Von der Wirksamkeit der US-Sanktionen gegen Iran

Das Säbelrasseln am Persischen Golf geht einher mit zunehmenden Sanktionen der USA gegen den Iran. Doch warum haben diese Maßnahmen bisher nicht zum erwünschten Ziel geführt? Warum kann die Islamische Republik ohne Furcht vor Konsequenzen einer Weltmacht Nadelstiche zufügen? Wie verhält sich die iranische Opposition zum drohenden Flächenbrand in der Region? Antworten von Dawud Gholamasad.

Die USA mussten schließlich das Scheitern ihrer „Sanktionen“ gegen die „Islamische Republik“ praktisch eingestehen. Denn hätten die von den USA verhängten „Sanktionen“ und deren Verschärfung als „maximaler Druck“ ihr Ziel erreicht, hätten sie nicht mit zusätzlicher verantwortungsloser militärischer Drohgebärde auftreten müssen. Verantwortungslos ist die massive navale Mobilisierung zur Einschüchterung des Regimes in Teheran, weil die unbeabsichtigten katastrophalen Folgen eines regionalen Flächenbrandes leichtfertig in Kauf genommen wurden; darüber hinaus wurde unbeabsichtigt die Angemessenheit der Strategie der Externalisierung des Kriegsschauplatzes des Regimes bestätigt, indem sie sich, aus Rücksicht auf die wahrscheinliche Eskalation des Konfliktes, mit möglichen militärischen Reaktion auf die Herausforderungen im Persischen Golf zurückhalten mussten.
So haben die USA zwar einen Flächenbrand vermieden, indem sie der Falle einer „asymmetrischen Kriegsführung“ außerhalb Irans mit seinen regional weit verstreuten Stellvertretern auswichen. Aber sie verschafften zugleich dem Regime eine willkommene Chance, die „Richtigkeit“ seiner bisherigen expansiven außenpolitischen Praxis innenpolitisch zu legitimieren. So haben sie die Angemessenheit der Einsätze eines „Feuermanns“ bestätigt, der das zuvor als Pyromane gelegte Feuer löscht.
Das Regime hat immer wieder seine expansiven außenpolitischen Aktivitäten als „sicherheitspolitisch notwendige Vertiefung der strategischen Verteidigungslinie“ gerechtfertigt, weil es seine Feinde exterritorial militärisch bekämpfen wolle. Während gerade diese expansive Außenpolitik die Nachbarländer beunruhigte, für deren Eindämmung die erfolglosen US-Sanktionen eingeführt werden sollte. Denn die Verhinderung der atomaren Aufrüstung, die das Regime als „Abschreckung“ geplant hatte, war ja bereits durch das gemeinsame Abkommen der Vetomächte sowie Europa und Deutschland längst besiegelt, das Trump als „Obama legacy“ gekündigt hatte.
Worin liegt nun der Grund des Scheiterns der „Sanktionen“ als „maximaler Druck zu „Verhaltensänderung des Regimes“ im Iran?
Die Verlängerung und Verschärfung dieser „Sanktionen“ hat vor allem dazu geführt, dass die schon leidende Mehrheit der Iraner noch mehr leidet. Hinzukommt, dass sie überhaupt keine Sanktionen im völkerrechtlichen Sinne sind, die eine internationale Unterstützung hätte erwarten lassen. Dazu hat die Fundamentalopposition bisher weitgehend geschwiegen, was die rechtsmoralische Legitimität ihrer Opposition gegen die ebenso (völker-)rechtswidrig handelnde „Islamische Republik“ beeinträchtigt.

Keine Deckung durch das Völkerrecht

Sanktionen sind in der Regel durch Gesetze angedrohte Strafmaßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, konkretes Fehlverhalten zu unterbinden und damit Rechtsnormen durchzusetzen. Im Strafrecht dienen sie gemäß den Strafzwecktheorien dazu, den durch das missbilligte Verhalten gestörten Rechtsfrieden wiederherzustellen. Sanktionen dienen hier also auch der Kriminalprävention.
Im Völkerrecht werden nur kollektive Maßnahmen nach Artikel 39ff. der UN-Charta als Sanktion bezeichnet. Als UNO-Sanktionen erfordern sie daher einen Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und ein entsprechendes UN-Mandat. Völkerrechtlich bezeichnet man mit Sanktionen daher als Zwangsmaßnahmen gegen ein Völkerrechtssubjekt, insbesondere zur Durchsetzung von Beschlüssen des UN-Sicherheitsrats durch Wirtschaftssanktionen.

