Aids in der islamischen Republik

Im Iran steigt die Zahl aidsinfizierter Frauen und junger Erwachsener deutlich. Das geht aus einer Studie der medizinischen Universitäten des Landes hervor. Gesundheitsexperten schlagen Alarm. Sie fordern mehr medizinische Versorgung und Aufklärung.
Der Bericht der Hochschulen mit dem Titel „Letzte Zahlen über AIDS-Erkrankung im Iran“ geht von 26.125 Aidsinfizierten im Iran aus, davon 89,8 Prozent Männer und 10,2 Prozent Frauen. Es fehlt allerdings die Zeitangabe: Aus welchem Jahr die Zahlen stammen, bleibt unklar.
Dabei differieren die Angaben über Aidserkrankte im Iran stark: Nach offiziellen Angaben des iranischen Gesundheitsministeriums gibt es im Iran nur 4.438 diagnostizierte Fälle, von denen 2006 fünf Prozent und 2011 neun Prozent Frauen gewesen seien. 5.182 IranerInnen sind laut Gesundheitsministerium bereits an Aids gestorben. Die staatliche Wohlfahrtsorganisation „Behzisti“ meldet dagegen Anfang 2013 bereits mehr als 25.000 Aidsinfizierte.
Der Studie der medizinischen Universitäten zufolge sind Menschen zwischen 25 und 34 Jahren mit 46,1 Prozent die größte Gruppe unter den Aidsinfizierten. 2012 sei die Krankheit in 52 Prozent der Fälle beim Drogenkonsum und durch gemeinsame Benutzung von Spritzen übertragen worden. Ungeschützter Geschlechtsverkehr war bei etwa einem Drittel die Ursache der Ansteckung. Bei 3,2 Prozent ist die Erkrankung durch Mutter-Baby-Übertragung weitergegeben worden.
Iranische Zeitungen berichten, seit 1986 seien über 86 Prozent der Infektionen bei Drogenkonsum entstanden, nur 12 Prozent bei ungeschütztem Sex und ein Prozent durch die Mutter-Baby-Übertragung. Die Zahlen der Universitäten weisen damit auf einen deutlichen Anstieg der Ansteckung durch ungeschützten Sex hin.
Einschätzung der Aidsforscher

Selbsthilfegruppen Aids-Infizierter werden im Iran verfolgt
Selbsthilfegruppen Aids-Infizierter werden im Iran verfolgt

Experten befürchten, dass die Statistiken nur etwa ein Viertel der Aidserkrankten erfassen. Sie schätzen, dass die restlichen 75 Prozent von ihrer Erkrankung nichts wissen oder sich nicht trauen, ihre Infektion bekanntzugeben.
Der HI-Virus scheint die Regierung von Mahmud Ahmadineschad wenig zu interessieren. Der 1988 von der Weltgesundheitsorganisation eingeführte Welt-Aids-Tag wurde aus den iranischen Kalendern gestrichen – mit der Begründung, das Thema betreffe den Iran nicht. Arash Alai, iranischer Arzt und Aids-Forscher, sagte in einem Interview mit der Deutschen Welle, ein von Fachleuten erarbeitetes  Aufklärungsprogramm über Aids für Schulen sei nie zur Umsetzung gekommen. Ahmadindeschads Regierung hat auch den Import von Kondomen verboten. Außerdem werden Selbsthilfegruppen Aids-Infizierter und Mediziner, die sich um ihre Belange kümmern, eifrig verfolgt. Wie auch Doktor Alai: Er und sein Bruder wurden wegen ihrer Aufklärungstätigkeit verhaftet. Nach internationalem Protest kamen sie frei und verließen den Iran.
fp