlichen Provinzen Gilan und Mazandaran durch Aluminiumphosphid –Tabletten ums Leben gekommen seien – Tendenz  steigend, so das Institut.
Während im Jahre 2009 landesweit etwa 214 Menschen den Aluminiumphosphid-Tabletten zum Opfer fielen, wurden 2011 rund 463 Todesfälle registriert.
Aluminiumphosphid wird zum Schädlingsbekämpfung angewendet. Im Norden des Iran wird es aber auch für die „bessere“ Aufbewahrung von Reis in den Lagern benutzt.  Beim Kontakt mit Wasser oder Säuren entwickelt  Aluminiumphosphid  entzündliches und hochgiftiges Phosphan.
Falsche Aufklärung
Manche Kritiker meinen, die Behörden träfe wegen mangelnde Aufklärung und „falscher Vergleiche“ zumindest eine Teilschuld, was den Gebrauch von Aluminiumphosphid –Tabletten anbelangt. Die Nachrichtenagentur MEHR zitierte neulich einen Experten der Teheraner Universität Shahid Beheshti: „Manche Verantwortlichen haben die Aluminiumphosphid –Tabletten mit dem Aufputschmittel Ecstasy verglichen. Das führte dazu, dass danach noch mehr Jugendliche sich mit den Aluminiumphosphid –Tabletten vergifteten.“
MDM / FP
Quelle: Deutsche Welle