Neues Zentrum für Verteidigung der Menschenrechte im Iran

Die iranische Anwältin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi macht mit dem im Exil neu gegründeten „Zentrum für Unterstützer der Menschenrechte“ einen weiteren Versuch, Menschen- und FrauenrechtsaktivistInnen und JuristInnen im Iran zu unterstützen.
„Menschenrechte sind Lebensgrundlage und stimmen mit jeder Kultur und Religion überein.“ Dieser Grundsatz eröffnet die Website des neu gegründeten „Centre for Supporters of Human Rights“ (CSHR) – zu Deutsch „Zentrum für Unterstützer der Menschenrechte“. Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi ist Mitbegründerin und Leiterin des in Großbritannien angesiedelten Zentrums. „Im Iran wird jede Bewegung für Menschenrechte bestraft. Sogar, wer Betroffenen einer Erdbebenkatastrophe helfen will, wird der ‚Gefährdung der nationalen Sicherheit’ beschuldigt und inhaftiert. Viele meiner Mitstreiter sind noch im Gefängnis“, erklärte Ebadi in einem Interview mit der persischsprachigen Redaktion der Deutschen Welle (DW). Deshalb habe sie ihre Aktivitäten als Menschenrechtlerin ins Ausland verlegen müssen.
Bereits 2002 hatte die Anwältin gemeinsam mit weiteren iranischen Juristen das „Zentrum für die Verteidigung der Menschenrechte“ gegründet, das sich für die Rechte von Minderheiten einsetzte und Regimekritikern juristischen Beistand bot. Im August 2006 stufte das iranische Innenministerium es dann als illegale Organisation ein. Im Dezember 2008 wurde das Zentrum von den Behörden gewaltsam geschlossen. Die MitarbeiterInnen Mohammad Seyfzade, Abdolfatah Soltani, Mohammad Dadkhah und Narges Mohammadi wurden festgenommen.

Shirin Ebadi - Foto: cshr.org.uk
Shirin Ebadi - Foto: cshr.org.uk

Ebadi zufolge versteht sich die neugegründete Organisation als Schwestereinrichtung des „Zentrums für Menschenrechtsverteidigung“, das trotz des Verbotes immer noch aktiv sei. Juristische Aufklärung und gegebenenfalls Rechtshilfe für Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu leisten habe sich das CSH zum Ziel gesetzt.
Freie Anwaltskammer im Ausland
2010 beschloss die islamische Regierung, die Vorstandsmitglieder der iranischen Anwaltskammer künftig selbst zu bestimmen. Die Kammer wurde einem Ausschuss des Justizministeriums untergeordnet. Nach Ansicht Ebadis wurde die Einrichtung mit dieser Verordnung ihrer Aufgabe enthoben, Anwälten juristisch beizustehen. „Als Nasrin Sotoudeh in Handschellen in die Anwaltskammer trat, konnte ihr keiner helfen“, so Ebadi. Die iranische Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh war im September 2010 verhaftet und zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Außerdem wurde gegen sie ein zehnjähriges Berufs- und Ausreiseverbot verhängt. Das CSHR werde versuchen, die Erfahrungen iranischer Exil-Juristen zur Unterstützung im Iran tätiger Rechtsanwälte zu nutzen, so Ebadi.
Iranische Frauenbewegung
Shirin Ebadi: „Im Iran wird jede Bewegung für Menschenrechte bestraft"
Shirin Ebadi: „Im Iran wird jede Bewegung für Menschenrechte bestraft"

Ein weiterer Arbeitsbereich des neuen Zentrums sind Frauenrechte. Ebadi, die schon 1969 Richterin war, sagte im Interview mit der Deutschen Welle, der Stand der Demokratie sei „an der Stellung der Frauen in einer Gesellschaft abzulesen. Die Gleichberechtigung der Frauen ist die Vorstufe der Demokratie. Deshalb sind Frauenrechte ein Schwerpunkt der Aufgaben des Zentrums.“ Dazu werde das CSHR am 1. Juni 2013 eine Gesprächsrunde über die vergangenen 34 Jahre der Frauenbewegung im Iran veranstalten. Weitere fünf Seminare sollen folgen, so Ebadi.

FP
Dr. Shirin Ebadi, geboren 1947, hatte ab 1971 als ersten Frau einen Senatsvorsitz im Teheraner Stadtgericht inne. Nach der islamischen Revolution von 1979 wurde sie gezwungen, ihr Amt als Richterin niederzulegen. Sie musste als Büroangestellte der Behörde arbeiten, die sie zuvor geleitet hatte. Als Zeichen des Protests ließ sie sich in den vorzeitigen Ruhestand versetzen. 1992 durfte Ebadi die Anwaltstätigkeit wieder aufnehmen und eine eigene Kanzlei gründen. In der Zeit ihrer Arbeitslosigkeit hatte Ebadi zahlreiche Bücher und Artikel für iranische Zeitschriften geschrieben, in denen sie immer wieder die Menschenrechtsverletzungen im Iran anprangerte. 1994 war sie Mitbegründerin der Kinderrechtsorganisation „Society for Protecting the Child´s Rights”, die sich für eine verbesserte Gesetzgebung für Kinder stark macht. Als Anwältin vertrat Ebadi vorwiegend Dissidenten und Oppositionelle. Wegen ihres national und international konsequenten Einsatzes gegen Staatswillkür und für Demokratie geriet Ebadi selbst auch immer wieder in Konflikt mit der Staatsgewalt. Im Jahr 2000 wurde sie verhaftet und mit einem zeitlich begrenzten Berufsverbot belegt. Für ihr Engagement erhielt Shirin Ebadi in den vergangenen Jahren zahlreiche internationale Auszeichnungen. 2003 wurde ihr Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt.