Irans Hightech-Unternehmen starten durch
Führende iranische Entrepreneurs aus verschiedenen Hightech-Bereichen trafen in Berlin zusammen, um sich mit ihren meist iranischstämmigen KollegInnen aus aller Welt auszutauschen. Der CityCube des Messezentrums Berlin verwandelte sich vom 04. bis 06. Juni in ein englischsprachiges Wirtschaftszentrum mit dem Interesse, junge UnternehmerInnen im Iran zu unterstützen.
Bereits auf dem Weg von der S-Bahn zum Messegelände fällt die gut durchdachte Organisation dieser außergewöhnlichen Konferenz auf: Junge Männer und Frauen in Logo-Shirts empfangen ausländische Gäste und weisen ihnen den Weg zum Veranstaltungsort. Schon eine Stunde vor der Eröffnung der iBridges-Konferenz Berlin ist die Empfangshalle mit IranerInnen aus aller Welt gefüllt, die sich angeregt unterhalten. Die Ausstellerebene wirkt zu Beginn noch ein bisschen verschlafen. Nur langsam füllt sich dieser Teil des Gebäudes. Immerhin, die ersten fünf sind erschienen. Unter ihnen präsentiert die Firma Saze Paya ihre Innovationen. Sie hat unter anderem eine Fassadenverkleidung entwickelt, die die Erdbebensicherheit von Gebäuden gewährleisten soll. Sie haben ihren Stand gleich neben den 3D-Hologrammbrillen der Firma Zeiss aufgebaut. Die Standinhaber, ein gutgelauntes Ehepaar, versprechen sich gute Kontakte und Inspirationen.
Made in Iran
2014 haben amerikanisch-iranische Entrepreneurs die iBridges-Konferenz ins Leben gerufen, mit dem Ziel das Wachstum einer Hightech-basierten Unternehmerkultur im Iran zu fördern. Im Wesentlichen geht es den VeranstalterInnen um das Ankurbeln der iranischen Privatwirtschaft, das wird bei den Eröffnungsreden und auch später während der „Breakout Sessions“ schnell klar. An erster Stelle steht dabei die Vernetzung junger innovativer UnternehmerInnen aus dem Iran mit der internationalen Hightech-Szene.
Bei einem Pitching beispielsweise können junge IranerInnen ihre Ideen einem Fachpublikum vorstellen. Auf einer Bank in der Sonne beratschlagen zwei Frauen über ihre Präsentationsstrategie. Sie arbeiten an einem Sensor für ein Implantat, das Menschen, die aufgrund von Verbrennungen oder Erfrierungen nichts mehr fühlen können ermöglicht, ihre haptischen Fähigkeiten wiederzuerlangen. Sie erhoffen sich, auf der Konferenz einen Investor zu finden.
High speed into the Future
Während des dreitägigen Programms sind außerdem Vorträge verschiedenster Couleur zu hören. Führende iranische UnternehmerInnen wie Nazanin Daneshvar, Gründerin und Leiterin von Takhfifan, kommen ebenso zu Wort wie AkademikerInnen, etwa Professor Nayebi, der an der Technischen Universität Teheran Elektrotechnik lehrt oder Dave McClure, Risikoinvestor und Startupgründer aus Silicon Valley.
Titel wie „Change of economy in Iran“ sollen ein Bewusstsein für die Trends der Zukunftsforschung schaffen, wie Entwicklung und Einsatz von Robotern, der Nanotechnologie oder der Gewinnung und Nutzung alternativer Energiequellen. Dabei spielt ökologisches und ökonomisches Verantwortungsbewusstsein eine große Rolle.
Start up and down
In den Erfahrungsberichten erfolgreicher IranerInnen werden aber auch Schwierigkeiten sehr offen angesprochen. Bis jetzt gebe es im Iran keine wirtschaftlichen Strukturen oder Organisationen, die Entrepeneurs unterstützen, so Alireza Mobayyen, einer der Referenten. Man sei nicht ausreichend mit Netzwerkprotokollen (IP) und deren verschiedenen Aspekten vertraut. Darüber hinaus erschweren Gesetze und Steuern die Vorhaben junger UnternehmerInnen, die auch aufgrund der bedenklichen wirtschaftlichen Situation des Iran immense Probleme haben, Finanziers zu finden.
Die internationalen Sanktionen haben das Land an den Rand des wirtschaftlichen Ruins geführt. Geschäfte, Geldtransfer oder technologische Zusammenarbeit mit der Islamischen Republik unterliegen strengen Einschränkungen und Verboten.
Die Gunst der Stunde
Laut Ruha Reyhani, einer der OrganisatorInnen, haben an der ersten iBridges-Konferenz in Berkley/Californien im vergangenen Jahr nur 11 Personen aus dem Iran teilgenommen. Dieses Jahr hingegen haben es um die 300 im Iran lebende junge UnternehmerInnen geschafft, nach Berlin zu kommen. Insgesamt hatten über 2.000 Entrepreneurs, StartUps, AkademikerInnen, RisikokapitalgeberInnen, Hightech-EnthusiatInnen und InvestorInnen aus aller Welt ihre Teilnahme angekündigt. 1.100 davon waren letztlich erschienen.
Im Team habe man sehr stark das Gefühl gehabt, dass das Interesse innerhalb und außerhalb des Iran zusammenzukommen, erheblich zugenommen habe. Deshalb sei diese Konferenz auch gleich eine Nummer größer angelegt worden, so Reyhani. Der Menschenandrang in dem riesigen Saal während der Eröffnung gab den VeranstalterInnen in diesem Punkt recht.
Aber nicht nur diejenigen, die das Geld und das Glück hatten, ein deutsches Visum zu erhalten, sollten von der Konferenz profitieren. Per Livestream erlebten über 3.000 Interessierte weltweit Veranstaltung mit. Laut der VeranstalterInnen hatten sich die meisten ZuschauerInnen aus dem Iran eingeschaltet. Im funkelnagelneuen Messekomplex wimmelte es von Kamerateams, die unermüdlich Vorträge und Atmosphäre einfingen.
Skepsis und Zurückhaltung
Die Veranstaltung blieb allerdings etwas hinter den Erwartungen der OrganisatorInnen zurück. Trotz des positiven Feedbacks für die diesjährige iBridge in Berlin war eine gewisse Vorsicht und Zurückhaltung zu spüren. Dave McClure, der Super-Investor aus Silicon Valley, erklärte dem online Magazin Arab News, dass der iranische Markt sicherlich interessant sei, er aber keine konkret bevorstehenden Pläne habe, im Iran zu investieren: “Ich bin hier, um Menschen zu treffen, die klug und interessant sind. Wir werden einige Investitionen tätigen, sobald die Vereinigten Staaten es zulassen.“
Mohsen Malayeri, ein Mitbegründer der Iran Entrepreneurship Association, sagte auf der Konferenz, dass er die Aufhebung der Sanktionen im Iran begrüßen würde. Er weist aber zugleich darauf hin, dass der Segen einer wirtschaftlichen Öffnung nicht nur Vorteile für die noch sehr fragile Hightech Szene habe. Generell sei die Industrie im Iran noch nicht robust genug, um einem Ansturm von ausländischen Firmen Stand zu halten.
YASMIN KHALIFA