Internationale Sanktionen wegen des Atomprogramms und Missmanagement haben die Armut im Iran verschärft
Internationale Sanktionen wegen des Atomprogramms und Missmanagement haben die Armut im Iran verschärft

 
Völkerrechtliche Grundlage für die Verhängung von Sanktionen ist der Artikel 41 der Charta der Vereinten Nationen: Der Sicherheitsrat kann beschließen, welche Maßnahmen – unter Ausschluss von Waffengewalt – zu ergreifen sind, um seinen Beschlüssen Wirksamkeit zu verleihen; er kann die Mitglieder der Vereinten Nationen auffordern, diese Maßnahmen durchzuführen. Sie können die vollständige oder teilweise Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen, des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs, der Post-, Telegraphen- und Funkverbindungen sowie sonstiger Verkehrsmöglichkeiten und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen einschließen.
Als Teil des Kapitels VII der UN-Charta kann der Artikel nur dann Anwendung finden, wenn der Sicherheitsrat gemäß Artikel 39 vorher feststellt, dass aufgrund einer Angriffshandlung oder in der Fortdauer einer Streitigkeit oder einer Situation eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens besteht. Sanktionen können nur vom Sicherheitsrat verhängt werden, nicht einmal von der UN-Generalversammlung. Als alleinige Entscheidungsautorität kann er entscheiden, welche Staaten, Gruppen, Individuen oder Einrichtungen er sanktionieren will, welche Arten von Rohstoffen, Waren oder Dienstleistungen von den Sanktionen betroffen sein sollen und wie lange die Sanktionen andauern sollen. Darüber hinaus ist es dem Rat gestattet, den UN-Mitgliedern jeglichen Kontakt mit dem Sanktionsadressaten zu untersagen. Die Einhaltung sämtlicher Sanktionsmaßnahmen liegt jedoch in der Verantwortung jedes einzelnen Mitgliedsstaates.

Einseitiger „Wirtschaftskrieg“

Die von den USA eigenmächtig als „maximaler Druck“ auf die „Islamische Republik“ verhängten Sanktionen zum Zweck der „Verhaltensänderung des Regimes“ entbehren also jeglicher völkerrechtlichen Grundlage, selbst wenn die Fortdauer der außenpolitischen Ausrichtung des Regimes im Iran eine regionale Bedrohung oder einen Bruch des Friedens bedeuten sollte. Demzufolge fallen die „US-Sanktionen“ gegen die „Islamische Republik“ eindeutig unter die Kategorie „Wirtschaftskrieg“. Er wird in diesem Fall als eine intensive einseitige Konfrontation mit ökonomischen Instrumenten gegen Iran geführt, wobei, wie üblich, neben ökonomischen auch juristische, politische und geheimdienstliche Instrumente eingesetzt werden. Hinzu kommt eine unverantwortliche militärische Drohkulisse, die den US-Forderungen mehr Nachdruck verleihen soll. Dieser Wirtschaftskrieg ist insofern ein ergänzendes Element der kalten Kriegsführung, die in einen heißen übergehen kann; selbst wenn die USA immer wieder betonen, dass sie keinen Krieg führen wollen.
Die USA haben trotz internationaler Proteste die nach eigenen Angaben härtesten Wirtschaftssanktionen gegen den Iran in Kraft gesetzt. Nach den offiziellen Verlautbarungen von Donald Trump zielen sie keineswegs auf einen „Regimewechsel“, sondern nur auf eine Unterlassung der aggressiven außenpolitischen Orientierung und extraterritorialen Aktivitäten des Regimes, die nicht einmal regional begrenzt sind. Das „revolutionäre Regime“ soll so in einen völkerrechtlich verantwortlichen Staat umgewandelt werden, der kooperationsbereit ein Dasein in friedlicher Koexistenz mit seinen Nachbarn führt. Demzufolge sollte sich die „Islamische Republik“ von einer Angriffs- in eine Verteidigungseinheit umwandeln, womit sie auch keinen Bedarf an Angriffswaffen hätte. Deswegen sollte sie auch auf die atomare Aufrüstung genauso verzichten wie auf ballistische Raketen, die sonst zur Eskalation regionaler atomarer Aufrüstung führen würde.

Standpunkte der Opposition zu den Sanktionen
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