Demokratisierung mit fremder Hilfe?

Welche Rolle soll und darf ausländische Unterstützung beim Übergang zur Demokratie im Iran spielen? Und wo hört die Unterstützung auf und fängt die Einmischung an?
„Die Akteure der islamischen Revolution 1979 haben die politische und militärische Unterstützung aus dem Ausland zum Sturz des Schah-Regimes nicht abgelehnt“, schrieb die iranische Nachrichtenagentur Mehr im vergangenen Februar. Hafiz al-Assad, der Vater des derzeitigen syrischen Diktators Baschar al-Assad, sei damals einer der wichtigen Unterstützer gewesen, so Mehr. Es soll auch Hilfe aus Kuwait und Libyen gegeben haben.
Über mögliche Hilfe des Auslands beim Sturz des heutigen iranischen Regimes gehen die Meinungen allerdings stark auseinander. Während die islamischen Hardliner jede ausländische Unterstützung der Opposition als Einmischung und Provokation verteufeln, gibt es innerhalb der Reformkräfte und säkularen Oppositionellen unterschiedliche Meinungen darüber.
Das persischsprachige Online-Magazin tableau wollte wissen: Welche Rolle spielt ausländische Hilfestellung beim Übergang zur Demokratie? Wo hört die Unterstützung auf, wo fängt die Einmischung an? Darf ein Volk grundsätzlich in der Übergangsphase Hilfen aus dem Ausland erhalten? Dazu wurden einige iranische AnalystInnen und ExpertInnen, die zurzeit im Ausland leben, befragt. Iran Journal veröffentlicht nachfolgend Auszüge der Antworten.
Legitim, aber …

Ali Afshari
Ali Afshari

Es gebe gelungene Fälle des Übergangs zur Demokratie, in denen ausländische Kräfte eine durchaus positive Rolle gespielt hätten, sagt etwa Ali Afshari, politischer Aktivist und einst führendes Mitglied der 1979 gegründeten iranischen Studentenorganisation Office for Strengthening Unity. „Die ausländische Kraft darf zu den inländischen Kräften keine Alternative darstellen und diese schwächen beziehungsweise stärken“, so Afshari. Die Führungsrolle müsse unbedingt im Inland bleiben. „Respekt vor den Bürgerrechten, das Recht auf Bestimmung der eigenen Zukunft und die territoriale Integrität machen den Unterschied zwischen Unterstützung und Einmischung aus. Die ausländische Hilfe darf vor allem nicht für politische Machtspiele und Privilegien missbraucht werden.“
Legitim, wenn …
 „Mit bloßen Händen und ohne finanzielle beziehungsweise mediale Möglichkeiten kann man ein Regime nicht bekämpfen, das sowohl unerschöpfliche Finanzquellen als auch mächtige Propagandaorgane, Waffen und Repressionsmöglichkeiten hat“, meint Amir Hossein Etemadi, Mitbegründer der Organisation Iranian Liberal Students and Graduates. „Solche Regime, die normalerweise selbst aus dem Ausland unterstützt werden, versuchen, ausländische Unterstützung für die Opposition als verwerflich und anstößig darzustellen.“
Amir Hossein Etemadi
Amir Hossein Etemadi

Art und Weise sowie Umfang ausländischer Unterstützung seien jedoch von den Umständen der jeweiligen Länder abhängig. Im Iran etwa würde eine militärische Intervention unter den gegenwärtigen Umständen den Übergang zur Demokratie eher komplizierter machen, glaubt Etemadi: „Unter bestimmten Voraussetzungen jedoch, wenn die Islamische Republik beispielsweise ein Blutbad anrichten würde, wäre ein ausländischer Angriff zum Schutz der wehrlosen Bevölkerung nicht nur legitim, sondern zwingend erforderlich.“
Der politische Aktivist nennt in diesem Zusammenhang den Sieg über den Nationalsozialismus in Deutschland sowie die Abschaffung der sogenannten kommunistischen Regime in Polen und der Tschechoslowakei und des Apartheid-Regimes in Südafrika. Diese hätten nur mit Hilfe aus dem Ausland besiegt werden können. Das sei keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der genannten Staaten gewesen, sagt Etemadi: „Dass einige europäische Staaten die Islamische Republik unterstützen und die Stimme des protestierenden Volkes ignorieren: Das ist ein Beispiel für die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder.“
Keine Exportgüter 
Nouredin Pirmoazen
Nouredin Pirmoazen

„Das Beispiel der US-Invasion in den Irak hat zum wiederholten Mal bewiesen, dass man weder Demokratie noch Freiheit in ein Land exportieren kann“, sagt Nouredin Pirmoazen, ehemaliger Abgeordneter des iranischen Parlaments. Er weist darauf hin, dass Meinungs- und Pressefreiheit, ein Mehrparteiensystem und freie Wahlen das Rückgrat moderner und demokratischer Gesellschaften seien.
Die Rolle ausländischer Staaten beim Aufbau der Demokratie in despotischen Ländern sollte sich auf Ausbreitung und Vertiefung der allgemeinen Bildung, die Entwicklung von Kommunikationsmöglichkeiten und die Bekämpfung politischer und wirtschaftlicher Korruption beschränken. „Weder mit Patronen noch mit Kanonen und auch nicht mit Raketen kann man Demokratie und Freiheit etablieren“, so Pirmoazen.
Ja, wenn es der „Freiheit“ dient
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