Ausgezeichnet, ausgezogen:Die iranische Filmwelt bewegt die iranische Internetgemeinde

 Der Golden Globe für Asghar Farhadis Kinofilm „Eine Trennung“ war nicht nur ein Erfolg für den Regisseur und seine Crew. Er wurde von auch von der Mehrheit der iranischen Internetuser gefeiert. Ein anderes wichtiges Thema dieser Tage ist ein Foto des halbnackten Kinostars Golshifteh Farahani.
Das Video, das zeigt, wie Asghar Farhadi von Madonna der Golden Globe überreicht wird, wurde tausendfach auf Facebook geteilt. Die Nachricht vom Erfolg des iranischen Regisseurs wurde auf Anhieb das heißeste Thema auf Balatarin, dem größten persischsprachigen Internetportal. Ein Videoclip, in dem einige Leute Madonna anflehen, Farhadi als Gewinner zu verkünden, und nach der Bekanntgabe in Freudentänze ausbrechen, zog weite Kreise in den sozialen Netzwerken.
Twitter-Nutzer Leily verglich den Moment der Preisverleihung mit dem Sieg der iranischen Fußball-Nationalmannschaft über Australien 1997 – durch den sich der Iran für die Weltmeisterschaft qualifizierte. Damals stürzten Tausende Iraner auf die Straßen, um zu feiern.
Die Golden Globe Awards gerieten zeitweilig zum Schlachtfeld, auf dem der Konflikt zwischen Opposition und Regierungsanhängern ausgetragen wurde. Farhadis Rede war sehr bewegend für viele Iraner: „Ich ziehe es vor, etwas über meine Leute sagen. Sie sind wahrhaft friedliebende Menschen“, sagte er. Irans ehemaliger Präsident Mohammad Khatami schickte mit seiner Gratulation ein wichtiges Signal an den Regisseur.

Regisseur Asghar Farhadi - Foto: www.cinemaema.com
Regisseur Asghar Farhadi - Foto: www.cinemaema.com

In der regierungsnahen Presse wurde die Nachricht vom Golden Globe entweder völlig ignoriert oder aber Farhadis Charakter in Frage gestellt. Das deutete sich schon einige Tage vor der Verleihung an, als Farhadi auf einer Pressekonferenz der US-amerikanischen Schauspielerin Angelina Jolie die Hand schüttelte. Fars News und andere staatliche Medien zeigten sich empört darüber und kritisierten Farhadis „Gleichgültigkeit gegenüber der diplomatischen Haltung des Iran in internationalen Beziehungen“.
Reaktionen auf ein „Nacktfoto“ von Golshifteh Farahani
Am 17. Januar veröffentlichte die französische Website „Le Figaro – Madame“ eine Serie von Bildern unter der Überschrift „Hoffnung 2012, die spontane Generation“ . Die Iranerin Golshifteh Farhani war eine der dort vorgestellten Schauspielerinnen. Auf dem Bild ihres unverhüllten Oberkörpers bedeckt sie ihre Brüste mit den Händen. Noch „nackter“ ist die Schauspielerin in einem Werbeclip für Cesar Awards 2012. Doch das Bild von Figaro traf die iranische Blogosphäre wie eine Bombe. Weltweit reagierten viele Iraner darauf. Nacktheit ist ein Tabu im Iran – deshalb ist das Bild so umstritten. Einige Online-Stimmen bezeichnen die Schauspielerin als „Prostituierte“, andere bewundern ihren Mut für den Tabubruch.  
Der konservative FriendFeed-Nutzer Ruhollah M veröffentlichte eine unscharfe Version des Bildes und fragte: „Was ist von dieser Unterstützerin der Grünen Bewegung als nächstes zu erwarten? Ein Pornofilm?“ Er fährt fort: „Sendet dieses Bild an ihre Eltern. Mal schauen, ob sie dann noch leugnen können, dass ihre Tochter eine Prostituierte ist.“ Am entgegengesetzten Ende des Meinungsspektrums schreibt FriendFeed-User Saidpar: „Golshifteh ist 50 Jahre fortschrittlicher als selbst die iranische Mittelschicht.“
Auf einer Facebook-Seite, die auf den Namen von Farahani angemeldet ist – ihre Eltern streiten kategorisch ab, dass ihre Tochter eine Facebook-Seite hat -, erhielt das Figaro-Foto mehr als 16.000 „likes“ und 8.000 Kommentare. Die Eltern der Schauspielerin vermuten, dass das Bild mit Photoshop erstellt wurde. Nach ihrer Beschwerde wurde es sowohl von der Facebook-Seite wie auch von der Webseite des „Figaro“ kommentarlos entfernt. Farahani teilte den Medien unterdessen mit, dass die iranische Regierung sie darüber informiert habe, dass sie im Iran nicht mehr willkommen sei.
Der Satiriker Zartosht Soltani reagiert auf die ganze Angelegenheit mit einem eigenen Bild. Es zeigt eine verschleierte Person mit einer übergroßen Brille und dem Ansatz eines Oberlippenbarts. „Ist das besser?“ , fragt dazu der Satiriker.
Quelle: Iran Media Program

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