Mutiges Zeichen gegen Homophobie
Ein Musikvideo erregt derzeit die Gemüter der IranerInnen. Die iranische Gesangsikone Googoosh setzt sich darin für die Rechte von Homosexuellen ein. Gleichgeschlechtliche Liebe ist im Iran tabuisiert. Lesben und Schwulen drohen dort Peitschenhiebe und sogar die Todesstrafe.
Für viele IranerInnen ist die im amerikanischen Exil lebende Sängerin Googoosh Kult. Schon vor der Revolution von 1979 wurde die heute 63-Jährige verehrt. Ihr Auftreten war stets frech und gewagt, ihre Songs berührten die Herzen – das gilt auch für ihr neues Video zu ihrem Lied „Behesht“, was auf Persisch „Paradies“ bedeutet. Es erzählt die Geschichte zweier sich liebender Frauen, die von ihrem Umfeld diskriminiert werden. „Freiheit zu lieben für alle“, steht am Ende des Clips geschrieben.
Heftige Debatten im Internet
Seit seinem Erscheinen am Valentinstag hat das Video, das von Navid Akhavan mit Pegah Ahangarani, Yasmin Azadi und Ramin Yazdani gedreht wurde, sehr viele Reaktionen in den sozialen Netzwerken des Internet hervorgerufen. Homosexualität ist in der Islamischen Republik ein Tabu. Auch viele nicht religiöse IranerInnen tun sich schwer damit, gleichgeschlechtliche Liebe als etwas Natürliches anzusehen. Dementsprechend reagieren die Internet-UserInnen und iranische Websites auf das Video zu „Behesht“.
Auf dem konservativen Nachrichtenportal Arshnews wird der Sängerin vorgeworfen, dem Iran bewusst schaden zu wollen. Googoosh habe mit ihrem Video der „moralischen Verderbtheit Tür und Tor geöffnet“, so der Autor des Beitrags. Die ebenfalls konservative Website Enghelab-News attackiert nicht nur die Sängerin, sondern auch die Medien, die sie für ihr Machwerk lobten: „Die konterrevolutionäre Voice of America hat das Video mehrere Male ausgestrahlt. Damit beabsichtigt sie, dieses unmenschliche und unmoralische Verhalten zu rechtfertigen“, heißt es auf Enghelab.
Im Kommentarbereich der Webseite zeigen sich vor allem wertkonservative LeserInnen geschockt: „Wir sind Muslime, darum müssen wir uns gegen solche Auswüchse wehren. Wenn nicht, wird uns Gott dafür strafen“, so der User Mahdiyeh. Und Sardamdar schreibt: „Früher mochte ich Googoosh, doch nun will ich sie tot sehen. Sie hat uns Iraner blamiert.“ Ein anderer User verteidigt das Video: „Was ist euer Problem?“, fragt er. „Nicht jeder hat euer konservatives Weltbild.“
In den sozialen Netzwerken überwiegen die positiven Äußerungen. Auf Twitter etwa lobt der User Aylar Googoosh dafür, dass sie ihr Video den iranischen Homosexuellen gewidmet hat: „Liebe ist Liebe, und Liebe kennt keine Geschlechter“, schreibt Aylar. Auch auf der offiziellen Facebook-Fanseite von Googoosh wird der Sängerin sehr viel Unterstützung entgegengebracht. „Ich freue mich, dass meine Lieblingssängerin etwas getan hat, woran sich bislang kein anderer iranischer Künstler wagte“, schreibt dort Shahrokh. „Ich bin glücklich darüber, dass der Iran eine Künstlerin wie Googoosh hat. Durch die Bedeutung, die sie als populärste Sängerin des Iran bei den Menschen hat, kann sie sehr vieles in den Köpfen verändern“, schreibt der Facebook-Nutzer Mohsen. Intolerante Kommentatoren des Videos werden scharf attackiert. So zeigt sich Kasra von den Kommentaren einiger „Idioten“ genervt: „Ich hoffe, dass meine Landsleute eines Tages lernen, jeden Menschen als gleichberechtigten Teil der Gesellschaft zu akzeptieren.“
Unterstützung aus der AktivistInnen-Szene
Viel Lob für die Sängerin und ihr Video gibt es indes aus der Schwulen- und Lesbenszene. Blogger Specialboy etwa zeigt sich gerührt: „Googoosh hat uns Homosexuellen mit einfachen Worten aus dem Herzen gesprochen.“ Die Homosexuellenaktivistin Shadi Amin spricht von einem „Meilenstein“ für iranische Homosexuelle. „Dieser Tabubruch ist natürlich gut für iranische Homosexuelle, aber auch für die iranische Gesellschaft“, so Amin. „Die Bekanntheit von Googoosh hilft unserem Anliegen“, schreibt die in Berlin lebende iranische Aktivistin Kati Pirdawari. „Aber was ist in den Straßen von Teheran? Kann dort jeder das Lied ‚Behesht’ hören, ohne als lesbisch abgestempelt zu werden? Vermutlich nicht“, fürchtet Pirdawari.
Jashar Erfanian