Hoffnung auf besseren Status

Ein nun vom iranischen Parlament verabschiedeter Gesetzentwurf könnte die Lebenssituation von Hunderttausenden Kindern ausländischer Väter im Iran verbessern – wenn der Wächterrat ihm zustimmt
Von Javad Kooroshy
Das iranische Parlament hat am 12. Mai einen Gesetzentwurf der Regierung zur Klärung der Staatsangehörigkeit von Kindern aus Ehen iranischer Frauen und ausländischer Männer angenommen. Dabei geht es um das Schicksal von Hunderttausenden Kindern. Denn das Bürgerliche Gesetzbuch des Iran aus dem Jahr 1933 verbietet bisher die automatische Verleihung der iranischen Staatsangehörigkeit an Kinder mit Ausländern verheirateter Iranerinnen.
Nach Artikel 976 dieses Gesetzes erhalten zwar alle Kinder iranischer Väter von Geburt an die iranische Staatsangehörigkeit – unabhängig davon, wo sie geboren sind und welche Staatsangehörigkeit ihre Mütter haben. Kinder iranischer Mütter und ausländischer Väter können aber erst nach Erreichen des 18. Lebensjahrs einen Antrag auf Einbürgerung stellen – und auch das nur, wenn sie im Iran geboren sind und sich nach dem Erreichen des 18. Lebensjahrs mindestens ein Jahr im Iran aufgehalten haben. Dies hat bis jetzt dazu geführt, dass diese Kinder ohne Staatsangehörigkeit aufwachsen und kein Recht auf Schulbildung oder eine Krankenversicherung haben.
Etwa 1,6 Millionen Kinder betroffen
Über die Anzahl dieser staaten- und rechtlosen Kinder liegen keine genauen Zahlen vor. Die Parlamentsabgeordnete Tayebeh Siavoshi schätzt, dass es sich um etwa 1,6 Millionen handelt. Die meisten dieser Kinder haben afghanische oder irakische Väter.
Laut der Nachrichtenagentur ISNA sind etwa 60 Prozent der im Iran lebenden und mit iranischen Staatsbürgerinnen verheirateten ausländischen Männer Afghanen, 12 Prozent sind Iraker, 28 Prozent haben andere Nationalitäten. 17 Prozent dieser binationalen Familien haben demnach ein Kind, 23 Prozent haben zwei Kinder, 20 Prozent drei Kinder, 14 Prozent vier Kinder und 24 Prozent mehr als 4 Kinder. Fast ein Drittel dieser Kinder haben keine Schule besucht, weil sie keinen Personalausweis oder andere Identitätspapiere besitzen.
Unbekannt ist auch, wie viele die Staatsbürgerschaft ihrer Väter besitzen.

Ein Teil der iranischen Bevölkerung ist gegen die Beschäftigung der Flüchtlinge - Foto: Demonstration gegen Beschäftigung der afghanischen Flüchtlinge und Migranten in Teheran
Ein Teil der iranischen Bevölkerung ist gegen die Beschäftigung der Flüchtlinge – Foto: Demonstration gegen Beschäftigung der afghanischen Flüchtlinge und Migranten in Teheran

 
Großer Erfolg
Bereits 1996 hatte die iranische Judikative festgestellt, dass Kinder aus Ehen iranischer Frauen mit Ausländern Anspruch auf einen Personalausweis hätten. Dies blieb jedoch bis heute folgenlos. 2006 reichten dann einige Abgeordnete eine Parlamentsvorlage ein, in der die Verleihung der iranischen Staatsangehörigkeit von Geburt an vorgeschlagen wurde. Sie führte jedoch zunächst nur zu der Regelung, die den Antrag auf eine Einbürgerung nach dem Erreichen des 18. Lebensjahres erlaubte. Schließlich verabschiedete das Parlament 2012 eine Gesetzesvorlage, in der das Recht dieser Kinder auf Schulbildung, Krankenversicherung und bürgerliche Rechte anerkannt wurde. Dieser Parlamentsbeschluss wurde jedoch vom Wächterrat mit der Begründung abgelehnt, dass er unvorhersehbare Kosten nach sich zöge.
Einen weiteren Gesetzentwurf lehnte das Parlament vor etwa sieben Jahren während der Präsidentschaft von Mahmoud Ahmadinedschad mit der Begründung ab, entsprechende Erleichterungen würden zu einem Anstieg der Zahl von Migranten im Iran und zu hohen Kosten für den öffentlichen Haushalt führen.
Die nun erfolgte Gesetzesänderung ist also ein großer Erfolg für die Bürgerrechtler*innen, die seit Jahrzehnten für eine Änderung des Gesetzes von 1933 kämpfen. Auch sie muss allerdings zunächst noch vom Wächterrat genehmigt werden.
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Fortsetzung auf Seite 2