Tajzadeh: „Khamenei ist der Hauptverantwortliche für jede künftige Krise“

Der iranische politische Gefangene Mostafa Tajzadeh hat den obersten Führer der Islamischen Republik, Ali Khamenei, in einem öffentlichen Brief scharf kritisiert. In dem am 18. November auf der Website Kalameh veröffentlichten Schreiben bezeichnet er ihn als den „Hauptverantwortlichen“ nicht nur für die aktuelle Krise, sondern auch für jede künftige Instabilität in Iran.

Unter der Überschrift „Nach zwölf Tagen“ erklärt Tajzadeh, Khamenei trage die Verantwortung für die umfassende politische, soziale und wirtschaftliche Krise im Land. Der Oberste Führer der Islamischen Republik besitze „weder den Mut, das bittere Gift zu trinken, noch den Anstand, zurückzutreten“, so der 66-Jährige, der seit den Wahlen in Iran im Jahr 2009 bisher zehn Jahre im Gefängnis verbracht hat und aktuell eine Strafe bis 2027 verbüßen soll. Tajzadeh war in den späten 1990er Jahren stellvertretender Innenminister der damaligen Reformregierung, wurde später jedoch aus allen Ämtern entfernt.

Der ehemalige Reformpolitiker wirft Khamenei vor, weder in der Lage zu sein, den Kopftuchzwang durchzusetzen, noch, die Freiheit der Frauen zu akzeptieren. Ebenso könne er weder die Militarisierung des Staates fortsetzen noch die Verwaltung des Landes zivilen Kräften überlassen. Er warnt, Khamenei könne den Wandel in der iranischen Gesellschaft nicht verhindern, aber er könne ihn extrem teuer machen und das Land in eine Zukunft voller Gewalt und Chaos führen. Iran befinde sich in einem „explosiven Zustand“, in dem jederzeit landesweite Aufstände ausbrechen könnten – „deren Ausgang nicht notwendigerweise demokratisch sein muss“, so Tajzadeh in dem offenen Brief: „Sollte Khamenei an seiner freiheitsfeindlichen Politik festhalten oder neue Repressionen anordnen, wäre das ein katastrophaler Fehler.“

Er hebt auch die wachsende Zivilcourage der Bevölkerung hervor, die trotz Repression „durch Bewusstsein, Mut und Kreativität die zerstörerische Politik des Regimes weitgehend neutralisiert“ habe. Die Protestbewegung „Frau, Leben, Freiheit“ habe den ideologischen Anspruch der Herrschenden endgültig entlarvt: „Die meisten Menschen betrachten das System der Geistlichen als gescheitert und den Führer selbst als den Hauptverursacher des gegenwärtigen Elends.“ Khameneis einzige realistische Optionen seien entweder die Abgabe der gesamten Macht oder die Einleitung eines inklusiven politischen Prozesses, der allen Bürger*innen eine friedliche Teilhabe ermöglicht. Andernfalls drohe Iran in „Gesetzlosigkeit und Anarchie“ zu stürzen.

Zugleich bezeichnet Tajzadeh direkte Gespräche mit den USA in Verbindung mit inneren Reformen als „notwendig und positiv“.

Bereits im Juli 2025 hatte Tajzadeh Khamenei aufgefordert, „dem Willen des Volkes nach grundlegenden Veränderungen nachzukommen oder von der Macht zurückzutreten“. Auch der seit 15 Jahren unter Hausarrest stehende Oppositionsführer Mir Hossein Mousavi hatte zuvor ein Referendum über die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung gefordert, um „das Selbstbestimmungsrecht der Bürger*innen zu verwirklichen und die Einmischung ausländischer Kräfte zu verhindern“.