"Der kleine Prinz" hilft kranken KünstlerInnen

Eine Gruppe iranischer TheaterkünstlerInnen wendet sich in Bühnensprache an die Politik. In einer beispiellosen Initiative greifen SchauspielerInnen kranken KollegInnen unter die Arme, die ihre Behandlungskosten nicht alleine tragen können. Der Initiator hofft auf eine nachhaltige Kampagne.

Mehr als 100 KünstlerInnen, sieben Leseinszenierungen und ein Ziel: Der iranische Regisseur Ruhollah Dschafari bringt nach mehr als sechs Monaten Vorbereitungszeit gemeinsam mit renommierten SchauspielerInnen in Teheran ein Repertoire aus sieben weltbekannten Stücken auf die Bühne.

Für die Rollenlesungen vom  17. bis zum 24. August wurden unter anderem „Antigone“ des antiken griechischen Dichters Sophokles, „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry, „Der Kirschgarten“ von Anton Pawlowitsch Tschechow und die Tragödie „Bluthochzeit“ von Federico García Lorca ausgewählt. Den Zuschauern steht es frei, den festen Eintrittspreis beliebig zu erhöhen. Der gesamte Erlös der ehrenamtlichen Aktion geht an erkrankte TheaterkünstlerInnen im ganzen Iran, die sich mit ihrer Krankheit alleingelassen fühlen.

Das demonstrative Spenden einer Theatergruppe an unterstützungsbedürftige KünstlerInnen ist nicht neu. Auch Dschafari und seine Gruppe spendeten vor drei Jahren bereits den Erlös einer ihrer Bühnenarbeiten an Erdbebenopfer in der südiranischen Provinz Buschehr.Eine Spendenaktion in diesem Umfang ist jedoch beispiellos. Das Vorhaben sorgte insbesondere in den sozialen Netzwerken für Aufmerksamkeit.

Tropfen auf den heißen Stein

Die Initiatoren haben einige besonders bedürftige TheaterkünstlerInnen ausfindig gemacht, die mehrheitlich außerhalb der Hauptstadt wohnen. Mehrere krebsbedingte Todesfälle unter KünstlerInnen in den vergangenen Jahren haben Ruhollah Dschafari zu der Initiative animiert.

Auch die Poster der Leseaktion werden ausgestellt und zugunsten der Kranken KünstlerInnen verkauft
Auch die Poster der Leseaktion werden ausgestellt und zugunsten der Kranken KünstlerInnen verkauft

Obwohl für iranische KünstlerInnen Anfang 2004 eine eigene Sozialkasse eingerichtet wurde, sorgt das Thema Sozial- und Krankenversicherung immer wieder für Schlagzeilen. 2012 berichteten Medien sogar, dass die Versicherung keine neuen Mitglieder mehr aufnehme. Die Sozialversicherung dementierte dies jedoch.

Nur wenige Kino- und TV-Stars im Iran können für ihren Lebensunterhalt und ihre Zukunft sorgen. SchauspielerInnen verdienen vor allem durch Rollen in Kinofilmen oder TV-Serien. BühnenschauspielerInnen dagegen stehen finanziell schlecht da.

Auch ein hoher Bekanntheitsgrad oder langjährige Beliebtheit garantiert KünstlerInnen kein finanziell sorgloses Leben. Die halbamtliche Nachrichtenagentur ISNA berichtete im vergangenen Jahr, dass sogar der bekannte Tar-Spieler Houshang Sharif eines seiner Lieblingsinstrumente verkaufen musste, um eine medizinische Behandlung zu finanzieren. Der langjährig bekannte Schauspieler Hossein Moheb Ahari, der seit zehn Jahren an Krebs erkrankt ist, gab im März 2015 bekannt, dass er seine Therapie aus finanziellen Gründen abbrechen muss.

Erliegt ein Künstler seiner Krebserkrankung, wird darüber stets massiv berichtet. Oft berichten Medien dann von Wohltätigkeitsaktionen. Diese Aufmerksamkeit ist jedoch meist von kurzer Dauer.

Den Initiatoren der aktuellen Aktion ist bewusst, dass der Erlös ihres Programms nicht den Bedarf der ausgewählten KünstlerInnen decken kann. Deswegen warb die Rollenspielerin Azadeh Samadi, die schon in der Vergangenheit zu ähnlichen Wohltätigkeitsaktionen beigetragen hat, am Dienstag um mehr Unterstützung durch die Medien. Und Regisseur Dschafari äußerte vergangene Woche in einer Pressekonferenz die Hoffnung, dass die Aktion in eine große Kampagne münden werde. Er lud den iranischen  Präsidenten Hassan Rouhani zu den Inszenierungen ein, damit der sich von den Schwierigkeiten der KünstlerInnen ein eigenes Bild machen könne. Rouhani hat bisher auf die Einladung nicht reagiert.

  IMAN ASLANI