So lukrativ wie das Ölgeschäft

Laut offiziellen Angaben wird im Iran mit illegalen Einfuhren jährlich so viel Geld umgesetzt wie mit dem Ölexport. Wo sind im Land die undichten Stellen und was macht das Geschäft so interessant?
Modjtaba Khosrotadj, stellvertretender Minister des Iran für Industrie, Bergbau und Handel, schätzte vergangene Woche das jährliche Gesamtvolumen illegaler Wareneinfuhren in den Iran auf 16 Milliarden Dollar. Der Betrag basiere allerdings auf Schätzungen, die auf dem Umfang der beschlagnahmten Waren basierten, so Khosrotadj. Mit anderen Worten: Der tatsächliche Betrag könnte deutlich höher liegen.
Am häufigsten werden Kosmetikartikel, Kleidung, Schuhe, Tabakwaren sowie Haushaltsgeräte und medizinische Ausrüstungen ins Land geschmuggelt. Laut Khosrotadj werden jährlich im Wert von drei Milliarden Dollar Gold, für knapp 11 Milliarden Dollar mobile Telefongeräte und für fast eine Milliarde Dollar Tabakwaren illegal importiert.
Gründe und Hintergründe
Importbeschränkungen sowie gesetzliche Hürden, die das Importieren bestimmter Waren verkomplizierten, minderwertige und teure inländische Produkte und zum Teil unrealistische Zollgebühren für bestimmte Waren motivierten die Schmuggler, so Khosrotadj. Teils würde die Schmuggelware auch über offizielle Grenzübergänge eingeführt, dabei mithilfe korrupter Zollbeamten jedoch falsch deklariert und somit niedriger verzollt.

Die Wassergrenzen im Süden bieten die beste Möglichkeit zum Schmuggeln
Die Wassergrenzen im Süden bieten die beste Möglichkeit zum Schmuggeln

Laut dem stellvertretenden Minister kommen die Schmuggelwaren bei Händlern und Kunden oft besser an als inländische Produkte. Sie kosteten weniger und wiesen meist eine höhere Qualität auf.
Der Schmuggel beschränkt sich aber nicht nur auf den illegalen Import. Auch der heimliche Export iranischer Waren bietet Anreize. Etwa beim Kraftstoff, der im Iran im Vergleich zu den Nachbarländern billiger ist, werde gerne ohne Erlaubnis exportiert, so Khosrotadj. Das Gleiche gilt für subventionierte Waren wie Weizen oder Mehl.
Ein lukratives Geschäft
Ein Beispiel macht das Ausmaß des Schmuggelgeschäfts im Iran deutlich. Das Opec-Mitglied Iran exportiert aktuell etwa 1,1 Millionen Barrel Öl pro Tag. Mit einem momentanen Preis von 44 Dollar je Barrel ergibt sich ein jährliches Gesamteinkommen von 17,6 Milliarden Dollar. Die Schmuggler machen nach offizieller Schätzung ein jährliches Gesamtgeschäft von 16 Milliarden Dollar – nur mit illegaler Einfuhr.
Hossein Tala, Vizechef der parlamentarischen Kommission für gesellschaftliche Angelegenheiten, sprach im April bei einem Interview mit der Tageszeitung Ebtekar von jährlich zwei- bis zweieinhalbtausend Lastwagen voll beladen mit Zigaretten, die illegal eingeführt würden.
Auch der heimliche Export iranischer Waren bietet Anreize zum Schmuggeln, etwa beim Kraftstoff, der im Iran im Vergleich zu den Nachbarländern billiger ist!
Auch der heimliche Export iranischer Waren bietet Anreize zum Schmuggeln, etwa beim Kraftstoff, der im Iran im Vergleich zu den Nachbarländern billiger ist!

Tala, ehemals Vorstandsvorsitzender der iranischen Organisation für die Herstellung von Tabakwaren, ist der Meinung, dass mit den zusätzlichen Zollgebühren, die eine intensivere Bekämpfung des Schmuggels der Staatskasse einbringen würde, jährlich 850.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten.
Aber kann so ein riesiges Geschäft über Jahre hinweg andauern, ohne den Sicherheitsbehörden aufzufallen? Kritiker bezweifeln das. Sie sprechen von gut organisierten und vernetzten Schmugglerbanden, deren Beziehungen tief in die Machtstrukturen hinein reichten. Seine strategisch günstige Lage macht den Iran für Transitfahrten interessant und fördert das Potenzial illegaler Ein- und Ausfuhren. Die langen Landesgrenzen erschwerten zudem eine effektive Bekämpfung des Schmuggels, sagt der stellvertretende Minister Khosrotadj. Auch er fordert eine kompromisslose und effektive Bekämpfung der Schmugglerbanden. Die momentanen Strafen seien „lächerlich“ und deshalb unwirksam.
„Schmuggeln muss unwirtschaftlich gemacht werden“, so Khosrotadj in der vergangenen Woche. Ein Wirtschaftsaufschwung, eine niedrigere Arbeitslosenquote besonders in den Grenzregionen sowie eine ausgeklügelte Einfuhrstrategie für bestimmte Waren könnten dem Schmuggelgeschäft das Geld abdrehen, so der stellvertretende Minister.
Übertragen aus dem Persischen und überarbeitet von Iman Aslani
  Quelle: Bahar News