Ahmadinedschads neue Beschäftigung
Ex-Präsident Mahmud Ahmadinedschad wird für die wirtschaftlichen und politischen Probleme des Irans verantwortlich gemacht. Doch auf die immer schärfer werdenden medialen Attacken und Vorwürfe reagiert der Angegriffene nicht. Wo steckt er?
Mit der Unterstützung von Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei war Mahmud Ahmadinedschad 2005 Präsident der Islamischen Republik Iran geworden und blieb es bis August 2013. Sein harter innen- wie außenpolitischer Kurs wurde von den Konservativen begrüßt, seinen verbalen Attacken gegen die USA und Israel wurde sogar von Teilen der Reformer im Stillen Beifall gezollt. Doch dann überwarf sich Ahmadinedschad mit seinem Schutzherrn Khamenei – der Anfang vom Ende seiner politischen Karriere. Tag für Tag wurde es stiller um den lauten Präsidenten.
Obwohl er nun seit fast zwei Monaten gar nicht mehr in Erscheinung tritt, vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht vonseiten der neuen Regierung, des Parlaments und sogar einstiger Weggefährten für die Misere des Landes verantwortlich gemacht wird. Der letzte Angriff stammt von Mohammad Reza Khabbaz, einem Mitglied der Rechtskommission des iranischen Parlaments. Am 19. September sprach der Parlamentarier im Interview mit dem Nachrichtenportal Khane Melat und der Zeitung Iran von der „Kapitalflucht“ unter Mahmud Ahmadinedschad: „Durch sein Missmanagement verursachte Ahmadinedschad eine Kapitalflucht von über 600 Milliarden Dollar“, so der Abgeordnete. Das sei „ein harter Schlag für die iranische Wirtschaft“ gewesen. Geld, welches die Wirtschaft hätte ankurbeln sollen, sei ins Ausland abgewandert. „Daraus resultieren das negative Wirtschaftswachstum von 5,5 Prozent und die 3,5 Millionen Arbeitslosen“, glaubt Khabbaz. Die Gelder seien über Anrainerstaaten des Persischen Golfs in andere Länder gebracht worden, schreiben iranische Websites. Laut Medienberichten haben allein in den vergangenen sechs Monaten über 400 iranische Firmen ihren Sitz in die Türkei verlegt.
Ahmadinedschads letzte Aktivitäten
Am Ende seiner Amtszeit hatte Ahmadinedschad sich vorgenommen, eine Universität zu gründen – mit Geld aus der Staatskasse. Nach Angaben iranischer Nachrichtenportale soll das Präsidialamt am 4. August – dem letzten Tag von Ahmadinedschads Regierungszeit – umgerechnet etwa vier Millionen Euro auf sein Konto überwiesen haben, um die Eröffnung der von ihm geplanten neuen Universität zu unterstützen. Doch der Rechnungshof sperrte das Geld.
Seitdem ist der Ex-Präsident medienscheu geworden. Es hat den Anschein, als ob er sich aus der Politik zurückgezogen hat. Öffentlich tauche er nur im Kreise seiner Anhänger auf und predige Gerechtigkeit, schreiben iranische Websites. Die letzte Nachricht über ihn erschien am 19. September: Ahmadinedschad hielt in einer Teheraner Moschee eine Predigt. „Die einzige mögliche Verbindung zu Gott geht über den Imam“, soll er da gesagt haben.
Mit „Imam“ ist der schiitische Messias, Imam Mahdi, gemeint, der sich nach schiitischem Glauben seit 874 n.C. im Verborgenen aufhält und irgendwann erscheinen wird, um Gerechtigkeit walten zu lassen. „Die Verbreitung der Gerechtigkeit ist nur durch die absolute Hingabe der Gläubigen dem Imam gegenüber möglich“, verkündete Ahmadinedschad. Zur Veranschaulichung der Verbindung der Gläubigen zu Imam Mahdi soll er gesagt haben: „Es ist genau wie das Verhältnis der Glühbirnen zu einem Kraftwerk.“
Am Ende der Veranstaltung beantwortete Ahmadinedschad Fragen nur knapp. Die Anschuldigungen ihm gegenüber bezeichnete er als „ungereimtes Zeug“. Deutlich ärgerlich wurde der Ex-Präsident, als ein junger Reporter ihn nach den Gründen der Feindschaft zwischen ihm und den konservativen Hardlinern fragte. Ahmadinedschad erkundigte sich nach Alter und Studienfach des Reporters und empfahl ihm dann, er solle „weiter studieren, statt sich mit solchen Problemen zu beschäftigen.“
Ob er in vier Jahren wieder für das Präsidentenamt kandidieren werde, wollte einer seiner Anhänger wissen. Ahmadinedschads Antwort an ihn lautete: „Sie meinen, der Imam wird bis dahin nicht erscheinen? Er wird in vier Jahren kommen und die Welt in Ordnung bringen.“
FT
Aus dem Persischen: Said Shabahang